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Bild: © Universal Music
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Nach der
großartigen biographischen Dokumentation „Life in 12 Bars“ erscheint 2018 nun auch
noch ein neues Album von Mr. Slowhand. Das ist jedoch nicht unbedingt jene
Platte die man gemeinhin von ihm erwartet hätte. Denn Eric Clapton überrascht hier
mit einer LP, die in seiner umfangreichen Diskographie bislang fehlte: einem waschechten
Weihnachts-Album.
Einzelne Songs
für X-Mas-Compilations hat die britische Legende in der Vergangenheit ja schon eingespielt,
nun begibt sich EC jedoch für eine ganze CD in ein ebenso festliches wie
„kontroverses“ Genre, an dem sich seit jeher die Geister scheiden. Für die einen ist so
etwas ein altmodisches, nikolaus-rotes Tuch für die anderen genau die richtige Einstimmung auf die Feiertage, abseits von allzu Traditionellem wie den Wiener Sängerknaben
oder ähnlichen klassischen Chören.
Bereits wenn
die ersten Tweed Distortion-Licks inklusive Delta-Turnaround den Opener „White
Christmas“ einläuten, weiß man: das hier ist nicht die alltägliche
Superstar-X-Mas Kost (siehe Rod Stewart). Hier gibt es Weihnachten ohne Kitsch.
Slowhand fusioniert seinen Blues Rock
gekonnt mit den bekannten Traditionals. Dabei gelingt es ihm einerseits dem Stil der Originale treu zu bleiben und andererseits jedem Song seinen
unverkennbaren Stempel aufzudrücken. Klar, ohnehin bluesige X-Mas-Klassiker wie "Merry Christmas, Baby" sind naheliegend und werden mit den flüssigen Leadlines Claptons geschmückt. Doch selbst viel bzw. bereits allzu oft gecoverten Evergreens, die sonst eher einen Broadway-Touch aufweisen, gewinnt er neue Seiten ab. Auch am Nordpol gibt es den Blues...und jamaikanisches Flair, wie beim „I Shot The Sheriff“-izierten „Silent Night“ im ungemein groovenden Reggae -Gewand.
Allein die Reinterpretation von "Jingle Bells", die dem dieses Jahr
verstorbenen Star-DJ Avicii gewidmet ist und – ja, ihr lest richtig – EDM mit ein paar Blues Licks im Background kombiniert, wirft Fragen auf. Der Track wirkt wie ein Fremdkörper und passt nicht wirklich zum Rest des Albums. Abgesehen
davon merkt man jedoch durchwegs, dass Clapton offenbar großer Weihnachstfan ist, das
Cover hat er selbst gestaltet und mit dem Lied
„For Love On Christmas Day“ hat er auch einen neuen, originalen X-Mas-Song
komponiert, der an die Spät-Achtziger/Neunziger-Phase erinnert.
Mit dieser
Slowhand-Version eines „seasonal“-Albums reiht sich Clapton in eine große Tradition ein, man denke an die Weihnachtsaufnahmen von Elvis, Johnny Cash oder das Duett seines Landsmannes David Bowie mit Bing Crosby. So wird diese Platte nicht zu einem „unter ferner liefen“-Eintrag sondern zu einem
der interessantesten Alben des Jahres: ein Instant Holiday-Klassiker, dem man künftig jedes Jahr auflegen kann - und eine schöne Ergänzung in der Diskographie eines Künstlers, der in seiner Karriere nie still stand sondern immer wieder neue, unerwartete Wege beschritt.
Für Sammler interessant: derzeit sind zwei unterschiedliche, vom Cover her optisch jedoch nicht zu unterscheidende Versionen von "Happy X-Mas" erhältlich. Eine bereits im Oktober veröffentlichte Variante mit insgesamt 14 Tracks sowie eine heute erschienene Deluxe Version, die das Album um zwei zusätzliche Tracks erweitert - und die man als EC-Fan absolut nicht missen möchte.
Richtig Weihnachtsstimmung kommt nicht nur mit diesem Album sondern auch mit dem entzückenden Musikvideo zu "White Christmas" auf. Ein Clip, mit dessen Story sich alle Musiker sicherlich sofort identifizierenen können, geht es doch um den sehnlichsten Wunsch eines Jungen ( ev. der junge
Clapton ?) eine Blues-Gitarre unterm Weihnachtsbaum vorzufinden: