Mittwoch, 29. August 2018

Rock N´ Roll in der Kunstgalerie: Hipgnosis Werkschau Vinyl. Album. Cover. Art


Credit  Coverbild: © Edel Books 
Kurz nach dem historischen, wenngleich eher symbolischen Treffen von US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Diktator Kim Jong-un tauchte ein originelles und sehr bezeichnendes Bild in den Social Media-Kanälen auf. Trump und Kim stehen inmitten einer von weißen Häusern gesäumten Straße, reichen sich die Hand und einer geht in Flammen auf. Classic Rock Fans assoziieren sofort: das ist doch eine Variante des legendären „Wish You Were Here“ Covers von Pink Floyd von 1974.
Für dieses und zahllose andere Albumcover zeichnete sich die irrsinnig produktive Künstlergruppe Hipgnosis verantwortlich, die zahllose Platten der Musikgeschichte mit einem bemerkenswertesten Kunstwerk versahen.
Nun ist bei bei Edel Books die vom  Hipgnosis-Mitbegründer Aubrey Powell herausgegebene Retrospektive (inkl. Vorwort von niemand Geringerem als Peter Gabriel) auf das außergewöhnliche Schaffen der Gruppe erschienen. 
Pink Floyd, Atom Heart Mother 1970
Photography: S. Thorgerson © Pink Floyd Music Ltd
Der Aufstieg von Hipgnosis zur Fixgrößen der Rockszene koinzidierte mit der in den späten Sechzigern vollzogenen Abkehr vom Single-Markt hin zu einem Fokus auf Alben. Die LP wurde nun als eigenständige Kunstform angesehen – und ein Gesamtkunstwerk brauchte natürlich auch ein imposantes Coverbild. Powell und sein Kollektiv waren da an vorderster Front und  begriffen das LP-Cover Leinwand auf die sie ihre traumartigen, teils rätselhaften Bilder projizieren konnten: Kunstwerke, die oft psychedelisch und eigenwillig retro-futuristisch sind, anspruchsvoll und rätselhaft – Zwischen Dalí und Sci-Fi. Wobei Hipgnosis nicht einen einzelnen klar definierbaren Stil verfolgten sondern vielmehr eine ziemliche Bandbreite aufwiesen– vom reduziert-ikonografischen wie Marc Bolan vorm Verstärkerturm beim Glam Rock-Epos „Electric Warrior“  zu den surrealistischen Entwürfen aus dem Prog Rock-Bereich.
T - Rex, Electric Warrior 1971
Photography: K. ‘Spud’ Murphy © 2017 Hipgnosis Ltd
Blättert man dieses aufschlussreiche Buch durch und sieht sich das Kaleidoskop an ungewöhnlichen Motiven an, fragt sich der Betrachter innerlich mehr als einmal fragt am sich Was? Das haben Hipgnosis auch gemacht?
Durch den natürlich themenbedingten Fokus auf reine Plattencover wirkt der Band zwar eine Spur nüchtern, doch für für Vinyl-Sammler und Classic Rock-Fans ist dieses Buch auf jeden Fall interessant. 
Led Zeppelin, Presence  1976Cover design: Hipgnosis/G. Hardie Photography: A. Powell © Mythgem Ltd
Wer Aubrey Powell persönlich treffen will, sollte sich den 29. September rot im Kalender anstreichen, Denn da eröffnet im Rahmen des europäischen Monats der Fotografie in Berlin eine  große Ausstellung über Hipgnosis namens  "Daring to Dream. 50 Years of Hipgnosis. Photo Design and Album Cover Art by Aubrey Powell and Storm Thorgerson";
Zu sehen in THE BROWSE GALLERY Berlin von 30.9. – 28.10.2018 in der Bergmannstraße 5, 10965  - und am Eröffnungstag wird Aubrey Powell anwesend sein und  sein Buch signieren.
  
Bibliografische Angaben:
Aubrey Powell. Vorwort von Peter Gabriel: Vinyl. Album. Cover. Art
Das Hipgnosis-Gesamtwerk
320 Seiten, Hardcover Mit zahlreichen Abbildungen 978-3-8419-0608-3 € 35 (D) / € 36 (A)
Edel Books – Ein Verlag der Edel Germany GmbH

Freitag, 10. August 2018

Träume aus Maranello: Ein Ferrari-Buch wie ein 488er

Credit Bild: © Taschen Verlag
Legende, Kult, Technikwunder, Statussymbol, Sehnsuchtsobjekt:
Der Faszination Ferrari kann man sich nur sehr schwer entziehen - allerspätestens dann nicht, wenn man erst einmal die ästhetischen Designs und den knurrigen Sound der Geschosse aus dem italienischen Maranello live erlebt hat. Ähnlich wie Rolex bei Uhren oder Harley Davidson bei Bikes schaffte es Ferrari zur universell anerkannten Ikone zu werden; das schwarze Pferd auf gelbem Grund kennen selbst überzeugte Motorsportverweigerer. Im 71. Jahr des Bestehens der Scuderia wird quasi ein neues Kapitel aufgeschlagen  bzw. ein weiterer Meilenstein gesetzt: Denn am 14. August – genau zum 30. Todestag von Firmengründer Enzo Ferrari – erscheint im Taschen Verlag  eine überbordende, bibliophile Huldigung auf die sagenumwobene Automarke, die an Exklusivität schwer zu überbieten ist. 
Credit Coverbild: © Taschen Verlag
Credit Bild: © Taschen Verlag
Wer über die Welt von Ferrari und den damit einhergehenden Lifestyle  zumindest en passant Bescheid weiß, kann sich ungefähr ausmalen, dass auch bei diesem Buch an keiner Ecke gespart wurde  und mehr ganz einfach mehr ist. Denn ähnlich luxuriös wie die italienischen Sportwagen selbst präsentiert sich auch dieser Prachtband,  der eine komplette Retrospektive auf die bisherigen 7 Jahrzehnte der Ikone entwirft.
Der Autor - Schriftsteller und Sportjournalist Pino Allievi – zeichnet mithilfe von exklusivem Archivmaterial eine beeindruckendes Portrait der beispiellosen Erfolgsgeschichte der Traditionsmarke. Gerade die zahlreichen, seltenen historischen Fotos gepaart mit den kunstvollen Zeichnungen aus dem Privatarchiv des Rennstalls verdeutlichen die ganze Tradition und Handwerkskunst dieser Firma.
Credit Bild: © Ferrari S.p.A. / Foto Strazza
Credit Bild: © Francesco Reggiani
Dieser Band ist in jeder Hinsicht ein Buch der Superlative – preislich wie gestalterisch.
Angelehnt an das Gründungsjahr Ferraris (1947) wird es genau 1,947 Exemplare der handgefertigten, ledergebundenen  und handvernähten Sammlerstücke geben:
250 Stück in der sog. Art Edition (in einer Preisklasse von 25.000 € ) und einer nicht weniger edlen Collectors Edition mit einer Auflage von 1.697 Exemplaren (schlägt mit 5.000 €  zu Buche). 
Beide Versionen kommen – wie man das von Taschen bereits gewohnt ist – in einer dekorativen Box; wobei diese diesmal vom australischen  Stardesigner Marc Newsome entworfen, aus Alu gefertigt und einem V 12 Motor nachempfunden wurde. Signiert wurden sie von Piero Ferrari, dem einzigen Sohn des Firmengründers.
Die Art Edition kommt überdies mit den Unterschriften von (dem unlängst leider verstorbenen) Sergio Marchionne und John Elkann sowie einem  skulpturalen, wieder von Newsom designten  Buchständer in Form eines Abgaskrümmers.
Credit Bild: © Taschen Verlag

Credit Bild: © Taschen Verlag

Credit Bild: ©Taschen Verlag

Credit Bild: © Taschen Verlag

Das alles ist natürlich Luxus pur und die Sphären eines normalen coffee table-Bandes wurden hier längst verlassen. Ich persönlich war beim Preview vor allem von dem beeindruckenden Design dieser Chronik fasziniert. Denn eigentlich ist das in erster Linie ein Kunstgegenstand und erst in zweiter Linie ein Buch - eine bibliophile Hommage und ein Prestige-Release, dass sich an die ganz beinharten Hardcore-Tifosi richtet, die - so sie schnell sind - ein Buch erstehen können, das nicht viel weniger edel als eine hochoktanige Kreation aus Maranello ist.

Montag, 6. August 2018

Die große Gossen-Symphonie: Die Neuauflage des GUNS N´ ROSES –Klassikers APPETITE FOR DESTRUCTION


Credit Bild: © Ross Halfin    Universal Music
Vor 31 Jahren wussten überwiegend die eingeweihten Insider der L.A. Hard Rock Szene Bescheid: In den Clubs des Sunset Strips gab es da eine kleine Band, die wilder, unberechenbarer und schlichtweg besser war als so gut wie alles was in Sachen R N´R seit den späten Siebzigern aus Kalifornien gekommen war. Guns N´ Roses, aus den Überresten der Lokalgrößen L.A. Guns und Hollywood Rose entstanden, hatten sich einen Ruf als großartiger Liveact in den verrufenen Teilen der Stadt erspielt und standen an der Schwelle zum Durchbruch. Der sollte ihnen dann mehr oder minder über Nacht auch gelingen und zwar gleich mit ihrem Major Label Debut, dem programmatisch betitelten „Appetite For Destruction“. Die Platte machte sie zu absoluten Superstars und gilt vielen bis heute als ihr Magnum Opus sowie als einer der besten Alben der 80er.

Der Gunners-Sound war so dreckig wie die Straßen vor den Strip Clubs von L.A.:
Ein Gemisch aus Bekanntem - Stones, Blues und klassischem Hard Rock sowie Punk- jedoch mit einer solchen Intensität und Originalität dargeboten, dass die Band eine eigene Klangidentität kreieren konnte: Axl Roses Oszillieren zwischen teils orgiastischem Kreischen und klassischem Rock-Balladeer; der ungemein räudige Gitarrensound von Hutmeister Slash und Izzy Stradlin, der erdige, songdienliche Bass Duff McKagans und die durchschlagenden Drum Fills von Steven Adler - ja, damals war keiner besser als G N´R.
Die handwerklich erstklassigen Songs über billigen Alkohol, Heroin, gescheiterte Existenzen und  ganz generell die Schattenseiten der glitzernden Stadt der Engel machten „Appetite“ zum Epos aus der Gosse, der rauen ungebügelten Antithese zum  ungleich glatteren Hair Metal-Mainstream. Dank dem Hitsingle-Triumvirat aus „Welcome To The Jungle“, „Sweet Child O´Mine“ und „Paradise City“ wurde die Platte zum Superseller und machte G N´R zur größten Hardrock-Band des Planeten; zumindest für kurze Zeit, denn der Höhenflug sollte nur wenige Jahre andauern. Nun - im Jahr nach dem eigentlichen großen Jubiläum dieser wegweisenden Platte und  während die an ehemals heillos zerstrittene Band wieder auf der „Not In This Lifetime“-Tour ist - wird der Klassiker reissued.

Auch Retrospektiv betrachtet verliert das Album nichts von seinem rauen Charme und die Reissue ist großartig gemacht und wird auch jenen langjährigen Fans gefallen, die bereits mehrere Versionen des Albums im Plattenschrank haben.  Die attraktive Deluxe Version erinnert an eine Vinyl im Miniaturformat; Zieht man das Slipcase aus dem Hochglanzschuber kommt das berüchtigte und einst zensierte „Robot Rape „-Cover zum Vorschein (das ebenfalls ikonisch gewordene Cover mit dem Kreuz und den Totenköpfen wurde seinerzeit nur genommen, da man das ursprünglich intendierte Gemälde als zu kontroversiell ansah). In diesem Slipcase mit Gatefold stecken zwei Disc und ein Booklet mit einigen Shots aus der Frühphase der Band
Disc 1 enthält das bereits bekannte Album in neu remasterter Version; bereits dieursprüngliche LP klang ja sehr gut, die neue Reissue ist aber klanglich ebenfalls ausgezeichnet, ganz ohne den Höreindruck verfälschende Änderungen (Stichwort: loudness wars). Disc 2 heißt „B-Sides, Eps & More" und enthält genau, was der Titel verspricht: gesammelte Raritäten: Live Tracks (wie etwa das Abrissbirnen-AC/DC-Cover "Whole Lotta Rosie", die 1986er "Sound City Sessions, frühe Akustik-Versionen bekannter Songs (wie etwa "Move To The City" sowie das bislang offiziell unveröffentlichte„Shadow Of Your Love“, der es damals nie auf ein reguläres Release der Band schaffte.
Credit Coverbild: © Universal Music 
Die nachfolgenden Alben "Use Your Illusion I + II" waren sicher die noch ambitionierteren und abwechslungsreicher Werke, doch die hatten  nicht die kompakten Hits wie man sie auf „Appetite“ findet. Ähnlich wie das erste Van Halen Album fast 10 Jahre zuvor, öffnete „Appette“ nicht nur den Weg zum Ruhm für die Band selbst sondern wurde zum Referenzwerk, das die Schleuse für unzählige Epigonen des Sunset Strips öffnete.
Es ist fraglos eines der besten Debutalben ever und bleibt auch 3 Jahrzehnte nach dem Release eines der komplettesten Werke der letzten Hochphase des Hard Rock.
Das oft bemühte Klischee „still sounds fresh today“ trifft hier vollends zu.