Dienstag, 26. Mai 2020

ERIC CLAPTON - EIN LEBEN FÜR DEN BLUES

Eric Clapton - Ein Leben für den Blues Buchcover Mr. Slowhand im Anzug
© Reclam Verlag
Die Erfindung des Archetypus des modernen Gitarrenhelden; die Schaffung eines neuen, bis dahin ungehörten Sounds; die innovative Deutung einer archaischen Musikform; eine ganze Reihe von Klassikeralben, an denen sich Heerscharen von Gitarristen bis heute abarbeiten; Erfolge selbst beim Mainstream-Publikum - die Meriten in der langen Karriere des Eric Clapton sind vielfältig. Ihnen stehen aber auch tiefe persönliche Krisen und Tragödien gegenüber. Beide Aspekte im Leben des Bluesman Clapton wurden über die Jahre hinweg immer wieder dokumentiert und aufgearbeitet. Nicht zuletzt in der schonungslosen Autobiographie des Meisters selbst oder auch zuletzt  im Dokumentarfilm „Life in 12 Bars“.
Im heurigen Jubiläumsjahr – Mr. Slowhand wurde im März 75 Jahre– erscheint nun mit „Ein Leben für den Blues“ (Reclam) eine weitere Biographie des Mannes aus Surrey.
Diese kommt allerdings nicht wie man vermuten könnte von den üblichen, englischen Verdächtigen sondern aus dem deutschsprachigen Raum.

Der erfahrene Journalist Peter Kemper begibt sich darin auf Spurensuche und zeichnet in kompakter Form den Lebensweg dieses Ausnahmemusikers nach. Dazwischen gibt es immer wieder Exkurse über die Musikszene Großbritanniens oder auch eine Auseinandersetzung mit den klassischen Blues-Topoi, der lyrischen Basis vieler Clapton (Cover-)Songs. So entsteht trotz des überschaubaren Umfangs (gerade einmal 272 Seiten für 7 Jahrzehnte) ein durchaus detailreiches Portrait. Dass Kemper ein Veteran im Journalismus ist, wird beim Lesen überdeutlich: Obwohl das Büchlein keine literarischen Experimente a la  Greil Marcus beinhaltet, ist es überaus gut geschrieben und liest sich flott.
Man merkt Kempers Profession auch an der der profunden Rechercheleistung, die dieser EC-Biographie zugrunde liegt– das Quellenverzeichnis ist enorm, das Buch wirkt im positiven Sinne wie ein Destillat aus den bisherigen Dokus, Interviews und Büchern zum Thema. Zu seiner Hauptfigur wahrt Kemper dabei stets eine kritische Distanz. Zu keinem Zeitpunkt hat man es hier mit einem „überlangen Fanzine-Artikel“ zu tun, sondern mit einer Bestandsaufnahme  sowohl über die musikalische Entwicklung ECs als auch über die bewusst nicht ausgesparten Skandalen und Brüche in dessen Biographie – denen jedoch mitunter mehr Platz eingeräumt wird als so manchem den Lauf der Musikgeschichte verändernden Eureka-Momente in Claptons Karriere.

Der langjährige Slowhand-Fan wird die in Kempers Buch präsentierten Fakten fraglos schon kennen, grundlegend neue Entdeckungen gibt es ebenso wenig wie ungekannte Facetten an der komplexen Persönlichkeit Slowhands. Dennoch bleibt der Eindruck einer gut recherchierten Beleuchtung der Crossroads eines Musikerlebens und der bemerkenswerten und nach wie vor faszinierenden Entwicklung eines englischen Jungen, der einen Ausläufer des Mississippi ausgerechnet in der Grafschaft Surrey fand.

Kemper, Peter: Eric Clapton Ein Leben für den Blues
Originalausgabe, Geb. mit Schutzumschlag. Format 15 x 21,5 cm
272 S. 72, teils farb. Abb.
ISBN: 978-3-15-011214-4

Mittwoch, 13. Mai 2020

TOP JIMI # 2 : THE NORDIC CONCERTS 1967-1970


© Flying V Books
Will man heute einen Topact des Musikbusiness live sehen, bleibt einem meist nur der Weg in die Multiplexes der Konzertindustrie, die größten Hallen und Stadien (also Corona jetzt einmal kurz ausgeklammert…). In den „halcyon days“ der Sixties und Seventies war das noch völlig anders: selbst etablierte Künstler oder den nächsten Superstar konnte man in teils intimem Rahmen bewundern. Die berühmten Schulveranstaltungshallen in denen viele Jugendliche Zeugen der ersten Gig späterer Ikonen wurden fallen einem da als erstes ein. Security, das war vor den Ereignissen von Altamont noch fast ein Fremdwort, und auch die heute übliche Beschränkung auf die größten Metropolen war noch nicht so verbreitet - junge Fotografen, teils selbst noch Teenager,  hatten so die Möglichkeit den neuen Idolen ganz nah zu kommen – und diese Gigs für die Nachwelt festzuhalten.

Auch Jimi Hendrix und seine Experience spielten nicht nur in der Londoner Royal Albert Hall, sondern reisten quer durch Europa und gaben einige Konzerte im hohen Norden:
Der neue Bildband „The Nordic Concerts (erschienene bei Flying V Books in der Reihe "Unseen Nordic Archives") ist nun die Chronik dieser Konzerte. Dieses kompakte, dünne Büchlein vereint zahlreiche großartige Aufnahmen, die teils wirklich Seltenheitswert haben. 

Doch „The Nordic Concerts“ ist nicht nur ein Bildband sondern gleichzeitig eine  kompakte Biographie dieses außergewöhnlichen Musikers, die die Spuren Hendrix´ von seiner Kindheit in den USA  bis zu seinen letzten Tagen verfolgt.

Donnerstag, 7. Mai 2020

WESTERN PORTRAITS – THE UNSUNG HEROES & VILLAINS OF THE SILVER SCREEN


© Edition Olms Steve Carver
Wer auf dem obigen Coverbild nicht sogleich den legendären Darsteller des „Snake Charmer“ Bill aus Quentin Tarantinos „Kill Bill Vol. 1 & 2“ erkennt, könnte diese Aufnahme fast für ein Relikt aus dem 19. Jahrhundert halten – jener Pionierzeit Amerikas, als der Westen noch wirklich wild und ungezähmt war. Aber nein, bei dem Mann handelt es sich natürlich um David Carradine himself, Star zahlreicher Western, der für Autor, Fotograf und Filmemacher Steve Carver einst posierte.

Carver machte sich vor allem in den 70s und 80s durch Streifen wie „Capone“ oder das Chuck Norris-Vehikel „McQuade, der Wolf“ einen Namen. Daneben hegte er eine lebenslange Leidenschaft für das ur-amerikanische Genre schlechthin, den Western, und fotografierte über die Jahrzehnte immer wieder zahlreiche große Namen sowie Nebendarsteller aus Filmen der ersten und zweiten Reihe - stets im eindrücklichen Stil der historischen Dokumente, die uns aus der Zeit der letzten Frontier blieben: Mit beachtlicher Virtuosität gelangen ihm dabei Fotografien, die an echte, historische Aufnahmen aus dem Westen  gemahnen. Diese bemerkenswerten Bilder sind nun vereint im neuen Buch
„Western Potraits“ (Edition Olms, englische Originalausgabe), eine Hommage auf die klassische Filmgattung als auch auf die Prägung des Geschichtsbilds vom alten Westen durch Filme.

Und ihren Anteil daran haben natürlich auch jene Actors, die nie oder selten das Top Billing in den Credits bekommen oder im Schatten der ganz großen Ikonen stehen, aber dennoch über die Jahre und Jahrzehnte zu den Stammgasten im Genre gehörten, also quasi die Rick Daltons, um hier Quentin Tarantinos jüngsten Film „Once Upon A Time In Hollywood“ als Vergleich heranzuziehen. Es sind aber nicht ausschließlich diese Schauspieler und die  „unsung heroes“, die hier portraitiert werden sondern auch viele Superstars und Legenden: Horst Buchholz etwa, der eingangs erwähnte David Carradine oder Karl Malden, George Hamilton, Tom Sizemore, Richard Roundtree, Robert Evans und- wieder eine Tarantino-Parallele. Schauspieler wie Fred Williamson  Bo Svenson oder Michael Parks: sie alle sieht man hier in Bildern als hätte sie der Chronist des historischen Westens,  Edward S. Curtis, abgelichtet.Die eindringlichen Aufnahmen werden von Beiträgen begleitet, die sowohl biographische Marksteine der Porträtierten, quasi- essayistische Betrachtungen zum Genre als auch Anekdotisches von Dreharbeiten beinhalten. Niemand geringerer als B-Movie-Ikone Roger Corman schrieb zudem das Vorwort.
Für Cineasten und Western Fans ist dieser Band weit mehr als nur ein monochromer Nostalgie-Trip, sondern eine popkulturelle Auseinandersetzung mit moderner Mythenschreibung, dem  durch Hollywood vermittelten Bild einer vergangenen Epoche sowie die Filmindustrie, in der dieses Bild geprägt wird.

Montag, 4. Mai 2020

STAR WARS DAY 2020: Eine Retrospektive auf die Classic Trilogy

Credit Bild: © Taschen Lucasfilm
"Es war einmal in den Siebzigern des vorigen Jahrhunderts in einer gar nicht weit entfernten Galaxis..."

So oder so ähnlich könnte eine Rekapitulation der märchenhaften Erfolgsgeschichte von Regisseur George Lucas beginnen, der mit seiner Sternen-Saga vom immerwährenden Kampf "Gut gegen Böse" - also von den Jedi-Rittern gegen die Sith und das galaktische Imperium - einen gleichermaßen modern-futuristischen wie zeitlosen Mythos schuf. Ein Mythos der alters- und generationsübergreifend eine ungebrochene Faszination  ausübt -  außer Lucas gelang dies nur Tolkien und seinem Ringzyklus.
In jüngerer Vergangenheit hat dieses makellose Milliarden-Franchise um Luke Skywalker, Yoda, Obi-Wan Kenobi, Lord Vader & Co. zwar  durch eine wohlintendierte, jedoch missglückte Prequel-Trilogie, die neuen, noch schlimmeren Fortsetzungen sowie Substandard-Spin Offs wie „Rogue One“ oder die 2018er Han Solo-Story (der erste richtige Flop in der Geschichte von "Krieg der Sterne") ein paar Dellen abbekommen - doch all dies spielt beim gerade neu auf deutsch erschienenen „Star Wars Archiv“ aus der Filmreihe des Taschen Verlags überhaupt keine Rolle. die ausladende, schwelgerische Bildband-Retrospektive im Umfang eines Bantams, dreht sich nämlich nur um die kultige Classic Trilogy - also die Episoden IV -VI mit den SF-Klassikern  "A New Hope" , "The Empire Strikes Back" und "Return of the Jedi". Ewoks und Javas statt Jar Jar Binks lautet hier also die interstellare Devise.
Damit richtet sie sich zwar nicht ausschließlich, aber doch in besonderem Maße an alle alten Fans, die  so wie ich das Planetensystem des George Lucas in Kindheitstagen entdeckt haben.
Credit Bild: © Taschen Lucasfilm
Credit Bild: © Taschen Lucasfilm
Credit Bild: © Taschen Lucasfilm
 Waren schon die ähnlich gelagerten Releases über Pedro Almodóvar oder James Bond aus dieser Buchreihe sehr aufwendig, so ist dieser Band sogar noch eine Spur luxuriöser (und schwerer). Öffnet man die Schutzbox aus Karton, so offenbart sich einem ein wohlbekannter Anblick: der Galaxy-Shot mit dem seit 1977 jede Episode beginnt-  inklusive Sternenglitzer all over im Einband!
Das Star Wars-Archiv ist jedoch nicht nur ein Schmuckstück, das als stylischer Einrichtungsgegenstand durchgeht sondern auch ein extrem gehaltvolles und informatives Buch für Cineasten. Denn das Herzstück dieses in enger Kooperation mit George Lucas und Lucasfilm entstandenen Bandes ist ein extrem langes und äußerst ausführliches Interview mit dem visionären Regisseur und Schöpfer der Filmreihe.
Einen tieferen Einblick in die Entstehungsgeschichte der Originaltrilogie hat man auch dank der zahllosen selten gezeigten Dokumente, Drehbuchseiten, Produktionsunterlagen, Konzeptentwürfe, Storyboards und unzähligen Fotos aus den Filmen und den Dreharbeiten selten bekommen. Der Herausgeber und Filmexperte Paul Duncan entwarf hier ein Kompendium mit der sich die gesamte Entwicklung dieses Kults nachvollziehen lässt - von den Inspirationen Lucas' zu den Skizzen hin zur schlussendlichen Realisation im Film.

Zwar ist dieses neue Star Wars-Archiv bei weitem nicht das erste bibliophile Werk über die Kult-Trilogie – doch durch seinen schieren Umfang wird man wohl die gesamte Galaxis vom Wüstenplaneten Tatooine bis zur Eiswelt Hoth durchsuchen können und kein besseres Buch über das Phänomen finden.
  
Bibliographische Angaben:
Das Star Wars Archiv: 1977–1983 von Paul Duncan
Hardcover, Halbleinen, 41,1 x 30 cm, 604 Seiten
ISBN 978-3-8365-6340-6, Ausgabe: Englisch