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Tulsa, das weiß
der Amerika-Kenner , ist ein Ort, von dem es heißt, er habe seine eigene
Zeitrechnung. „Tulsa Time“, dort ticken die Uhren noch etwas anders. Je nachdem
wen man fragt, ist es das „Oil Capital Of the World“ oder der „Buckle Of the
Bible Belt“. Für Dylan und seine Vita haben Orte wie dieser mitunter eine
besondere Bedeutung. Einerseits wurde er in Minnesota geboren. Dort im anderen
Amerika abseits der Küstenstädte fand man historisch gesehen oft den Nährboden
für musikalische Revolutionen. Dylan als Künstler früh in den
mannigfaltigen Traditionen seines Heimatlandes verhaftet, war früh an den
schwarzen und weißen Strömungen vom Delta bis zu den Appalachen interessiert
und sammelte einem Lepidopterologen gleich musikalische Eindrücke, die später
Eingang in seine postmoderne Musik fanden. In einem frühen Interview mit dem
Playboy sagte Dylan einst im Hinblick, dass alles anders gekommen wäre
wenn er in New York oder Kansas City geboren worden wäre.
Dort in Tulsa
also, unweit des Museums für einen anderen großen Songwriter Amerikas, Woody
Guthrie, baute Finanzier und Milliardär George Kaiser, einer der 500 reichsten
Männer der Welt, mit seiner Foundation ein altes Industriegebäude zum
Dylan-Schrein um. Der Künstler selbst war zwar wie kolportiert wurde persönlich
relativ wenig involviert, das Team rund um den enigmatischen Songwriter stand
jedoch in engem Kontakt mit den Machern des Museums, das sowohl eine eigene
Forschungsstätte als auch eine Dauerausstellung beherbergt.
Das neu
erschienene Buch "Mixing Up The Medicine" ist nun die die offizielle
Publikation dieses Archivs. Der Titel wurde aus dem Dylan-Song
"Subterranean Homesick Blues" entlehnt. Anders als beim dazugehörigen
Clip (eines der der ersten Musikvideos der Geschichte btw) gibt es hier
zwar keine weißen Papptafeln, aber dafür Seite um Seite viel zu entdecken. So
wird es dem Leser erlaubt in das Archiv einzutauchen - ganz ohne sich in die
Nähe des Arkansas River zu begeben.
"Mixing Up
The Medicine“ ist dabei Bildband und Biographie in einem. Anhand der hier zu
sehenden Exponate - und derer gibt es unzählige zu bestaunen – werden die
einzelnen Station in der Vita Dylans beleuchtete und gleichzeitig die Legendenbildung
vorangetrieben: Da ein Bild aus Dylans Kindheitstagen oder ein Blick ins High
School-Jahrbuch, in dem der junge Robert selbstbewusst verkündetet, dass sein
Zukunftsplan nach der Graduation beinhaltete, such Little Richards Band
anzuschließen. Dort eine Aufnahme aus der Studiozeit mit Gitarrenlegende
Michael Bloomfield. Da ein Fan-Brief vom Boss Bruce Springsteen, der sich
selbst in seinen Lyrics mitunter von Dylan beeinflussen ließ. Dann eine Vinyl
von "All Along The Watchtower", die einst Jimi Hendrix gehörte, der
den Song bekanntermaßen unsterblich machte.
Hinzu kommen
Essays von Dylan-Kennern wie Greil Marcus, Ed Rusha, Richard Hell, Michael
Ondaatje oder Amanda Petrusich. Als Leser fühlt sich die geballte
Informationsdichte an, als würde man sich tatsächlich durch ein Archiv graben.
Geradezu als befände man sich in einem labyrinthischen Song, bei dem an jeder
Ecke Querverweise warten.
Bekanntes wird
hier in ansprechender Weise neu aufbereitet und viel Rares zu Tage gefördert.
Gute Biographien und Nachschlagewerke über Dylan gibt es nicht gerade Wenige,
dieses hier hat den Anspruch zu den definitiven Werken über die Legende zu
zählen - und schafft dies auch. Was die "Basement Tapes" ( in
musikalischer Hinsicht ist, stellt dieses Werk für die bibliophile
Auseinandersetzung mit „His Bobness“ dar. Ein 600 Seiten langer Streifzug durch
Dylans "Back Pages".
Bob Dylan - Mixing Up The Medicine, von Mark Davidson und Parker Fishel, erschienen bei Droemer Knaur