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Credit Coverbild: © Helmut Newton Foundation, Berlin Taschen Verlag |
"Die
fotografische Arbeit mancher Menschen ist Kunst. Meine nicht. Wenn meine Fotos
zufällig in einer Galerie oder einem Museum ausgestellt werden, soll es mir recht
sein. Aber das ist nicht der Grund, warum ich sie mache. Ich bin ein
"Auftragskiller"" sagte Helmut Newton 2004 zu Newsweek. Das mag
Koketterie gewesen sein - immerhin zählt der gebürtige Berliner zu
den Schlüsselfiguren
moderner Art Photography - thematisiert jedoch auch den ewigen
Widerstreit zwischen hehrer Kunst und (vermeintlich?) niederem Kommerz. Für Newton war ebenjener Konflikt zumindest kein allzugroßes Dilemma und viele seiner ikonischsten Aufnahmen entstanden als er als er sich als Auftragskiller,
also als „Gun For Hire“, in den Dienst des Höchstbietenden - in
diesem Fall Hochglanzmagazine und Luxus Brands - stellte.
Als "Waffe" hatte er jedoch keine Pistole von Smith & Wesson im Anschlag sondern eine Kamera von
Rolleiflex, welche die gazellengleichen Fashion Victims ins Visier nahm. Gerade wenn es um die
Frühphase im Newton´schen Schaffens geht, zählen diese Arbeiten zu
seinen Bedeutendsten, begründete er mit Arbeiten für die französische Vogue, doch seinen internationalen Ruhm.
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Kate Moss für Yves Saint Laurent Spring/Summer 1993 Credit Bild: © Helmut Newton Foundation, Berlin |
Im von seiner Ehefrau June kuratierten und nun in überarbeiteter Version neu aufgelegten Bildband "A Gun For Gire“ kann
man nun eine Auswahl der von den frühen 1960er-Jahre bis 2003 entstandenen Auftrags- und
Modefotografien Newtons bestaunen. Es sind Arbeiten u.a. für BiBA (erster
Modekatalog 1962), Chanel, Yves Saint Laurent, Versace, Thierry Mugler,
Blumarine, Villeroy & Boch oder Absolut Vodka sowie seine letzten Bilder
für die amerikanische und italienische Vogue - sie alle eint die typische Bildsprache Newtons, die so stark war wie seine Amazonen in der "World Without Men".
Auffallend auch schon bei den frühen Werken: das Signature-Element des Cineastischen. Abseits von Heels, Nylons und Lingerie (oder dem bahnbrechenden Le Smoking von YSL) steht die Mode nicht unbedingt im Vordergrund. Das Close Up mit dem Fokus auf feinen Zwirn trat in den Hintergrund , die Fashion war an diesen
Bildern oft das am wenigsten Interessante. Als „professioneller Voyeur“
zelebrierte Newton neben dem Filmzitat genüsslich den gepflegten Tabubruch. Das sorgte schon damals für
Kontroversen, der „Male Gaze“ war jedoch ein maßgeblicher Teil des einflussreichen Stils dieses Fotografen und seiner immensen Popularität. Moderhäuser und Brands waren selbst daran interessiert
herauszustechen und wollten 08/15-Kampagnen und Sujets tunlichst vermeiden - wenn
man das Ungewöhnliche, das Provokante wollte, dann rief man Helmut den Profi. Angesichts der abnehmenden Experimentier-Freudigkeit aktueller High Gloss-Magazine wären manche dieser Sujets heute beinahe undenkbar. Gerade dies macht die in "A Gun For Hire" im Großformat reproduzierten Werke noch faszinierender, gewähren sie doch einen Einblick in eine Ära der Modeszene in der es weniger künstlerische Schranken gab.
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BibA Katalog, 1968 Credit Bild: © Helmut Newton Foundation, Berlin |
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Monica Belluci für Blumarine, 1993 Credit Bild: © Helmut Newton Foundation, Berlin |
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Villeroy & Boch 1985 Credit Bild: © Helmut Newton Foundation, Berlin |
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Bikini Kalender des Sportmagazins, 2002 Credit Bild: © Helmut Newton Foundation, Berlin |
A GUN FOR
HIRE, Helmut Newton, June Newton, Matthias Harder,
Hardcover, 23 x 30,5 cm, 1,85 kg, 240 Seiten, mit einer Einleitung von Matthias
Harder und Statements von June Newton, Pierre Bergé, Tom Ford, Josephine Hart
und Anna Wintour. Erschienen im Taschen Verlag,
Ausstellungshinweis: Passend dazu läuft noch bis zum 14. Mai 2023 Ausstellung "Helmut Newton Brands" in der Helmut Newton Foundation Berlin, in der die Kooperationen der Künstlers mit internationalen Marken beleuchtet wird.