Sonntag, 30. April 2017

EDGAR WALLACE - DAS GEHEIMNIS DER GRÜNEN STECKNADEL Mediabook

Credit Coverbild: © Koch Media
Dass er es mit der Trennung von beruflichem und privatem nicht ganz so genau nimmt, wird Enrico (Fabio Testi; Nachtblende ) dem  Sportlehrer eines Londoner Mädcheninternats, zum Verhängnis: Sein geheimes Verhältnis mit der Schülerin Elizabeth (Cristina Galbó) hätte an sich schon genug Potential ihn in die Bredoullie zu bringen. Doch als er sich während einer romantischen Bootsfahrt redlich bemüht, seine sich noch keusch zierende Flamme endlich zu knacken, passiert etwas Schreckliches: Während das „love boat“ die Themse entlang schippert, wird am Ufer ein halbnacktes Mädchen von einer schwarz gewandeten Gestalt verfolgt. Enrico bekommt von alldem nichts mit, hat er doch alle Hände voll zu tun, doch Elizabeth muss das grausame Schauspiel mit ansehen. Damit ist die romantische Stimmung logischerweise dahin. Enrico schenkt dem, was seine Freundin vermeintlich gesehen hat, zunächst keinen Glauben - zumal am Ufer keine Spur von einem Verbrechen zu finden ist. Doch kurze Zeit später wird die Leiche eines Mädchens am Themse-Ufer gefunden – schnell gerät Enrico ins Visier des ermittelnden Inspector Barth (Joachim Fuchsberger) und der Pädagoge kann wenig für seine Entlastung tun, ohne seine indezente Liaison zu offenbaren. Indes gehen die Morde an blutjungen Internatsschülerinnen weiter….
Credit Bild: © Koch Media
Mit den Dreharbeiten zu „Das Geheimnis der grünen Stecknadel“ (Originaltitel: Cosa avette fatto a Solange) ging eine der erfolgreichsten Äras des deutschsprachigen Kinos zu Ende: Ist diese deutsch-italienische Koproduktion aus dem Jahre 1972 doch der letzte offizielle Teil der Edgar Wallace-Reihe. Und wie schon Dylan wusste „The times they are a-changin“ – die neuen Zeiten, ein veränderter Publikumsgeschmack und damals aktuelle Genre-Trends machten auch vor dieser Filmserie nicht halt. Der finale Eintrag der Wallace-Reihe ist dann auch ein interessanter Fall eines Films der genau zwischen zwei Welten angesiedelt ist: im Spannungsfeld zwischen dem klassischen Krimi und dem (damals) neuen Genre des Giallo.

So ist dieser Streifen zwar offiziell Teil der Edgar Wallace-Reihe und basiert in Grundzügen auch auf der Story „The Clue Of The New Pin“ des britischen Autors  - dennoch handelt es sich bei der „grünen Stecknadel“ nicht um ein klassisches „Hallo, hier spricht Edgar Wallace“-Werk der  Alfred Vohrer-Schule (siehe etwa „Die toten Augen von London“ oder „Das Gasthaus an der Themse“). An die klassischen Gruselkrimis aus deutschen Landen gemahnt hier nämlich nur der deutsche Teil des Casts, allen voran Blackie Fuchsbeger als ruhig ermittelnder Inspector und Karin Baal als gestrenge Ehegattin von Fabio Testis „Professor der Begierde“. Abseits davon ist der Film ein klassischer, lupenreiner „black gloves“-Giallo.
Credit Bild: © Koch Media

Credit Bild: © Koch Media
Regie führte der Italiener Massimo Dallamano, der in den Sechzigern für die ersten zwei „Dollar“-Filme von Sergio Leone als Kameramann tätig war und als Regisseur in unterschiedlichsten (Sub-)Genes zu Hause war: von zeitgeistigen Dorian Gray-Variante mit Helmut Berger über die Polizioteschi-Gialli Kombination in „Der Tod trägt schwarzes Leder“
Die Kamera übernahm Aristide Massaccessi (aka Joe D´Amato) und für den traum-haften Soundtrack war niemand anderer als Maestro Ennio Morricone verantwortlich.

Der Film selbst ist typisch für die Italo-Thriller der early seventies, die bestimmenden Topoi sind Sex und Gewalt bzw. Lust und Strafe.
Das Giallo-Genre war ja immer wieder ein (a)moralischer Raum, in dem Vergeltung für eine in der Vergangenheit liegende Verfehlung/ein Unrecht geübt wird  - so sind auch Schuld und Sühne in der „Stecknadel“ die zentralen Trieb-Federn des Plots. Die Hauptfiguren werden durch ihre Laster und sexuellen Obsessionen ins Verderben gestoßen – der zügellose Trieb wird bestraft, Sex als Sündenfall. Der freudianische Eros und Thanatos waren sich in wenigen anderen Genres so nahe wie im Giallo.
Testi etwa wandelt in Dallamanos Welt nicht im Garten der Finzi Contini sondern im Garten der verbotenen Früchte – was schlichtweg nicht gut gehen kann. Die Schülerinnen des von außen ehrenwerten Jungmädchen-Colleges sind in diesem Giallo nur scheinbar unschuldig lächelnde, naive Girls. In Wahrheit haben es die frühreifen Nymphen faustdick hinter den Ohren und erinnern in an Vladimir Nabokovs Dolores Haze.
In welche Gefahr sie sich mit ihrem Handeln begeben, wird ihnen zu spät bewusst. Dass der Killer ein Messer in die Genitalien seiner Opfer stößt, wird zur offensichtlichen Allegorie auf die Defloration.
Der Film spielt gekonnt mit Motiven der damals  unheimlich erfolgreichen Erotikfilm-Reihe des "Schulmädchen-Report" und wirft einen – teils durchaus  voyeuristischen – Blick in die Duschkabinen eines Mädcheninternats - was man in diesem Fall durchaus aus wörtlich verstehen kann. Getreu dem Motto „Was Eltern nicht für möglich halten“
werden quasi die Schattenseiten der damaligen sexuellen Revolution aufgezeigt.
Credit Bild: © Koch Media
Credit Bild: © Koch Media
Wobei festzuhalten ist, dass abseits dieses durchaus brisanten Subtextes und ein paar elativ drastischer Szenen, zahlreiche Gialli existieren, die weitaus mehr „sleaze and gore“ beinhalten. So mag dem Film
zur Zeit der Erstveröffentlichung aufgrund seiner Thematik etwas „Skandlöses“ angehaftet haben - Heute präsentiert sich „Das Geheimnis der grünen Stecknadel“ als ruhig inszenierter Genre-Vertreter mit für die early 70s typischem, teils etwas gemächlichem Tempo - wodurch der Zuseher nicht unbedingt „on the edge of the seat“ gefesselt wird.
Der Film ist dennoch ein mehr als solider Genre-Vertreter mit reichlich kultigem Viantge-Flair, der sich für Fans durchaus lohnt – insbesondere auch aufgrund der neuen, äußerst liebevoll gemachten Sammler-Edition aus dem Hause Koch Media.

Credit Bild: © Koch Media

Zur Mediabook Version:
Die „Stecknadel“ erhält von Koch Media das Deluxe Treatment mit einem attraktiven Mediabook mit gleich 3 Discs inklusive Booklet mit einem unterhaltsamen Essay von Paul Poet und einem informativen Interview mit  Schauspielerin Camille Keaton, der eine Schlüsselrolle in Dallamanos Giallo zukam.
Den Film selber erhält der Fan gleich in in mehreren Versionen:

1 Blu ray mit dem Film in der internationalen Langfassung
1 X Blu ray mit der deutschen Kinofassung
1X DVD mit der internationalen Langfassung

Die Qualität der neuen Abtastung ist jedenfalls ziemlich tadellos. Für das Alter des Films wird hier ein richtig guter Transfer des Vintage-Prints geboten.  Die internationale  Langfassung erweitert den Film um ein paar Szenen -  die meisten davon würde man zwar nicht vermissen, gegen Schluss zu gibt es jedoch eine Schlüsselsequenz, die sich für die Auflösung des „murder mystery“ als wesentlich erweist.
Die Bonus-Features der Discs sollte man keinesfalls skippen- hier gibt es u.a. Interviews mit Fabio Testi, Karin Baal oder Pilar Castel sowie eine fast einstündige Doku namens „German Grusel“, die sich dem Kultphänomen Wallace widmet.

Es gibt zwar fraglos bessere Gialli als „Das Geheimnis der grünen Stecknadel“ -  aber diese neue Koch-Edition ist schlichtweg ein Sammler-Traum.

Samstag, 29. April 2017

DAS VERMÄCHTNIS DES BLEIERNEN ZEPPELINS

Großes, schrieb einst der Philosoph Friedrich Nietzsche, könne nur aus dem Dionysischen, dem schöpferischen Energiequell der Natur, im Rauschhaften und im Leidenschaftlichen entstehen. Eine perfekt passende  Umschreibung für die musikalischen Großtaten und Mythen, Legenden und Stories, die sich um Led Zeppelin ranken und die Teil der Rock N´ Roll-Folklore geworden sind.
Während auch anno 2017 eine von Legionen von Fans herbeigesehnte, neuerliche Reunion von Jimmy Page, Robert Plant und John Paul Jones immer unwahrscheinlicher wird und die Band zuletzt hauptsächlich durch den scheinbar nicht enden wollenden Rechtsstreit um  „Stairway To Heaven“ in den Medien präsent war, lohnt es sich einen Blick zurück auf all das zu werfen, was die Band ab den späten Sechzigern zu den größten ihres Fachs werden ließ.
Vier sehr unterschiedliche Bücher nähern sich dem Phänomen des bleiernen Zeppelins und sind dabei alles andere als „Blei-Wüsten“:

LED ZEPPELIN – THE ULTIMATE COLLECTION aus dem Zürcher Olms Verlag ist eine umfassende Retrospektive auf die legendäre Band im Format eines luxuriösen coffe table-Buchs. Bildbände ist man bei Musikbüchern ja gewohnt- dieser extrem aufwändig gestaltete Wälzer erinnert aber mehr an einen Kunstband.
Attribute wie „Ultimate“ etc. sind inflationär im Gebrauch, in diesem Fall ist das jedoch durchaus gerechtfertigt und zutreffend - ich muss sagen, ich hatte bislang kein schöneres Buch über die Band auf dem Tisch.
Man merkt hier nämlich auf jeder Seite, dass absolute Led Zep-Hardcore-Fans am Werk gewesen sein müssen, so liebevoll wie dieser Band gestaltet ist
Das beginnt schon bei der aufwändigen Verpackung des gewichtigen Buchs, das sich in einer eigenen Schutzkassette, ganz im typischen Zeppelin-Design gehalten, befindet.
Ausgehend von der Diskographie der Gruppe beleuchtet  Autor Chris Welch jede einzelne Veröffentlichung der Band en detail und entspinnt davon ausgehend eine Chronik des bleiernen Luftschiffs.
Auch diejenigen, die die biographischen Eckdaten von Page, Plant, Jones und Bonham schon aus dem Effeff kennen, können hier etwas entdecken – und das beinahe bei jedem Umblättern: denn „The Ultimate Collection“ ist nicht nur ein schöner Bildband mit unzähligen genialen Fotos sondern enthält zudem eine DVD mit Aufnahmen von Zep auf den Straßen Deutschlands, Poster, 5 Art Prints und dazu noch allerlei Memorabilia-Replikas und Faksimiles von Backstagepässen, Tickets oder dem „Object“ von Presence. Eine extrem nette Idee - an dem Buch hat man als Fan jahrelang Freude
Credit Coverbild: ©Adrian Boot urbanimages.tv  Edition Olms
 Im direkten Vergleich dazu ist WHOLE LOTTA LED ZEPPELIN, ebenfalls bei Edition Olms erschienen, beinahe etwas nüchterner. Doch diese The Illustrated History Of The Heaviest Band Of All Time von John Bream  ist nicht minder extensiv und vor allem nicht weniger reich bebildert. In gut 280 Seiten schafft es der Autor ein extrem komplettes Bild der Band zu entwerfen. Dass sogar so detailliert ist, dass selbst der langjährige Led Zepplein-Fan und Sammler etwas Neues erfahren dürfte.  Wo sonst liest man von James Burtons Jam-Session und dem Treffen mit seinem Fan Jimmy Page oder kann das rare  Interview, das Beat-Legende William S. Burroughs („Naked Lunch“)mit Page anno 1975 führte nachlesen ? Es sind genau diese Details und die gekonnte Verknüpfung ikonischer Fotos mit hochinteressanten Texten, die Whole Lotta Led Zeppelin fraglos zu einem, der besten Bücher über die legendäre  britische Band machen.

HAMMER OF THE GODS
Im berühmt-berüchtigten „Hammer Of The Gods“  (edel books, rockbuch) erzählt Autor Stephen Davis eine Geschichte musikalischer Experimente, Groupies in rauen Mengen, Sex, noch mehr Sex, einem gewissen Red Snapper Vorfall,  Drogen, Alkohol, Satanismus und schwarzer Magie…… Dieses Buch zählt zu den bekanntesten Werken über die britische Band und wurde nach seinen Erscheinen schnell zum Bestseller und befindet sich als eines der bekanntesten Rockbücher ever mehr als 25 Jahre nach Erstveröffentlichung noch immer „in print“. Die empfehlenswerte deutsche Version im kompakten Taschenbuchformat ist bei edel books/rock buch im Programm.
Davis packt den Leser von der allerersten Seite weg und lässt ihn bis zum Schluss nicht mehr los. „Hammer Of The Gods“ ist eine tour de force, bei der der Autor ein genaues und extrem atmosphärisches Bild vom hedonistischen Leben im Rockbusiness zeichnet.
Sein lockerer Schreibstil macht das Buch äußerst kurzweilig und sorgt dafür, dass der Lesefluss nie unterbrochen wird.
Den immensen Vorteil den der Autor bei seiner Schilderungen hat:
Er war wirklich dabei, der Leser erhält hier einen Augenzeugenbericht aus erster Hand.Zumindest angeblich....
Denn genau bei diesem Unique Selling Point, liegt gleichzeitig die Krux dieses Buches.Robert Plant, Jimmy Page und John Paul Jones distanzierten sich entschieden von der unauthorisierten Biographie –so sorgte das Buch auch für heftige Kontroversen.
Der kolportagehafte Stil des Autors, den er auch in nachfolgenden Büchern beibehielt brachte ihm gar den Spitznamen Stephen Salacious ein.
Ein Umstand, der beim Leser natürlich einen zwiespältigen Eindruck hinterlässt,.
Was entspricht jetzt der Wahrheit und was nicht ?
War Davis wirklich bei dem und dem Ereignis dabei ? Schmückt er etwas aus, lässt er entscheidende Details weg oder sind andere Begebenheiten gar erfunden ? Man weiß es nicht. Aber: wie auch immer man zum Buch und seinen Inhalten stehen mag - lesenswert ist diese Geschichte erstklassiger Musik und Exzessen altgriechischen Ausmaßes in jedem Fall, weshalb Led Zeppelin-Fan und Rock-Afficionados im Allgemeinen an der kurzweiligen und lesenswerten Lektüre kaum vorbei kommen.

Während die anderen hier vorgestellten Bücher sich auf Zep als Band, als Gesamtphänomen konzentrieren, ist Brad Tolinskis LICHT UND SHATTEN- Gespräche mit Jimmy Page (Edel books) ganz auf den dunklen Saitenmagier fixiert.
„Light and Shade“  der Kontrast zwischen hell und dunkel zieht sich einem Mantra gleich durch die gesamte Geschichte der Band: Von den harten Alben „I“ und „II“ zu den zunehmenden Akustik-Folk Experimenten von „III“ und „IV“. Brutal verzerrte Gitarren auf der einen Seite und fragile Akustik-Klänge au der anderen. Der sich komplementierende Gegensatz aus Rohheit und Zartheit; der zurückgerollte Volume-Regler des Hals-Pickups von Pages Gibson Les Paul und die volle Attacke des Bridge Pickups….
Tolinksi, seines Zeichens früherer Chefredakteur des amerikanischen Guitar World Magazines entwirft anhand äußerst ausführlicher Interviews ein faszinierendes Portrait, das dem Leser einen Einblick in die Gedankenwelt einer Gitarrenikone liefert

JOHN MAYALL – THE BLUES CRUSADER

Crusader, also Kreuzritter für den Blues: Nicht nur eine Anspielung auf den Titel eines 1967er Albums, sondern ein mehr als passender Name für eine Biographie über einen Mann, der wie nur wenige andere Protagonisten der Musikszene Großbritanniens der 60er eine so zentrale Schlüsselrolle einnahm: John Mayall, der - zusammen mit Alexi Korner- der Godfather des britischen Blues ist.

Credit Coverbild: © Guido Harari (Photographer)/laif  Edition Olms
Seinen Landsleuten brachte er als einer der ersten die ur-amerikanische Musik nahe und war mit seiner Band, den Blues Breakers, immer auch ein Ermöglicher. Retrospektiv verwundert es beinahe, wie sicher es Mayall gelang die heißesten jungen Gitarrentalente der Szene in seiner Band zu verpflichten: Neben Peter Green oder dem späteren Rolling Stone Mick Taylor natürlich auch einen jungen aufstrebenden Musiker aus Surrey, der in seiner Band, den Yardbirds, nicht so recht glücklich war, da seine Kollegen für seinen Geschmack zu sehr in Richtung Pop tendierten, wohingegen er sich der reinen Lehre des Blues verschrieben hatte. 
Die Rede ist natürlich von Mr. Slowhand himself, Eric Clapton – der mit Mayall das legendäre "Beano"-Album* einspielte, das auch deshalb so denkwürdig ist, da es einen unumstößlichen Meilenstein in Sachen Gitarrensound setzte – hört man hier doch erstmals die klassische Gibson und Marshall-Amp Kombination in Vollendung.

Der British Blues Boom ist allerdings nur eines der wichtigen Kapitel in Mayalls Karriere, das im Buch behandelt wird. Autor und Mayall-Experte Dinu Logoz entwirft eine Chronik der gesamten Laufbahn Mayalls - auch die späteren  Jahre, nachdem die großen Heroen seine Band verlasen hatten, werden hier eingehend und gleichberechtigt beleuchtet.
Dass Logoz für das Thema förmlich brennt merkt der Leser von „Blues Crusader“ auf jeder Seite. Das Werk ist ein „labor of love“ wovon auch die an Wissenschaftlichkeit grenzende Genauigkeit zeugt, mit der hier die Lebensgeschichte der Blues-Ikone nachgezeichnet wird.

So wird die Biographie zum verdienten  Tribute an eine Legende -
Nur etwas mehr Bilder und eine ausführlichere Schilderung der Sixties-Zeit - die fraglos zu den wichtigsten in Mayalls Schaffen zählt -  hätte man sich gewünscht. 
Dennoch ist dieser Bnad eine gute Ergänzung für jede Musik-Bibliothek


*  Die Kultplatte „Blues Breakers  With Eric Clapton“  aka das „Beano“-Album -so bezeichnet, weil Clapton auf dem Cover das gleichnamige Comicheftchen liest.

Dienstag, 25. April 2017

DEEP PURPLE – INFINITE

Credit Coverbild: © EDEL earmusic
Auf einem verschlungenen, an ein mystisches Zeichen gemahnenden Pfad bahnt sich das Schiff auf dem Cover des neuesten Deep Purple-Albums seinen Weg durchs ewige Eis.
Nach dem Anhören der 10 neuen Tracks könnte man durchaus den Eindruck gewinnen, dass der Eisbrecher direkten Kurs in die glorreiche Vergangenheit der Hard Rock-Heroen gesetzt hat.

Die Reminiszenzen sind offensichtlich: Denn „inFinite“ klingt so sehr nach „vintage purple“ wie schon länger keine Platte der Mannen um Ian Gillan, Roger Glover und Ian Paice, den verbleibenden Mitgliedern der stärksten Inkarnation der britischen Legenden. Im Inneren des Digipaks der Deluxe Edition gibt es dann auch noch die Gesichter der Band als Mount Rushmore-artiges Eisberg-Monument wie bei  „In Rock“. An diesen Klassiker oder an Großtaten wie „Machine Head“ oder „Fireball“ kann zwar auch diese jüngste Deep Purple-Scheibe,  wenig überraschend,  nicht heranreichen – was aber in diesem Fall gar nicht weiter schlimm ist.
Denn Purple zelebrieren hier den ihnen eigenen, unverwechselbaren Sound, mit überdurchschnittlich guten Songs, die stets an die Late Sixties und Early Seventies gemahnen. Ein „Speed King“ mit halsbrecherischen Tempiwechseln oder ein auf den kosmischen Gitarren-Klimax zusteuernder „Highway Star“ ist auf „inFinite“ nicht vertreten , doch unter den neuen, vorwiegend im midtempo-Bereich angesiedelten Groovern findet sich einfach kein richtig schwaches Stück. Besonders genial ist das Cover des Doors-Stampfers „Roadhouse Blues“, eine Version, die so dermaßen gut  ist, dass man Lust auf ein ganzes Roots-Album mit den Influences der Band bekommt.

Credit Bild:  © Jim Rakete EDEL earmusic

Die Deluxe Version von Infinite enthält noch die spielfilmlange Dokumentation „From Here To Infinite“, die nicht nur für Hardcore-Fans äußerst sehenswert ist.
Der abendfüllende Film setzt sich einerseits mit dem Phänomen der Kultband auseinander, (und lässt z.B. auch überraschende Gäste wie Gitarrenvirtuose Joe Satriani zur Wort kommen (der ja kurzfristig bei DP spielte)) und dokumentiert andererseits die Entstehungsgeschichte des neuen Albums – mit hautnahen Einblick in die Studio-Aufnahmen.

Credit Bild:  © Jim Rakete EDEL earmusic

Bleibt am Schluss noch die Frage, ob das jetzt ein Farewell-Album ist oder nicht ?
Die speziell Schreibweise des mehrdeutigen Titels „inFinite“ weist auf „Unendlichkeit“ und „Endlichkeit“ gleichermaßen hin. Wenn es sich tatsächlich um einen Schlussstrich handeln sollte, verabschieden sich Purple jedenfalls mit einem richtig guten Old School-Hard Rock-Album.

Michael Schenker Fest Live - Tokyo International Forum Hall A

Credit Bild: © INAKUSTIK
Mit seinem charakteristisch nasalen Flying V-Ton, erzielt durch das genaue Einstellen eines Wah Wah Pedals auf eine bestimmte Position, prägte er einen ganz eigenen, in die Annalen der Rock-Historie eingegangen Gitarrensound. Seine Aufnahmen von Riff-Rockern wie „Rock Bottom“ beeinflussten Legionen von nachkommenden Gitarreros, insbesondere des Heavy Genres: Michael Schenker ist Deutschlands wohl größter Rockstar und mit den Michael Schenker Fest-Touren zelebriert er seine eigene Vergangenheit.
Im August des letzten Jahres gastierte er ihm Rahmen dieser Tournee auch wieder im Land der aufgehenden Sonne -  der Mitschnitt des Gigs ist nun bei inakustik in div. Konfigurationen (CD, LP, DVD, Blu ray) erschienen:
Credit Bild: © INAKUSTIK
Die Kombination aus dem Namen Schenker und Japan sorgt bei langjährigen Fans natürlich unweigerlich für Assoziationen zum Live-Classic „MSG-Live At Budokan“ – in jener legendären Venue spielte Schenker zwar diesmal nicht, der „link to the past“ ist dennoch überdeutlich.
Denn abgesehen von einer Greatest Hits-Setlist kam es im International Forum in Tokio kam auch  zu einer Reunion mit gleich drei ehemaligen Mitstreitern, den Sängern Graham Bonnet, Gary Barden, Robin McAuley.
Die japanischen Fans sind ob dieser geballten „Classic Rock“-Dichte merklich aus dem Häuschen und die Musiker auf der Bühne sind ebenfalls merklich gut drauf.
Dass die Stimmen von Bonnet & Co. nicht mehr ganz an die Glanzzeiten der 70s/80s heranreichen war zu erwarten- das ehemalige „Boy Wonder“ Schenker ist jedoch nach wie vor eins mit seiner Gitarre und in typischer Pose über die V-förmige Sechssaitige gebeugt.

Credit Bild: © INAKUSTIK

Credit Bild: © INAKUSTIK

Die Setlist en detail:

1. Intro: Searching For Freedom
2. Into The Arena
3. Attack Of The Mad Axeman ft. Gary Barden
4. Victim Of Illusion ft. Gary Barden
5. Cry For The Nations ft. Gary Barden
6. Let Sleeping Dogs Lie ft. Gary Barden
7. Armed And Ready ft. Gary Barden
8. Coast To Coast
9. Assault Attack ft. Graham Bonnet
10. Desert Song ft. Graham Bonnet
11. Dancer ft. Graham Bonnet
12. Captain Nemo
13. This Is My Heart ft. Robin McAuley
14. Save Yourself ft. Robin McAuley
15. Love Is Not A Game ft. Robin McAuley
16. Shoot Shoot ft. Robin McAuley
17. Rock Bottom ft. Robin McAuley
18. Doctor Doctor ft. Gary Barden, Graham Bonnet, Robin McAuley

Die Songauswahl der soliden Show bietet somit einen Querschnitt durch Schenkers Schaffen, insbesondere die Post-UFO-Zeit/MSG ist prominent vertreten. Ein paar exotischere Nummern oder selten Coverversionen oder Jams hätte man sich allerdings schon gewünscht –zumal man manche Nummern wie etwa das grande finale mit „Doctor Doctor“ schon in weitaus besseren Versionen gehört hat-
Die Blu ray des Nippon-Gigs bietet neben einer sehr guten Bild-und Tonqualität noch ein paar interessante Featurettes wie etwa Impressionen vom Soundcheck oder einen Blick hinter die Bühne.
Credit Bild: © INAKUSTIK

Donnerstag, 6. April 2017

Alfred Wertheimer - Elvis And The Birth Of Rock And Roll

Credit Coverbild: © Alfred Wertheimer Taschen Verlag
Als der junge Fotograf Alfred Wertheimer im Jahre 1956 den Auftrag annahm einen amerikanischen Sänger und Gitarristen aus Tupelo, Mississippi zu begleiten war das Phänomen Rock N´ Roll erst wenige Jahre alt. In zuvor ungehörter Weise hatte jener Mann, den Wertheimer fotografieren sollte, die weiße und schwarze Musiktradition zu Rockabilly und Rock N´ Roll verschmolzen und damit den in Echo getränkten Sound einer Revolution geschaffen. Der Name dieses Mannes war Elvis Aaron Presley, die Bilder die Wertheimer von dem neuen amerikanischen Star schießen sollte wurden nicht nur Dokumente einer Ära sondern auch karrierebestimmend für den Fotografen selbst.
Credit Bild: © Alfred Wertheimer Taschen Verlag
Ein überaus attraktiv gestalteter Bildband aus dem Taschen Verlag präsentiert die Aufnahmen Wertheimers nun in beeindruckendem Großformat und dokumentiert anhand der ikonisch gewordenen Fotos jene frühe Zeit in der Karriere des King, als er nach den Pionieraufnahmen bei Sam Philips legendären Sun Records in Memphis sein erstes Full Length-Album für sein neues Label RCA aufnahm.
Auffallend ist dabei die geringe Distanz zwischen dem Star und dem Fotografen, der stets sehr nah dran am Geschehen war und durch seine Momentaufnahmen den Alltag des Kings in plastischer Weise nachvollziehbar macht. Wertheimer dokumentierte nicht nur Presleys Arbeit auf der Bühne oder wie er von unzähligen Fans bestürmt wird sondern begleitete den King auch in Momenten abseits des gleißenden Scheinwerferlichts - etwa  bei Recording Sessions im Studio als Musikgeschichte geschrieben wurde oder auch in ganz privaten Momenten mit der Familie Presleys. So zeigen Wertheimers Bilder sowohl den professionellen Musiker Elvis als auch den Privatmann. Der Fotograf wurde zu einem Chronisten der Post-Sun Records/Pre-Army-Phase in  der beispiellosen Karriere Presleys und dokumentierte eine Zeit, als der Rock N´ Roll noch jung war. Auch als unter jenes Kapitel ein Schlussstrich gezogen wurde und der Soldat Elvis jenes Schiff  bestieg, das ihn nach Deutschland bringen sollte, war Wertheimer mit seiner Kamera dabei.
 
Credit Bild: © Alfred Wertheimer Taschen Verlag
Wertheimers expressive Aufnahmen sind Meilensteine in der Musikfotografie. Durch sie wurde der Mann, der den Auslöser betätigte, selbst berühmt. Der im Vorjahr 84-jährig verstorbene Fotograf hatte ein beeindruckendes Gespür für perfekte, atmosphärische Bildkomposition und ein sicheres Auge für ikonische Motive - so gut wie jedes Bild aus „Elvis And The Birth Of Rock And Roll“, fraglos einer der besten und schönsten Bildbände über den King, hätte auch ein ideales Plattencover abgegeben. 
Credit Bild: © Alfred Wertheimer Taschen Verlag


Alfred Wertheimer:
Elvis And The Birth Of Rock And Roll
Chris Murray, Robert Santelli
Hardcover, 26,5 X 37,4cm, 360 Seiten
€ 49,99