Donnerstag, 26. September 2019

TERRY O´NEILL - RARE AND UNSEEN

Credit Bild: © Terry O´Neill  ACC Art Publishing
“Terry was everywhere in the 60s - he knew everything and everyone that was happening" - Keith Richards

Geht es um eine retrospektivische Betrachtung der zahlreichen Meriten des britischen Starfotografen Terry O´Neill so tut man sich eigentlich  leichter damit jene überschaubare Gruppe  an Celebrities aufzuzählen , die er nicht vor der Linse hatte. Denn der Cast seiner unaufgeregten, ebenso klassisch wie modern anmutenden Bilder liest sich wie das Who Is Who der Rock N' Roll und Filmwelt. So würde die Liste jener Popkultur-Ikonen, die sich im Sucher von O´Neills Kamera fanden, locker mehrere Seiten füllen: von Hollywood zur Musikszene des Swingin' London, von Poiltikern zu Künstlern. Von Winston Churchill zu William S. Burroughs von David Bowie zu Elton John, von Kate Moss am Beginn ihrer Karriere zu Sean Connery oder Brit Ekland....
Credit Bild: © Terry O´Neill  ACC Art Publishing
Diese Superstars sind auch die Hauptfiguren in seinem jüngsten Buch “Rare & Unseen”, in dem bislang unveröffentlichte Shots aus dem umfangreichen Archiv des Fotografen vereint sind. Man hätte zwar gern mehr von den einzelnen Sessions gesehen und nicht nur
ein oder zwei Bilder  - doch die hier gezeigten sind ausnahmslos interessant, bisweilen sehr "candid" und vor allem unreleased.
Als Pionier der Backstage-Fotografie gelang es O'Neill eine spezielle Beziehung zu den von ihm abgelichteten Jetset-Größen aufzubauen. Davon zeugt nicht nur das handschriftliche Vorwort von Keith Richards am Beginn dieses coffee table-Bildbands oder die persönlichen Kommentare von Raquel Welch oder Brit Ekland über ihren Freund O'Neill----man merkt es auch in den teils geradezu intimen Aufnahmen - die in einer Zeit als Instagram noch nicht einmal angedacht war, einen seltenen, glamourösen Einblick in das Leben der unnahbaren Stars bot - ohne  dabei voyeuristisch oder sensationslüstern zu sein.
Credit Bild: © Terry O´Neill  ACC Art Publishing

Burning Desire - Jimi Hendrix: The Jimi Hendrix Experience Through the Lens of Ed Caraeff


Credit Bild: © Ed Caraeff  ACC Art Publishing
Flamme vs. Stratocaster.
Feuerzeugbenzin und ein Streichholz – mehr brauchte es nicht für einen der ganz großen Rock N' Roll-Momente zu schaffen.

Schon bevor der überirdische Gitarrenmagier James Marshall Hendrix seine Fender beim ersten großen Rock-Festival der Geschichte den Flammen übergab hatten Rockstars ihre Instrumente in Brand gesteckt. Der Killer Jerry Lee Lewis etwa entzündete schon mal sein Piano an und Pete Townshend donnerte seine Gitarre auf den Boden oder spießte gleich seinen Marshall Verstärkerturm auf. Doch was Hendrix da beim Monterey Festival machte kam einem semi-religiösen Akt gleich – eine Opferung, ein Ritual: "sacrifice what you love"...
In der Front Row von Monterey war damals auch ein 17-jähriger Fotograf der jene Momente festhielt und sich so alsbald in der illustren Riege der Rock N' Roll Photographer wiederfinden sollte. Hendrix auf den Knien wie er die Flammen geradezu beschwört - ein Bild für die Ewigkeit war geschaffen; es findet sich auch im Bildband "Burning Desire (ACC Art Publishing) wieder in dem Caraeff eindrucksvolle Momentaufnahmen seiner Begegnungen mit der Jimi Hendrix Experience Revue passieren lässt. Der Clou , dieser großartige Band zeigt lauter unpublished photos aus dem Archiv Caraeffs. Folgende Gigs (1967-1969) der Band wurden fotografisch in beeindruckendem Detailgrad festgehalten:

Monterey International Pop Music Festival: June 18, 1967
Hollywood Bowl: August 18, 1967
Anaheim Convention Center: February 9, 1968
Ackerman Union Ballroom: February 13, 1968
Hollywood Bowl: September 14, 1968
Whiskey-A-Go-Go: October 1968
Newport '69: June 20-22, 1969
Credit Bild: © Ed Caraeff  ACC Art Publishing
Credit Bild: © Ed Caraeff  ACC Art Publishing

Montag, 23. September 2019

Ai Weiwei - Papercut Portfolio: Ausstellung in Berlin

Credit Bild: © Ai Wei Wei  Taschen Verlag
Der chinesische Superstar Ai Weiwei zählt nicht nur zu den derzeit gefragtesten und bekanntesten Gegenwartskünstlern, er sorgt auch mit so gut wie jedem seiner zahlreichen Projekte für enorm viel Publicity  -  was einerseits an seinen  teils provokanten und sozialkritischen Entwürfen liegt und andererseits auch daran, dass sich der 62-Jährige auch nach Jahrzehnten im Art Business immer wieder neu erfindet: Bei seinem jüngsten Prestige-Projekt „Papercut Portfolio“ geht er reichlich abstrakt vor und  bedient sich einer alten Tradition seiner Heimat : dem  Scherenschnitt , einer chinesische Kunstform, die ganze  2.000 Jahre zurückreicht.

Exklusiv für den Taschen Verlag hat er im Gewand dieses  traditionellen Medium der bildlichen Erzählung eine Retrospektive auf sein bisheriges Schaffen kreiert.
Der kunstvolle Scherenschnitt als Reflexion über sein bisheriges Leben und Werk.

Das ungewöhnliche Projekt im Detail:
Papercut Portfolio besteht aus acht einzelnen Scherenschnitten, jedes dieser großformatigen Blätter ist aus hochwertigem, rot eingefärbtem Fine-Art-Papier gefertigt und behandelt entscheidende Stationen aus Ai Weiweis Biografie. Von seiner Zeit in New York in den 80er Jahren über seine Auseinandersetzung mit chinesischem Kunsthandwerk in Peking in den 90ern bis hin zum politischen Aktivismus in den jüngsten Arbeiten.
Jedes dieser Blätter der auf 250 Exemplare limitierten Collector's Edition wurde vom Künstler selbst signiert.

Diese auf den ersten Blick unscheinbaren, bei genauerer Betrachtung jedoch sehr aufwendigen Scherenschnitte kann man demnächst übrigens auch in Berlin sehen:
Anlässlich des mittlerweile schon traditionellen Galerienrundgangs, dem Charlottenwalk kann man am Freitag, den 27. September, im Taschen Store Berlin das gesamte "Papercut Portfolio" begutachten.

 WANN ?
 27. September, von 18 bis 20 Uhr
WO ?
 TASCHEN Store
 Schlüterstraße 39 (10629 Berlin)
Zur Person:
Ai Weiwei,wurde 1957 in Peking geboren. Auf eine einzelne Technik lässt er sich bei der Umsetzung seiner Ideen nicht reduzieren. So nutz er von Skulpturen und Installationen zu Architektur, Dokumentationen und Social Media eine Vielzahl von Medien. Der rote Faden dabei: fast immer stellen seine Arbeiten einen kritischen Kommentar zur Gegenwartskultur dar. Dies machte ihn nicht nur zur Fixgröße am Kunstmarkt und in den Medien sondern brachte ihm auch höchste Ehrungen ein: So ist er bspw. Träger des von Amnesty International vergebenen Ambassador of Conscience Awards 2015 und des Václav-Havel-Preises für kreativen Dissens der Human Rights Foundation 2012. Derzeit lebt und arbeitet er in Berlin.
Credit Bild: ©  Taschen Verlag

Donnerstag, 12. September 2019

LOS ANGELES – PORTRAIT OF A CITY


Credit Bild: ©  Robert J. Frank Taschen Verlag
Die Stadt der Engel: Für viele Touristen und Globetrotter ist der kulturelle Hotspot der hippe „Place to be“ , für andere ist die in permanentem Wandel begriffene  Metropole an der amerikanischen Westküste das Tor zur Chance auf eine Weltkarriere - eine geradezu mystische "City Of Stars" der Verheißung. So mancher findet sich wiederum auf dem harten Asphalt des Boulevard der Dämmerung, auf dem Träume zerschellen, wieder...

Obwohl L.A. eine – im Vergleich zur alten Welt – verhältnismäßig junge Stadt ist, ist sie wie wenige andere  eine fast schon irreale Projektionsfläche mit einer extrem wechselvollen Geschichte. Diesen rapiden Wandel in kurzer Zeit kann man auch im Großformat-Bildband LOS ANGELES – PORTRAIT OF A CITY, einer fotografischen Hommage an die Stadt nachvollziehen: angefangen von der ersten in Los Angeles entstandenen Fotografie bis hin zu den jüngsten Panoramabildern der ausufernden Metropole.

In unzähligen Bilddokumenten wird die Geschichte dieses faszinierenden Ortes nacherzählt und damit auch der  kulturelle, politische, industrielle und soziologische Wandel einer City eingefangen, die sich seit ihrer Gründung beständig weiterentwickelt hat -  vom Immobilienboom der 1880er Jahre bis hin zur unkontrollierten Zersiedelung im späten 20. Jahrhundert. 
Über 500 Bilder zeigen den Aufstieg Los Angeles' vom Brachland in der Wüste zum grünen Garten Eden, zu der Hauptstadt des Kinos und zum Wohnort von Celebrities - sowie zum Rock N' Roll-Mekka und zur berüchtigten Mob City (James Ellroy lässt grüßen).
Nur die 60s/70s und die jüngere Vergangenheit kommen im Vergleich zum ganz alten L.A. etwas zu kurz
- diese spannende Zeit hätte durchaus mehr Platz bekommen können. Dennoch sind die 572 Seiten dieses Buchs ein spannender Streifzug durch die pulsierende Großstadt, die auch für all jene interessant ist, die L.A. nur von der Leinwand her kennen.

Los Angeles. Porträt einer Stadt
Kevin Starr, David L. Ulin, Jim Heimann
Hardcover, 25 x 34 cm, 572 Seiten

History of Information Graphics + Signierstunde

Credit Bild: © Taschen Verlag
Vor ihnen gibt es heutzutage einfach kein Entkommen mehr: die in so gut wie allen Medien geradezu omnipräsente Infografik -  jene ungebrochen populären Helferlein mit denen versucht wird, teils komplexe Sachverhalte möglichst anschaulich und einfach darzustellen. Dabei handelt es sich jedoch mitnichten um ein neues Phänomen, dass erst in der technokratischen „data based society“ aufgekommen ist. Vielmehr reicht die Geschichte bzw. das Grundprinzip der Infografik schon Jahrhunderte (!) zurück und erstreckt sich über viele Länder, Medien und Epochen: von mittelalterlichen Manuskripten bis zu farbigen Druckgrafiken, von Pergamentrollen bis zu Atlanten, von handgemalten Diagrammen bis zu heutigen digitalen Datenkarten.

Diese lange und teils durchaus überraschende Tradition der Infografik zeichnet ein neuer im Taschen Verlag erschienener Bildband anhand von über 400 Karten, Diagrammen und Zeichnungen nach -  und zeigt einerseits wie ein recht trockenes Thema ansprechend beleuchtet werden kann und andererseits wie vielfältig diese spezielle Form visueller Wissensvermittlung sein kann.

Passend zum Release dieses Buchs gibt es kommende Woche in Berlin ein Event mit den Autoren und Infografik-Experten Sandra Rendgen, Michael Stoll und Julius Wiedemann, die  ihr Werk nicht nur präsentieren sondern es auch signieren werden:

WANN ?
Freitag, den 20. September, von 18 bis 20 Uhr
WO ?
 TASCHEN Store
 Schlüterstraße 39 (10629 Berlin)
Credit Bild: © Taschen Verlag

Credit Bild: © Taschen Verlag

Montag, 2. September 2019

ELLIOTT LANDY – WOODSTOCK VISION


Credit Coverbild: © Elliott Landy  Zweitausendeins
Die globale Liebes-Umarmung ...“Take the world in a love embrace” sang einst Steppenwolf-Frontman John Kay während Captain America und Billy auf ihren Stahlrössern in “Easy Rider” den Highway entlang bretterten. Besser konnte man den Grundgedanken, welcher der Hippie-Bewegung zumindest ideell zugrunde lag wohl kaum beschreiben -  der Höhepunkt dieses Ideals und die Manifestation, dass der utopische "Love & Peace"-Gedanke vielleicht doch Realität werden konnte, war das legendäre gewordene Woodstock-Festival . Dieses feiert ja heuer -  der ein oder andere mag es womöglich noch nicht gehört haben 😊  – 50 jähriges Jubiläum.

Die Hardfacts zum Jahrhundertereignis lesen sich wie eine Auflistung von Superlativen 
(viele Acts wurden durch das Festival zu Superstars). Sie liest sich jedoch ebenso wie eine Mär vom Vorbeischrammen an einer Katastrophe: Die Organisation der „Woodstock Music & Art Fair presents An Aquarius Exhibition – 3 Days of Peace & Music, so der vollständige Name der Veranstaltung, war gelinde gesagt improvisiert, das Besucherinteresse wurde vollkommen unterschätzt. Gut 60.000 Musikfans wurden von Veranstalter Michael Lang und seinen Partnern erwartet. Je nachdem welchem zeitgenössischen Bericht man Glauben schenkt, machte sich jedoch eine schier endlos anmutende Karawane von fast einer Million Hippies auf den Weg zum Festivalgelände. Ein totaler Verkehrskollaps war die Folge, die Anreise wurde zum  Chaos, am Schluss erreichten schätzungsweise 400.000 Personen das bald durch starke Regenfälle im Schlamm versinkende Gelände. Was logistisch einem Super-GAU gleichkam endete jedoch - teils dank der sehr entspannten Besucher, aber auch durch das sanitäre Eingreifen des  Militärs - nicht in einer Tragödie. Und dass all dies so über die Bühne gehen konnte, lag sicher auch am Spirit einer Generation.

Woodstock war ja immer schon mehr als "nur" ein ikonisches Festival. Um es pathetisch auszudrücken: der Geist von Woodstock flackerte womöglich in jenem Feld in Bethel zum letzten Mal auf, doch prägte er generell die Zeit vom Summer Of Love bis zum Ende der Sixties. Der Rock N´Roll Photographer Elliott Landy war in dieser Zeit immer ganz vorne mit dabei: sowohl in Woodstock als offizieller Dokumentarist des Geschehens während jener 3 Tage als auch als Fixgröße in einer boomenden Counterculture-Szene.
So nahm er mit seiner Kamera an Demonstrationen und Sit-Ins teil und stand bei Gigs von Janis Joplin,  The Band, Bob Dylan oder Van Morrison in der ersten Reihe. 
Im neu im Zweitausendeins-Verlag erschienenen Bildband „Woodstock Vision" kann man diese eindrücklichen Bildern nun am heimischen coffee table betrachten.
Elliotts Bilder sind ästhetisch in ihrer Dynamik und Farbdramaturgie klar vom damaligen Zeitgeist beeinflusst. Bisweilen scheinen sie das Feeling der eingefangenen Musikperformances zu spiegeln und wirken geradezu psychedelisch.
Mit diesem Bildband gelang Landy eine beinahe wehmütige Hommage nicht nur an Woodstock sondern an eine ganze Generation.

REMBRANDT - DIE SELBSTPORTRÄTS


Credit Coverbild: © Taschen Verlag
Die Selbstbildnisse der großen alten Meister der Malerei sind historisch bedingt meist die einzigen Dokumente, die der Nachwelt zeigen, wie diese Pioniere ausgesehen haben. So gut wie jeder klassische Maler verewigte sich selbst - besonders häufig tat dies Rembrandt Harmenszoon van Rijn (* 15. Juli 1606 in Leiden; † 4. Oktober 1669 in Amsterdam).
Er schuf über 80 Selbstdarstellungen in Form von Gemälden, Radierungen und Zeichnungen – mehr als jeder andere Künstler vor ihm.

Für den gefragtesten Maler Amsterdams waren diese Selbstbildnisse vor allem die Möglichkeit stilistisch zu experimentieren. Dementsprechend vielfältig sind dann auch die Darstellungen: mal zeigt er sich als normaler junger Mann, dann  in der Pose des Soldaten oder gar im biblischen oder mythologischen Gewand. Auf manchen dieser detailreichen Bilder wirkt er nachdenklich, geradezu melancholisch, dann wieder sieht man ihn in seinem Element beim Schöpfungsakt an der Staffelei. Rembrandts Bilder dokumentierten so nicht nur den eigenen Alterungsprozess sondern auch unterschiedliche Facetten seiner Persönlichkeit.
Kunsthistorisch betrachtet, wohnt diesen Bildern mit ihrer präzisen Erfassung von Stimmungen, Mimik, und teils flüchtigen Momenten durchaus revolutionäres Potential inne. Im Gegensatz zu vielen seiner Vorgänger stand für den Niederländer nicht die idealisierte Form einer Selbstdarstellung im Mittelpunkt sondern vielmehr eine extrem genaue, teilweise geradezu schonungslose Selbstbeobachtung.

Anlässlich des 350. Todestages des Künstlers präsentiert ein neuer Taschen-Band nun sämtliche Selbstporträts. Die Monographie mit faszinierendem Hologramm-Cover richtet natürlich in erster Linie an Kunsthistoriker und Rembrandt-Hardcore-Fans und zeigt in aufwendigen Reproduktion die ersten Werken im Alter von 22 bis zum letzten Bildnis, das kurz vor seinem Tod entstand, als der einstige Superstar völlig verarmt starb.
  
Rembrandt. Die Selbstporträts
Volker Manuth, Marieke de Winkel
Hardcover mit Hologramm, 25,9 x 34 cm, 176 Seiten
ISBN 978-3-8365-7701-4
Ausgabe: Deutsch

BETTIE ! - THE INCOMPARABLE BETTIE PAGE ARCHIVES OF IRVING KLAW


Credit Coverbild: © PSG
Heute gilt sie als die unangefochtene „Queen Of Pinup“, eine Rock N´ Roll-Ikone , die als geheimnisvoller Dark Angel das nachtschwarze Gegenstück zur blonden Marilyn Monroe darstellte: Bettie Page (* 22. April 1923 in Nashville, Tennessee; † 11. Dezember 2008 in Los Angeles, Kalifornien).
Die legendäre Page arbeitete zwar nur einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum als Fotomodell, ihre Aufnahmen die in Zusammenarbeit mit US-Fotografen wie Bunny Yaeger oder Irving Klaw entstanden, prägen jedoch bis heute die Pin Up-Szene und gelten schlichtweg als Kult. Zur Zeit ihrer Entstehung war dies jedoch noch ganz anders.
Zwar zierten Pinups die Spinde heißblütiger Männer und die Flugzeuge der Soldaten im Dienste Uncle Sams, doch insgesamt waren die USA in den 40s und 50s über weite Strecken noch sehr konservativ:  Rockabilly und  Rock N´Roll waren noch jung und ohnehin ein Affront für die Altvorderen , die sexuelle Revolution lag noch in weiter Ferne: Magazine mit Pinup-Girls stellten also eher ein Fall für den mehr oder minder heimlichen Verkauf unterm Tresen dar.

In der von Paranoia geprägten McCarthy-Ära ängstigte man sich vor vermeintlichen Kommunisten in der Nachbarschaft mindestens so sehr wie vor der Darstellung von Erotik.
Auch Pages Arbeiten mit Irving Klaw die zwischen 1952 und 1957 entstanden, waren so manchem selbsternannten Sittenwächter ein Dorn im Auge. Ein gewisser Senator Kefauver versuchte etwa „Pornographie“ mit jugendlicher Kriminalität in Verbindung zu bringen und hielt die gefürchteten „Kefauver Hearings“ ab – dort musste auch der zuvor erwähnte Fotograf Irving Klaw aussagen, der eine Razzia der Bundesbehörden befürchtete und sein Archiv unzähliger Aufnahmen -  darunter zahlreiche mit Bettie Page – vernichtete. Dass die Nachwelt von den ästhetischen Pionierleistungen des Duos Klaws/Page weiß, ist vor allem der Schwester des Fotografen zu verdanken, die einen Teil der Bilder heimlich rettete.

Heute kann man diese verbliebenen Aufnahmen des Dark Angel im großformatigen Luxus-Bildband „Bettie ! - The Incomparable Bettie Page Archives Of Irving Klaw“ aus dem Hause Press Syndication Group (PSG) ,einem Independent- US-Verlag, der sich ganz dem Thema  „museum quality photography books“ verschrieben hat, bewundern. Die monochromen Aufnahmen der Schönheit aus Tennessee wirken aus einem Film Noir. Die Femme Fatale mit dem ikonischen Pony-Haarschnitt in BDSM-Posen…wenige konnten so gekonnt zwischen sorgloser Unschuldigkeit und Laszivität switchen wie Page.
Betrachtet man diese Bilder aus einem modernen, heutigen Blickwinkel lässt sich natürlich mitunter schwer nachvollziehen, dass diese  ästhetisch sehr hochwertigen Bilder einst einen solchen moralischen  Aufschrei nach sich zogen, man muss sich eben die
ambivalente Einstellung der damaligen Zeit zum Thema Erotik & Sex (der berüchtigte Hays Code in Hollywood ist nur ein Beispiel dafür)  vergegenwärtigen.
„The Incomparable Bettie Page“ ist jedenfalls eine schöne Werkschau und ein attraktiver
Sammlerband mit heute als durchaus ikonisch zu bezeichnenden Aufnahmen und Bilderserien.