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Pinup-Legende Bettie Page am Strand, fotografiert von Bunny Yaeger Credit Bild: © Taschen Verlag |
Eine gewisse lyrische Tendenz lässt sich hier also durchaus ablesen, die Liste an „Songs About Gams“ könnte man jedenfalls noch beliebig lange fortführen. Doch auch abseits der Recording Industry waren es interessanterweise immer wieder Beine - und weniger die -ähem- offensichtlicheren Busen & Pos - auf die der Fokus gerichtet wurde. Ein Blick durch unterschiedliche Epochen der Geschichte zeigt, dass dieser Körperteil immer wieder im Fokus stand: In viktorianischen Zeiten, gemeinhin eine Ära schwelender Prüderie und noch stärkerer Doppelmoral, barg schon die bloße Erwähnung des Wortes „Beine“ die Gefahr, die Gentlemen des Empire in Raserei zu versetzen und sollte daher - Etikette ist schließlich alles - tunlichst vermieden werden. So will es zumindest die Legende. Die Befreiung des Beins - auch durch die sich ändernde Damenmode - war wiederum ein Teilaspekt der Emanzipationsbewegung und veränderter Sexualmoral.
Im Hollywood zu Zeiten der Selbstzensur des Motion Picture Production Codes, auch als Hays-Code bekannt, durfte man wiederum auf dem Silver Screen wenig zeigen, das (nur vermeintlich) unverfänglich-unschuldige Bein war davon jedoch nicht betroffen, was für einige erotisch aufgeladene Szenen sorgte, die nicht den Scheren der Sittenwächter zum Opfer fielen. Tänzerin Cyd Charisse wiederum war nicht nur für ihre komplexen und eleganten Tanzchoreographien mit Fred Astaire berühmt, sondern auch für ihre 48,5 Millionen Dollar Beine . Und die Spinde und Kriegsgeräte zierenden Pinup-Girls der amerikanischen GIs waren für ihre "Legginess" berühmt.
Man sieht: Die (Pop-)Kulturgeschichte dieser Körperteile ist so lang wie die unteren Extremitäten einer Laufstegschönheit nach Pariser Gardemaß. Dementsprechend umfangreich und schwer (372 Hochglanz-Seiten im XL-Format) ist dann auch "The Big Book Of Legs" ausgefallen, das nun in einer Neuauflage erschienen ist. Darin entwirft Autorin Dian Hanson (als ehemalige Herausgeberin des „Leg Show“-Magazins eine Kapazität auf dem Gebiet anatomischer Forschung unter ästhetischen Gesichtspunkten) anhand von teils rarem Bildmaterial und witzigen Essays eine soziokulturelle Chronik sich wandelnder Körper-(Selbst-)Bilder und Schönheitsideale.
Der Fokus liegt dabei vor allem auf Vintage-Aufnahmen mit historischen Aufnahmen von 20er Jahre-Flapper Girls oder klassischen Pinup-Bilder von Bettie Page. Man sieht Arbeiten der Fotografie-Pioniere Bunny Yaeger, Elmer Batters oder Peter Gowland. Es sind dies teils seltene Aufnahmen, die auch eine Geschichte der sexuellen Revolution erzählen. Beim Gipfel jener Bewegung endet dieses Buch jedoch, der Bogen wird nur bis zu dem Ende der 60er gespannt, vor den 70ern ist kurioserweise Schluss.
Hier wurde eine Gelegenheit verpasst auch die "Leg Affinity" der MTV-Musikvideos ab den Achtzigern oder die modernere Fashion-Obsession für Beine - Nadja Auermann anyone? - zu beleuchten. Schöne Beine kommen schließlich nie aus der Mode. Dennoch ist dieser Bildband ein schönes Sammlerstück, das sowohl in einer XL-Edition mit originellem Einband als auch als handliche Kompakt-Variante mit weniger Bildmaterial und ohne lange essayistische Begleittexte erhältlich ist.
The Big Book Of Legs" und "The Little Book of Legs", beide erschienen im Taschen Verlag
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Credit Coverbild: © Taschen Verlag |