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Bandinterne
Krisen sollten schließlich dafür sorgen, dass das Ende dieses epochemachenden Kollektivs
schneller kam, als es die Legionen von Fans damals für möglich gehalten hätten. Nach dem
Trip ins acid-getränkte Pop-Schlaraffenland im den Zeitgeist verkörpernden
„Sgt,. Peppers Lonely Hearts Club Band“ von ´67 war der große Hangover beim
Aufwachen nun unvermeidlich.
Das
schlichtweg „The Beatles“ betitelte Doppelalbum - dem „weißen Album“aufgrund seines
unifarbenen, vom britischen Malers und Grafikers Richard Hamilton designten
Covers - war ein deutlicher Kontrast zum Vorgänger. Während die
andere große Ex-Beat-Band, die Stones auf ihrem im selben Jahr veröffentlichten
„Beggars Banquet“ den Traum Dylans die Toilette runterspülten, blickten die
Plattenkäufer beim „White Album“ ins Nichts. Was war das ? Ein Peace-Zeichen ? Eine
nihilistische Botschaft ? Ein reines Style-Statement? Bis heute ungebrochen ikonisch
in jedem Fall, zumal die weiße Leinwand ja eine Projektionsfläche für diverse
Interpretationen jedes einzelnen Zuhörers bot.
Musikalisch
zeigten sich die Liverpooler so divers wie nie zuvor: War der Vorgänger ein
stilistisch kohärentes Konzeptalbum, bleibt
das „White Album“ – die einzige Doppel LP in der Diskographie der ehemaligen Pilzköpfe – ihr eklektischstes Werk. Ein wilder Genre-Mix, der nicht zuletzt aufgrund der vollends fehlenden
Pausen zwischen den Tracks, dennoch wie aus einem Guss wirkt. Hier verarbeiten Lennon, McCartney, Harrison und Starr nicht nur pointierten „social
commentary“ über die sich ändernden Zeiten (Stichwort: „Revolution “ oder „Happiness
Is A Warm Gun“) sondern zeigen auch überdeutlich ihre mannigfaltigen Einflüsse: Bis auf puren Rockabilly als Reminiszenz
an ihre Hamburger Star Club Tage fehlt hier so gut wie kein Genre: typischer
Brit-Pop, Akustikballaden, Country-Anklänge, angelsächsisch geprägter Blues (Lennons “Yer
Blues“), das wohl heavieste Beatles-Stück ever -das rüde Garagen-Rock-Inferno von „Helter
Skelter“ , melancholische Rockhymnen („Harrisons „While My Guitar Gently Weeps
mit Eric Claptons ikonischem, flanger-getränkten Gitarrensolo)...
Ja, Insgesamt ist das nicht nur die vielfältigste sondern vielleicht auch die beste Platte der Beatles.
Ja, Insgesamt ist das nicht nur die vielfältigste sondern vielleicht auch die beste Platte der Beatles.
Eine
dunkle (musik-)historische Sidenote: Mit dem „White Album“ gelang den Beatles
nicht nur das Kunststück in Rekordzeit einen mindestens ebenbürtigen Vorgänger
zum einflussreichen „Sgt. Peppers“ einzuspielen, der auch ähnlich erfolgreich
war.
Der von den
Beatles besessene, berüchtigte Charles Manson war in obsessiver Manier vom
weißen Album und insbesondere dem Song „Helter Skelter“ fasziniert, den er –
obwohl es in Wahrheit überhaupt keinen Zusammenhang mit den Kompositionen und
Lyrics der Beatles gibt - als Bestätigung seiner kruden Theorie eines kommenden
„Rassenkrieges“ interpretierte bzw. umdeutete;im Zuge von Mansons irren Plänen
kam es 1969 zu den von Mitgliedern der „Manson-Family“ begangenen
Tate-LaBianca-Morden.
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Die 2018er
Neuauflage eines Klassikers:
Nun zum 50th Anniversary wird das „White Album“
reissued – u.a. in einer Limited 3 CD Deluxe Version. Diese verbindet die übliche
Digipak-Ästhetik mit Anklängen an die gute alte, kultige Vinyl- Schallplatte: Prägedruck
auf der Vorderseite, drinnen Fold-Out-Poster mit Booklet.
Das
bekannte Klassiker-Album ist dabei auf 2 Discs aufgeteilt. Der Bonus Content findet
sich auf Disc 3, die sog. Esher Demos - frühe Versionen jener Songs, die schließlich
am Album landeten. Die ganz große Entdeckung findet man auf dieser Reissue
nicht, was sich aber auch als schwierig herausstellt bei einer Band wie den
Beatles, deren Karriere derartig gut dokumentiert ist und von denen es schon so
viele Boxsets und Neuauflagen gegeben hat. Für die
Hardcore-Fans die hier die Entwicklungsstufen der legendären Songs nachvollziehen
können, aber sehr hörenswert.
Insgesamt ist
dieses Anniversary-Release wieder eine toll klingende, schön gestaltete Reissue
– bei der ich persönlich meine alte 60er Vinyl vom White Albums gerne als Museumsstück
im Regal lasse und stattdessen diese mehr als gelungene Neuauflage im Player
rotieren lasse.