Freitag, 28. September 2018

Eine kleine Geschichte der Geschwindigkeit: Shredders! – The Oral History of Speed Guitar (and more)

Credit Bild: © Edition Olms   Richard Galbraith  Jawbone Press
“How fast can you play?”
“What guitar do you have?”
“Who is better, Van Halen or Steve Vai?”

Mitunter durchaus essentielle und zentrale Fragen im Zuge dessen, was (zumindest bislang) wohl die letzte große, breitenwirksame Revolution im Bereich Gitarre darstellte.
Nach den Heavy Blues-Pionierleistungen der Sixties durch Clapton, Beck, Hendrix oder Page machten sich Gitarristen ab den Seventies daran, die Schallmauer zu durchbrechen.
Ein gewisser Edward Van Halen war maßgeblicher (Mit-)initiator jener neuen Welle der Six String-Attacke: er machte plötzlich Dinge auf seiner Sechssaitigen die man bis dahin in dieser Form nicht kannte: von high speed runs zu wildem Tapping in Anlehnung an das aus der Klassik pizzicato-Spiel. Was bei EVH Ausdruck seines persönlichen, idiosynkratischen Stils war, wurde bald zur Mode, fand unzählige Epigonen und dominierte die Eighties über weite Strecken: Das Phänomen Shred war geboren – und für die einen war es ein way of life ( speed kills, von wegen…) für andere der Untergang jeglicher Musikalität.

Die ganze ungeschnittene Geschichte des Spiels bar jeglicher Geschwindigkeitslimits wird in Geg Pratos Buch "Shredders! – The Oral History of Speed Guitar - The Oral History of Speed Guitar (and more)"  entworfen (erschienen bei Edition Olms, komplett in Englisch).
Dabei bedient sich der Autor der wissenschaftlichen Methode der oral history.
Soll heißen die Praktiker jenes Genres - Kotzen, Friedman über Gilbert zu Saraceno und Co -  kommen hier zu Wort. Sie kommentieren andere Player und zeichnen anhand ihrer Erinnerungen ein plastisches, wenngleich natürlich sehr subjektives  Bild der einst florierenden Shred-Szene vor der großen Grunge-Zeit, die kurzfristig Schluss mit Saiten-Akrobatik machte.

Dadurch dass Prato seine zahlreichen Interviewpartner einfach erzählen lässt, wird zwar
einerseits ein sehr klares und nah an der Realität befindliches Bild der 70s/80s/early 90s gezeichnet - allerdings fehlt hier jegliche zusätzliche musikhistorische Einordnung. Gerade eine solche hätte Pratos Buch – das ja eines der wenigen über dieses Phänomen ist – wesentlich abgerundet.
Spannend und hochinteressant zu lesen ist der Band  – mit einem Vorwort von Rushs Alex Lifeson und einem Nachwort von Ex-Scorpion Uli Jon Roth – aber für Gitarren-Fans dennoch, zeigt er doch eine umfangreiche, individuelle Betrachtung des „Speed Guitar“-Phänomens

Bibliographsiche Angaben
 Englische Originalausgabe / Original English edition. 400 Seiten mit ca. 50 Fotos. Klappenbroschur 15 × 21,5 cm
ISBN-10: 3-283-01268-7
ISBN-13: 978-3-283-01268-7
€ (D): 19,99
€ (A): 20,60
sFr.: 29.95

50 Jahre Licht und Schatten: LED ZEPPELIN – MUSIK UND MYTHOS

Credit Coverbild: © Hannibal Verlag

Vor genau 5 Jahrzehnten spielten Robert Plant, Jimmy Page, John Bonham und John Paul Jones  ihren ersten Gig. 50 Jahre in denen die Songs Led Zeppelins, nachdem sie bereits zum Release-Zeitpunkt Hits waren zu absoluten Klassikern wurden:
Ob das hormongeschwängerte „Whole Lotta Love“ , das psychedelische „Dazed And Confused“ oder das epische „Stairway To Heaven“ – das alles sind Songs, die andere Musiker bis heute maßgeblich inspirieren, zum Pflichtinventar des Classic Rock Radios gehören und die  letztlich die vollendete Blaupause für das Heavy Rock-Genre darstellen.

Die Band selbst ist jedoch wohl endgültig Geschichte, eine neuerliche Reunion scheint ausgeschlossen – ihr bleibendes Vermächtnis, die legendären Songs, bestehen jedoch  - und sind der Dreh und Angelpunkt für eine sehr lesenswerte Buch-Neuerscheinung.
Autor Martin Popoff entwirft in seinem umfangreichen „Led Zeppelin- Musik und Mythos“ eine Retrospektive auf die wegweisende Band; und die ist nun passend zum 50th Anniversary in deutscher Erstausgabe im Hannibal Verlag erschienen.
Album für Album und Song für Song, von „I“ bis „Coda“ – hier wird der gesamte „recorded output“ der Brit-Legenden unter die Lupe genommen. Das ist natürlich ein ziemlicher „in depth“- Kurs, voll mit Infos und vor allem  gut geschriebenen Texten, der sich nicht nur an jene richtet, die die Band gerade erst für sich entdecken.

Dafür wird nicht zuletzt durch das wirkliche ausgewählte Bildmaterial gesorgt.
Denn Popoffs handlicher Led Zep-Guide  ist nicht nur ein lexikales Nachschlagewerk , in dem in kompakte Kapiteln die wichtigsten Hard Facts zum Hard Rock bzw. alle Songs und ihre Genesis beschrieben werden. Aufgrund der vielen Illustrationen ist das – mit den unglaublich stilisierten Livefotos und Shots hinter den Kulissen – gleichzeitig auch ein veritabler Bildband, mit teils seltenen Aufnahmen.

So gelingt  Popoff mit „Led Zeppelin- Musik und Mythos“ eine sehr komplette Historie der einflussreichen Gruppe zu entwerfen. Gerade wenn er die Blues Roots manches Zeppelin-Songs beleuchtet wird das Buch zum musikhistorischen Nachschlagewerk , das auch für den langjährigen Led Zep-Anhänger lesenswert ist.

Bibliographische Angaben:
Martin Popoff
Led Zeppelin - Musik und Mythos
Übersetzung: Paul Fleischmann
Hardcover, 24,6 x 19 cm, 256 Seiten
ISBN 978-3-85445-640-7
€ (D) 25,00 / € (A) 25,00

Mittwoch, 26. September 2018

PAUL MCCARTNEY - EGYPT STATION


Credit Bild: © Universal Music 
Sir Paul ist wirklich ein Phänomen. Obwohl McCartney eigentlich niemandem mehr etwas beweisen muss, geht er konstant auf Tour und veröffentlicht regelmäßig neue Alben,
die - wenn man an den Retro Jazz bei „Kisses On The Bottom“ oder sein letztes Studiowerk „New“ zurückdenkt - immer ungewöhnlich und überraschend ausfielen.
Auch sein jüngstes Opus, das mystisch betitelte „Egypt Station“ bildet da keine Ausnahme und zeigt  die lebende Legende in besonderer Experimentierlaune.
MCartneys Imagination scheint immer noch vor Ideen regelrecht zu bersten - immerhin wartet die Deluxe Version seines neuen Studioalbums gleich mit 16 neuen Tracks auf.
Und diese nehmen den Hörer auf eine ziemlich unvorhersehbare, bisweilen gar seltsame Reise mit.Denn ungeachtet des Faktums dass McCartney seit dem Ende der Wings ja in viele unterschiedliche künstlerischen Richtungen gegangen ist, präsentiert sich „Egypt Station“ als ziemlich untypisches McCartney-Album. Wäre da nicht seine wohlvertraute Stimme - bei manchem Track wäre die Identifikation als Song  eines Ex-Beatle schwierig. „Egypt Station“ zeigt Pop in all seinen Schattierungen – völlig ohne Berührungsängste mit zeitgeistigen Ausflügen, auch wenn einem diesmal tiefergehende Experimente mit Kanye West erspart bleiben…

Die mehr ein-als zweideutige  erste Singleauskopplung „Fu You“ steht zwar thematisch in der Tradition von hormonell gesteuerten McCartney-Klassikern wie „Why Don´t we Do It In Th Road“ vom weißen Album oder „Hi Hi Hi“ (da kam ja immerhin eine ominöse Sweet Banana vor) und ist doch purer in Millennial-Pop mit einem Refrain, der auch von einem Instagram-Pop-Phänomen stammen könnte. Das kann man als alter Fab Four-Fan nun als befremdliche Annäherung an den modernen Instant/Insta-Pop sehen, oder als Demonstration, dass McCartney genreübergreifend  nach wie vor einer der treffsichersten Songwriter ist und bleibt.
Credit Bild: © Mary McCartney     Universal Music
 Immer dann, wenn „Egypt Station“ in einen allzu zeitgeistigen Korridor abzudriften droht, kommen jedoch imme wieder die typischen Signatures dieser Legende zum Vorschein: die filigranen Akustikarrangement oder die Amalgamation von Klassik und Populärmusik und natürlich vereinzelt Anklänge an den frühen Beat wie beim an die 60s gemahnenden „Come On To Me“. Mit „Despite Repeated Warnings“ ist dann auch noch ein hochpolitischer Song dabei.

So schafft „Egypt Station“  es – im Gegensatz zu manch anderem Album arrivierter Heroes – den Hörer tatsächlich zu überraschen. McCartney geht nicht auf Nummer sicher – auch wenn manche Idee nicht richtig zünden mag. Dass hier kein den großen 60er/70er Sachen ebenbürtiges Werk erscheinen wird, war erwartbar , insgesamt ist die Platte -  die wieder die Nr. 1 der Charts erklommen hat -  also eher ein solides Spätwerk. Jedoch ein Spätwerk, eines Musiker der immer noch Spaß am Musizieren hat und vor beeindruckender Energie sprüht und wie eingangs erwähnt, ja eigentlich  eh keinem mehr was beweisen muss – außer vielleicht sich selbst – das ausufernde „Egypt Station“ ist jedenfalls ein Indiz dafür.

Donnerstag, 20. September 2018

IAN GILLAN AND THE JAVELINS


Credit Coverbild: © Ear Music Edel
The Javelins – dieser Name bringt wohl nur bei den allerhärtesten DeepPurple-Experten eine Saite zum Schwingen. Tatsächlich handelt es ich bei dieser relativ obskuren Gruppe um die erste Band von Purple-Sänger und Rocklegende Ian Gillan, mit der dieser einst durch die Clubs tingelte und jene Musik spielte, die man seinerzeit unter Beat subsumierte. Diesen typischen Brit-Sound hat er nun passend  zur allgemeinen Retro-Wellle reaktiviert und mit  jener Jugendband, der einst der große Durchbruch verwehrt blieb, gleich ein komplettes Album eingespielt.

„In den frühen 60ern hat man The Beatles Chubby Checkers ‘Twist And Shout’ im Cavern Club in Liverpool covern sehen oder die Rolling Stones mit Chuck Berry’s ‘Come On’ im Station Hotel in Richmon…, und The Javelins haben Howlin Wolf’s ‘Smokestack Lightning’ im Wistowe House in Haye gespielt.” sagt  Ian Gillan retrospektiv über die damalige, ungemein kreative Szene. 
Wie die meisten damals aktiven UK-Bands sogen auch die Javelins die Einflüsse ihrer amerikanischen Vorbilder aus dem frühen Rock N´ Roll, Blues und Soul auf und spielten sie in ihrer eigenen Version nach. Covers der Legenden von  Ray Charles über Howlin Wolf zu Chuck Berry bis zum Killer Jerry Lee Lewis bilden dann auch das Herzstück dieser 2018er Platte der Javelins, die ein nostalgischer Trip in jene versunkene Beat-Epoche ist.
Gillan meint über die Tracklist der CD: „Diese zeitgenössischen Aufnahmen von The Javelins stammen aus unserer Setlist von ca. 1963, als ich etwa 18 Jahre alt war. Nun, ein paar Jahre später, habe ich das Privileg und die Freude mit meinen alten Kumpels aus der originalen Gruppe Gordon Fairminer (Lead Gitarre); Tony Tacon (Rhythmus Gitarre); Tony Whitfield (Bass) und Keith Roach (Schlagzeug) zusammenzuarbeiten, indem wir eine lange überfällige L.P. aufnehmen.“

Recorded wurde das Album unter Vermeidung allzu moderner Technikspielereien in dne Hamburger Chameleon Studios, während einer nur viertägigen Recording-Session im März 2018. Keyboard-Großmeister Don Airey übernahm als Gast den Platz am Piano.    Herausgekommen ist dabei keine Neudeutung der bekannten Klassiker und kein Proto Purple Sound mit heavy Interpretationen, sondern eine recht nah an dne Originalen befindliche Einspielungen der bekannten Evergreens.
Diese hat man in den vergangenen Jahrzehnten durchaus schon mal mit mehr Drive gespielt gehört, die Grenze von old school zu richtiggehend old fashioned wird hier  - wohl durchaus bewusst -  überschritten.
Das ändert jedoch nichts an dem Umstand, dass diese CD  100 % authentisch und ein richtiges good time-Album ist.  Bis auf die natürlich gereifte, gleichzeitig nach wie vor kraftvolle Stimme Gillans und die sehr gute Soundqualität könnte das wirklich ein verschollenes Album aus der Hochphase der von den Altvorderen der damaligen Zeit so verhassten Beat Musik sein - Ein Album wie ein Frühabend-Set in einem Londoner Club der frühen Sechziger.

A Paranormal Evening With Alice Cooper At The Olympia Paris

Credit Bild: © Ear Music Edel
Im letzten Sommer sorgte der ewige Schockrocker Alice Cooper für eine der großen Album-überraschungen 2017. Nicht nur, dass „Paranormal“ weltweit ungewöhnlich erfolgreich war, die CD begeisterte auch mit inspirierten neuen Songs, illustren Gaststars wie Billy Gibbons (ZZ TOP), Roger Glover (Deep Purple) und Members der alten Cooper-Band Auch im Sound ging es weg vom Metallischen hin zum bluesigen Sound der frühen Jahre.

 Überraschungen dieser Art findet man auf dem eben erschienenen neuen Live-Album „A Paranormal Evening With Alice Cooper At The Olympia Paris“ nicht. Vielmehr gibt es hier eine detailgenaue Bestandsaufnahme des Status Quos bei rezenten Alice-Live-Spektakeln zu hören.
Entstanden ist das Live-Dokument am letzten Abend der  „Paranormal Tour“  im weltbekannten Olympia in Paris. Die 90-minütige Rockshow aufgeteilt auf 2 CDs bietet ein Konzert  zwischen Gassenhauern der Marke „Poison", „School's Out" oder „No More Mr. Nice Guy" , 70er Schmankelrn wie „Only Women Bleed“ und Material der späteren und aktuellen Phase wie  „Pain”, „Woman of Mass Destruction” und auch „Paranoiac Personality”. Coopers Band ist gewohnt tight – die Gitarristen Tommy Henriksen and Ryan Roxie präsentieren  eher den frühen old school sound der Alice Cooper Band, Sechsaiten-Wirbelwind Nita Strauss steht eher  für die 80s Shred-Fraktion des zweiten Karrierefrühlings des Vincent Furnier.
Credit Bild: © Ear Music Edel
Der Paris-Gig ist weniger ein paranormaler Abend als vielmehr „business as usual“ bei einer Cooper-Show  - das bedeutet aber natürlich dennoch sehr hohes Niveau und ist damit ein
solides Live-Dokument mit dem ewigen 18-Jährigen: Eine Platte für die Fans.

Dienstag, 11. September 2018

JIM MARSHALL: JOHNNY CASH AT FOLSOM & SAN QUENTIN


Credit Bild: © Jim Marshall 
Es ist zweifelsohne eine der bekanntesten Aufnahmen vom Man in Black: Johnny Cash steht auf der Bühne, seine Akustikgitarre um die Schulter geschlungen und streckt einem Fotografen den Mittelfinger entgegen. Entstanden ist dieser Schnappschuss hinter Gitter, in San Quentin, einem der härtesten Knasts der USA um genau zu sein. Eingefangen hat ihn der legendäre Jim Marshall, eine der Koryphäen der Musikfotografie, während eines der Prison-Konzerte Cashs, bei der dieser Gigs für die Insassen spielte. Marshall meinte damals zu Cash, er brauchte noch eine Aufnahme "für die Wachen" und die bekam er auch.
Cash subsumierte mit dieser "Fuck You"-Geste - die natürlich im krassen Gegensatz zum oftmals konservativen Image des Country-Genres stand - die Gefühle seines inhaftierten Publikums und legte damit auch eine der ganz großen ikonischen Fotografien der Outlaw-Bewegung der Country Music hin. Und diese sowie viele andere faszinierende Aufnahmen von Cashs historischen Sessions in San Quentin und Folsom kann man in einem neuen Coffee Table Bildband (erschienen bei Reel Art Press) sehen.
Credit Bild: © Jim Marshall 
Mit den Gastspielen für die schweren Jungs läutete Cash nach der frühen Legendenwerdung mit den Sun Sessions und seinen Sixties-Hits eine weitere Hochphase seiner Karriere ein, die ihm auch außerhalb des Genres große Beachtung brachte. Die durchaus kontroversen Auftritte - immerhin kommt man nicht für Bagatelldelikte nach Folsom oder San Quentin - für die Ausgestoßenen und von der Gesellschaft Vergessenem passten einerseits perfekt in die damalige von zunehmender „social consciousness“ geprägten Zeit und liefen analog zu einer der Haupt-Message Cashs, der ja schwarz trug um ein bisschen des kollektiven Leides auf seine Schultern zu laden. Die Live-Gigs hinter Gefängnismauern zählen jedenfalls zu den wichtigsten in Cashs langer Karriere, die dabei entstandenen Livealben sind Meilensteine, die in keiner Plattensammlung fehlen dürfen.
Credit Bild: © Jim Marshall 

Credit Bild: © Jim Marshall 
Credit Bild: © Jim Marshall 
Credit Bild: © Jim Marshall 
Die bei diesen ungewöhnlichen Konzerten entstandenen Schnappschüsse Marshalls sind Bilder von geradezu archaischer Kraft. Im Stil einer Sozialreportage fangen sie gekonnt das beklemmende Gefühl hinter den kalten und unüberwindlichen Mauern der Strafvollzugsanstalten ein, gleichzeitig sind sie aber auch perfekte Momentaufnahmen einer Legende: ein Blick auf die Miene Cashs genügt um zu wissen- er IST genau jener Man in Black, von dem er in seinen Liedern gesungen hat.
Marshall expressionistische Bildsprache und seine durchkomponierten Fotografien sind zurecht legendär - und dass man sie nun in gesammelter Form in einem coffee table-Bildband sehen kann, macht dieses Release nicht nur für Cash-Aficionados sondern auch für Bewunderer der klassischen Ära der Rock N' Roll-und Music Photography interessant.
Das Vorwort zu diesem Buch stammt by the way vom langjährigen Cash-Gitarristen und Telecaster Twanger Extraordinaire Marty Stuart.
Credit Bild: © Jim Marshall 
Credit Bild:© Jim Marshall 
Credit  Coverbild:© Jim Marshall   Reel Art Press 

JOHNNY CASH AT FOLSOM & SAN QUENTIN
Fotografien von Jim Marshall
Vorwort von Marty Stuart, Text von Scott Bomar
Deutsch
25 x 33,5 cm
Hardcover
144 Seiten
70 Abbildungen
€ 49,95
ISBN 978-3-981889-02-4
Reel Art Press / BMG Books

Montag, 10. September 2018

MERT & MARCUS



Copyright: © 2018 Mert Alas & Marcus Piggott  Taschen Verlag
Wer sich für Fashion interessiert und die einschlägigen Zeitschriften von der Vogue bis zu Numero regelmäßig liest, weiß, dass man auf den Hochglanzseiten dieser Publikationen immer die absolute Spitzenklasse der aktuellen Fotokunst sehen kann.
Und zu den spannendsten und ungewöhnlichsten Visionären an der Ästhetik-Grenze zwischen Mode und Erotic Art zählt eindeutig das Kreativduo Mert Alas & Marcus Piggott. Der gebürtige Türke und der aus Wales stammende Piggott sind genau jene Fotografen, die angerufen werden, wenn es um ungewöhnliche und vor allem edgy Editorials geht – oder wenn sich eine Ikone wie Kate Moss für den Playboy entblättert.
Copyright: © 2018 Mert Alas & Marcus Piggott
Nun ist im Taschen Verlag die erste große Karriere-Rückschau des gefragten Duos erschienen, die auf  408 Hochglanzseiten eine gelungene Auswahl provokativer Aufnahmen von Celebs und den besten Topmodels unserer Zeit (von  Moss über Anja Rubik, und Daria Werbowy zu Lara Stone und dem Insta-Phänomen Gigi Hadid) vereint.
Die Bilder von M & M sind  ebenso unterkühlt wie heiß, ihr Stil ist modern und retro zugleich. Auf Bezüge zur Post-Supermodel-Ära (Stichwort: Heroin Chic) treffen Anklänge auf die 70s und 80s. Unverkennbar insbesondere  der Einfluss von Guy Bourdin und Helmut Newton. Die Querverweise auf diese Großmeister gleichen einem roten Faden, der sich durch das Werk von M & M zieht.
Copyright: © 2018 Mert Alas & Marcus Piggott
Wobei dieses Buch auch die Wandelbarkeit von Piggott und Alas deutlich unterstreicht: von Aufnahmen in LaChapelle-artiger Grellheit zu reduzierten, „very graphic“ Shots in lasziver Schwarzweiß-Ikonographie. Immer wiederkehrende Hauptdarstellerin ist dabei die unvergleichliche Kate Moss, die auch das stylische Spiegelcover dieses Bandes ziert. In der Britin als wandelnde Verkörperung von Rock Chic, haben Mert & Marcus auch die ideale Projektionsfläche für ihre dunklen Phantasien gefunden.
Copyright: © 2018 Mert Alas & Marcus Piggott
Diese Retrospektive verdeutlicht insgesamt warum M & M seit Jahren zu Fixgrößen in der Szene der „beautiful people“ gehören und zählt fraglos zum Besten, was es momentan im Bereich Glamour Photography zu sehen gibt.

Hörtipp:
Der ideale Soundtrack beim Durchblättern dieses stylischen Bandes wären übrigens die Velvet Underground & Nico mit ihrer Vertonung der Erzählung eines gewissen österreichischen Adeligen: Venus in Furs.
Copyright: © 2018 Mert Alas & Marcus Piggott
Copyright: © 2018 Mert Alas & Marcus Piggott
TASCHEN
Mert Alas and Marcus Piggott
Charlotte Cotton
Hardcover, 408 Seiten 

€ 60

Sonntag, 9. September 2018

Der amerikanische Alptraum: „American Psycho“ als limitiertes Steelbook


Credit Bild: © Koch Media
Eigentlich hat Patrick Bateman alles, was er sich immer erträumte – er ist ein überaus erfolgreicher Investmentbanker mit geradezu unanständig gutem Gehalt und frönt als wandelnder Inbegriff eines Achtziger Jahre-Yuppies einem exzessiv-hedonistischen Lifestyle zwischen Luxusdinners, Parties in angesagten Szeneclubs, leichtem Drogenkonsum und Sex mit blasierten, wenngleich heißen Uperclass-Girls.
Die von Pete Townshend einst besungenen „Eminence Front“ – Batemans Leben ist die Personifizierung dessen. In dieser sozialen Schicht ist die schöne Oberfläche alles was zählt, die Designer-Kleidung des Gegenübers wird beinhart taxiert und  mit seinen Schnösel-Kumpels wird der Wettstreit um die teuerste und stylischte Visitenkarte zum existenziellen Kampf. Doch was seine Umgebung aufgrund ihres snobistischen Desinteresses nicht ahnt: unter der Oberfläche des aalglatten, vermeintlich netten Bateman lauert ein Monster. Denn der junge Banker verliert zunehmend den Bezug zur Realität und ergeht sich in abartigen Gewalt-und Mordfantasien, die er auch alsbald versucht in die Tat umzusetzen…. 
Credit Bild: © Koch Media
Mit „American Psycho“ gelang dem amerikanischen Autor Bret Easton Ellis im Jahr 1991 etwas, was im Literatursektor eigentlich gar nicht mehr möglich war: ein waschechter Skandal. Kritiker zeigten sich vom Buch mit dem X-Rated Content geradezu angewidert, Buchhandlungen boykottierten sein Werk, in Deutschland war es gar einige Zeit indiziert.
Der Roman erlangte – wohl nicht zuletzt aufgrund der riesigen Kontroverse, aber auch aufgrund der neuartigen literarischen Qualität – absoluten Kultstatus. Seinen bei „Below Zero“ begonnen selbstreferenziellen Stil verfeinerte Ellis hier und wurde zu einem der ersten postmodernen Popliteraten. Sein zynischer Blick auf emotionale Verwahrlosung und Identitätsverlust im Großstadtdschungel fesselt auch anno 2018 – auffallend sind an der von Ellis geschilderten US-Society insbesondere auch die gerade jetzt offensichtlich werdenden Parallelen zum (Trump-) Amerika von heute. 
Credit Bild: © Koch Media
Lange Zeit galt „American Psycho“ als komplett unverfilmbar – wie sollte man auch die konsumkritischen, seitenlangen Monologe über fetischisierte Luxusbrands, die exploitation-artigen Gewaltexzesse und die immer wiederkehrenden höchst expliziten Sexszenen auf die Leinwand bringen ? Fast 10 Jahre nach dem US-Release des Buchs  und nachdem eine früher geplante Filmversion mit Bret Easton Ellis als Regisseur nicht zustande kam, erschien dann doch noch die Kinoversion. Anstelle eines Routiniers oder High Profile-Directors (Oliver Stone war im Gespräch) verpflichtete man für den oft als machoid und misogyn kritisierten Ellis-Stoff die relative Newcomerin Mary Harron. Diese schrieb zusammen mit Guinevere Turner auch das Drehbuch und umschiffte gekonnt all die heißen Eisen der Vorlage. Die beinharte Buchvorlage wurde beträchtlich abgemildert, der eiskalt-düstere Grundton von Ellis Werk wich einer grellen, teils überzeichneten Satire.
So wurde die Handlung des Films zwar auch für ein Mainstream-Kinopublikum leichter verdaulich, gleichzeitig nahm man dem Stoff aber auch seine Spitzen. 
Credit Bild: © Koch Media
Harrons „American Psycho“ wurde zum seltsamen Fall einer misslungenen Buchadaption , die – wenn man sie als völlig eigenständiges Werk betrachtet – aber erstaunlich gut funktioniert - und auch durchaus sehenswert ist. Denn der überaus wandelbare Christian Bale als Patrick Bateman ist eine echte Idealbesetzung, in seiner für ihn typischen method acting-Manier verkörpert er im Wortsinn das glatte Scheusal. Auch die Nebenrollen sind mit Stars von Reese Whiterspoon über Willem Dafoe bis zu Jared Leto hochkarätig besetzt. 

Seine Höhepunkte hat der Streifen immer dann, wenn  mit fetzigem 80s Soundtrack unterlegt, der Yuppie-Alltag mit beißender Ironie unter die Lupe genommen wird. Doch sobald es um die tiefergehende Psychologisierung des amerikanischen Psychopathen Bateman oder den düsteren Subtext von Ellis´ Geselschaftsanalyse geht, offenbart der Film seine Schwächen  - und auch seine Mutlosigkeit in der Konventionalität seiner Umsetzung.
Credit Bild: © Koch Media
Auch wenn "American Psycho" als Film im Gegensatz zur literarischen Vorlage eher solide als aussergewöhnlich ist, lohnt sich  ein „revisited“-Besuch durchaus - insbesondere da der Streifen nun bei Koch Media in seiner bislang besten Form erschienen ist. Die limitierte  Steelbook Version ist nicht nur ein ungemein stylishes Sammlerstück mit dem ungeschnittenen Film in Blu ray und DVD-Version in perfekter Qualität sondern ergänzt die Buchadaption um einige sehenswerte Bonsufeatures(zahlreiche  Dokus sowie geschnittene Szenen).
Nettes Gimmick für Fans: eine Visitenkarte Batemans  - eines der Statussymbole und Fetischobjekte im Buch wie im Film-  ist in diesem limitierten Steelbook ebenfalls enthalten !