Mittwoch, 26. September 2018

PAUL MCCARTNEY - EGYPT STATION


Credit Bild: © Universal Music 
Sir Paul ist wirklich ein Phänomen. Obwohl McCartney eigentlich niemandem mehr etwas beweisen muss, geht er konstant auf Tour und veröffentlicht regelmäßig neue Alben,
die - wenn man an den Retro Jazz bei „Kisses On The Bottom“ oder sein letztes Studiowerk „New“ zurückdenkt - immer ungewöhnlich und überraschend ausfielen.
Auch sein jüngstes Opus, das mystisch betitelte „Egypt Station“ bildet da keine Ausnahme und zeigt  die lebende Legende in besonderer Experimentierlaune.
MCartneys Imagination scheint immer noch vor Ideen regelrecht zu bersten - immerhin wartet die Deluxe Version seines neuen Studioalbums gleich mit 16 neuen Tracks auf.
Und diese nehmen den Hörer auf eine ziemlich unvorhersehbare, bisweilen gar seltsame Reise mit.Denn ungeachtet des Faktums dass McCartney seit dem Ende der Wings ja in viele unterschiedliche künstlerischen Richtungen gegangen ist, präsentiert sich „Egypt Station“ als ziemlich untypisches McCartney-Album. Wäre da nicht seine wohlvertraute Stimme - bei manchem Track wäre die Identifikation als Song  eines Ex-Beatle schwierig. „Egypt Station“ zeigt Pop in all seinen Schattierungen – völlig ohne Berührungsängste mit zeitgeistigen Ausflügen, auch wenn einem diesmal tiefergehende Experimente mit Kanye West erspart bleiben…

Die mehr ein-als zweideutige  erste Singleauskopplung „Fu You“ steht zwar thematisch in der Tradition von hormonell gesteuerten McCartney-Klassikern wie „Why Don´t we Do It In Th Road“ vom weißen Album oder „Hi Hi Hi“ (da kam ja immerhin eine ominöse Sweet Banana vor) und ist doch purer in Millennial-Pop mit einem Refrain, der auch von einem Instagram-Pop-Phänomen stammen könnte. Das kann man als alter Fab Four-Fan nun als befremdliche Annäherung an den modernen Instant/Insta-Pop sehen, oder als Demonstration, dass McCartney genreübergreifend  nach wie vor einer der treffsichersten Songwriter ist und bleibt.
Credit Bild: © Mary McCartney     Universal Music
 Immer dann, wenn „Egypt Station“ in einen allzu zeitgeistigen Korridor abzudriften droht, kommen jedoch imme wieder die typischen Signatures dieser Legende zum Vorschein: die filigranen Akustikarrangement oder die Amalgamation von Klassik und Populärmusik und natürlich vereinzelt Anklänge an den frühen Beat wie beim an die 60s gemahnenden „Come On To Me“. Mit „Despite Repeated Warnings“ ist dann auch noch ein hochpolitischer Song dabei.

So schafft „Egypt Station“  es – im Gegensatz zu manch anderem Album arrivierter Heroes – den Hörer tatsächlich zu überraschen. McCartney geht nicht auf Nummer sicher – auch wenn manche Idee nicht richtig zünden mag. Dass hier kein den großen 60er/70er Sachen ebenbürtiges Werk erscheinen wird, war erwartbar , insgesamt ist die Platte -  die wieder die Nr. 1 der Charts erklommen hat -  also eher ein solides Spätwerk. Jedoch ein Spätwerk, eines Musiker der immer noch Spaß am Musizieren hat und vor beeindruckender Energie sprüht und wie eingangs erwähnt, ja eigentlich  eh keinem mehr was beweisen muss – außer vielleicht sich selbst – das ausufernde „Egypt Station“ ist jedenfalls ein Indiz dafür.