Freitag, 11. März 2022

Antonioni´s BLOW-UP: Ein bibliophiler Blick hinter die Kulissen eines Sixties-Kultfilms

 

Credit Coverbild: © Steidl
Es gibt Kultfilme und es gibt Filme, die über begeisterte Bewunderung in reklusiven Zirkeln eingeschworener Filmbuffs weit hinausgehen und zu übergreifenden popkulturellen Phänomenen werden, die es vermögen einen Einfluss auszuüben, welcher auch Jahrzehnte später noch spürbar ist: „Blow Up“ von Michelangelo Antonioni aus dem Jahre 1966 ist fraglos ein solch seltener Fall.
Der ganze Streifen und die Suche der Hauptfigur (David Hemmings) nach der Wahrheit bzw.  einer Leiche, die er meint auf einem von ihm geschossenen Foto entdeckt zu haben, ist eine Metapher auf die Sechziger-Jahre selbst und gleichzeitig eine Zeitkapsel  für den Zuseher.
In ihr wird er in ein pulsierendes London am Ende der Mod-Ära und an der Schwelle zum Hippie-Phänomen transportiert. Der Streifen ist ein Schlüsselwerk des Sixties-Kinos und wird bis heute
immer wieder zitiert – ob in der Mode mit Hemmings´ zeitlos schickem Outfit aus Hemd, weißen Jeans und Chelsea Boots oder in einer von Martin Scorsese inszenierten Chanel Parfum Werbung.

Vergegenwärtigt man sich all dies, ist es umso erstaunlicher, wie wenig (sprich: so  gut wie keine) Bücher es über diesen besonderen Film gibt. Eine Ausnahme ist der im Steidl Verlag erschienene Band „Antonioni´s Blow Up“ der Autoren Philippe Garner und  David Alan Mellor.
Das über 130 Seiten starke Hardcover-Buch (komplett in Englisch) ist hauptsächlich ein geradezu verschwenderisch gestalteter Bildband, der anhand von Szenenbildern und „on-set stills“ Teile des Films nacherzählt. Unterbrochen wird diese Bildstrecke lediglich durch einzelne Originalzitate des Regisseurs und Dialogfragmente aus dem Film. Somit richtet sich Garners und Mellors Werk  eindeutig an Leute, die „Blow Up“ schon wirklich gut kennen.

Die ausladende Fotostecke zeigt aber auch erneut überdeutlich das, was Antonioni-Fans seit jeher wissen: Der Italiener war einer der visuellsten Regisseure, seine Einstellungen sind perfekte Standfotos einem durchkomponierten Gemälde gleich.
Und „Blow Up“ ist natürlich reich an ikonischen Bildern: allein die hingegossene Verushka, wie sie von Hemmings in dessen Atelier abgelichtet wird……
 Dem Thema Fashion und Models sowie Medien widmet sich auch eines der beiden Essays am Ende des Buchs (das zweite setzt sich mit zeitgenössischer Kunst auseinander).
Beide Texte sind extrem interessant und äußerst lesenswert, heben sie doch  elementare Aspekte aus dem kulturellen Kontext in dem Film entstanden hervor.
Wer vom Film fasziniert ist, wird viel Freude mit dem ansprechend gestalteten „Antonioni´s Blow Up“ haben: ein echter Liebhaber-Band. 

Donnerstag, 10. März 2022

ANDRÉ BUTZER

Credit Coverbild: © Taschen Verlag
Ein Phänomen der meisten zeitgenössischen Kunstwerke und Popkultur-Produkte ist fraglos, dass so gut wie alles schon mal dagewesen ist. Everything Is A Remix.  Ein Gefühl von "Familiarity" beschleicht einen auch beim Betrachten der Werke des deutschen Malers André Butzer. Dessen Bilder wirken zwar überraschend frisch und zeitgeistig -  gleichzeitig weisen sie für den kunstaffinen Betrachter aber auch ein hohes Maß an Interkontextualität auf.
Mal zitiert er recht offensichtlich Basquiat und verweist im nächsten Bild auf japanische Comics. Bei Butzer treffen alte und neue Welt sowie die unterschiedlichsten Kunst-Stile aufeinander - oder besser, sie kollidieren regelrecht in kunterbunten Bildern, hinter deren teils grellen Farbexplosionen sich jedoch eine Auseinandersetzung mit existenzialistischen Fragen verbirgt.  Expressionismus knallt hier auf US-Popkultur. Abstraktes, die wiederkehrenden großen Comic-Augen entdeckt man in Bildkompositionen, die an die Art Brut gemahnen.

Europa auf der einen und Amerika auf der anderen Seite - Butzer arbeitet in genau diesem Spannungsfeld der Traditionen und zählt so unterschiedliche Persönlichkeiten wie Friedrich Hölderlin, Edvard Munch, Walt Disney oder Henry Ford zu seinen Vorbildern Eklektizismus zieht sich als roter Faden durchs Werk des Stuttgarter Malers, der tunlichst versucht sich einer eindeutigen Schubladisierung oder  Kategorisierung zu entziehen.  

Von dieser,  sich teilweise erst auf den zweiten Blick offenbarenden Vielschichtigkeit kann man sich nun in einer neuen, im Taschen Verlag erschienenen Monographie über diesen ungewöhnlichen Künstler überzeugen.
Diese Coffee Table-Werkschau beleuchtet nicht nur die interessante Entwicklung Butzers sondern ist in der "Famous First Edition" auch auf 4000 Exemplare limitiert - und allein schon deshalb ein echtes Sammlerstück für Freunde moderner Kunst.
Credit Bild: ©   2021 André Butzer    Taschen Verlag

Credit Bild: ©   2021 André Butzer    Taschen Verlag

Credit Bild: ©   2021 André Butzer    Taschen Verlag

Credit Bild: ©   2021 André Butzer    Taschen Verlag

Credit Bild: ©   2021 André Butzer    Taschen Verlag
André Butzer, Hardcover, 28 x 33,7 cm, 3,23 kg, 428 Seiten,taschen.com