Montag, 19. Dezember 2016

ELLEN VON UNWERTH - FRÄULEIN

TELEPHONE SEX New York 1997
Credit Bild: © Ellen von Unwerth
Nur wenige Fotografen der Fashion-Szene haben eine derartig unverwechselbare künstlerische Handschrift wie Ellen von Unwerth. Bei ihr reichen ein paar Sekunden eines Filmclips oder ein einziges Bild völlig aus und der Betrachter weiß, dass es sich um ein Werk der gebürtigen Frankfurterin handelt. Unwerth, die in ihrer Jugend selbst als Model arbeitete und im Laufe ihrer Karriere die Seiten und damit  hinter die Kamera wechselte verfügt über einen unglaublich distinktiven Stil, der die sexuell aufgeladene Pin-Up-Kunst der 50er mit High Fashion verbindet.

Fräulein“, erschienen im TaschenVerlag, ist eine umfassende gut 480 Seiten starke Rückschau auf die Arbeit Unwerths aus den 90er Jahren bis 2009 -  wobei ein Großteil der in diesem Bildband versammelten Aufnahmen bislang unveröffentlicht war. In dieser kompakten, sehr konzentrierten Rückschau lässt sich einerseits die Entwicklung von Unwerths Stil nachvollziehen, gleichzeitig wird jedoch auch deutlich, dass die wesentlichsten Merkmale ihrer fotografischen Handschrift sich von Beginn an einem roten Faden gleich durch ihr Gesamtwerk ziehen: Unwerths Hauptfiguren sind die Fräulein - Wesen, die zwischen naiver Unbedarftheit und Verdorbenheit changieren, elfengleiche Unschuld trifft auf dunkle Triebe mit sado-masochistischen Untertönen.Immer wieder spürbar auch die deutliche Helmut Newton-Influence.
TEDDY London 2006
Credit Bild: © Ellen von Unwerth
BITCH! Paris 2007
Credit Bild: © Ellen von Unwerth
Dabei sind es die beinahe beiläufig wirkenden Gesten der Models und Unwerths Gespür für kleinste Details die den speziellen  „kinky flair“ ihrer Bilder mit ausmachen. Unwerth ist eine der führenden Meisterinnen der erotischen Fotografie, Ihre Aufnahmen sind charmant witzig, verspielt,  fetischistisch und gemahnen immer wieder an Film-Stills - eine geradezu postmoderne anmutende Auseinandersetzung mit dem 50s Pin Up-Phänomen und sexuellen Obsessionen. Dabei lichtet Unwerth nicht einfach nur überaus ansehnliche Models ab. Selbst Einzelbilder erzählen bei ihr immer eine eigene kleine Gesichte - eine Story, die jedoch stets mit einem schmutzigen Lächeln erzählt wird.
Hat Unwerth Prominente vor ihrer Linse holt sie in ihren sexuell aufgeladenen Sujets selbst aus eher als bieder bis reserviert wirkende Celebrities versteckte Seiten zum Vorschein. Die Wirkung von Unwerths Kunst liegt auch darin, dass ihr spezieller „point of view“ häufig wesentlich heißer hintergründiger ist, als die Shots manch ihrer männlicher Kollegen.

Fazit:
„Fräulein“ ist eine Taschen-typisch äußerst stylisch gestaltete, attraktive Retrospektive auf eine der ganz großen Individualistinnen der Fotografen-Szene.

Credit Coverbild: © Ellen von Unwerth    Taschen Verlag
 
Ellen von Unwerth, Ingrid Sischy
Fräulein,
Hardcover 19 X 27,4 cm
480 Seiten
€ 29,99
Taschen Verlag