Sonntag, 16. Februar 2020

KMA AUDIO MACHINES STROKKUR TREBLE BOOSTER Review


Tief im Südwesten Islands inmitten einer archaischen Landschaft kann man Zeuge eines beeindruckenden Naturschauspiels werden: Denn dort liegt der sogenannte Strokkur, ein mächtiger Geysir der seine Urgewalt ca. alle 6-10 Minuten präsentiert und mit irrsinnigem Druck eine Wasserfontäne gen Himmel schießt. Doch Strokkur ist nicht nur ein Begriff der für Touristen und Geologen interessant ist, sondern in Zukunft auch für alle Gitarristen – ist dieser Geysir doch auch Namenspatron für ein Effekt-Pedal aus dem Hause der First Class-Boutique-Schmiede KMA Audio Machines. Wieso das stylishe Pedal so heißt ? Nun, aktiviert man den Fußschalter dieses Geräts erübrigt sich diese Frage fast schon, kommt es doch ohne Übertreibung zu einer regelrechten Ton-Eruption, die eine ganze Reihe Sounds der britischen Rockgeschichte an die Erdoberfläche befördert.

Der KMA Strokkur basiert auf einem der Kult-Effektgeräte schlechthin: dem mit äußerst charakteristisch klingenden Germanium-Transistoren ausgestatteten Dallas Rangemaster, der in den 60s von der in London ansässigen Firma Dallas Musical Ltd. gefertigt wurde.
Mit der Hilfe dieser Erfindung konnte man seinerzeit eher „dunkel“ klingende (bzw. eher im bassigen Bereich eingestellte) Amps in eine höhenreiche Sättigung pushen. Diesen Klang reproduziert das „Strokkur“ mit einer beachtlichen Detailgenauigkeit. Bemerkenswert ist, dass dieses Pedal mitnichten aus dem Mutterland des Treble Boosters kommt sondern in Berlin handgefertigt wird.
Und hier sind wir wieder bei der eingangs erwähnten Island-Analogie: Ähnlich wie dieses Land ein Ort voller Mythen ist, so zählt auch der Treble Booster zu den sagenumwobenen „Unicorn“-Effekten: ein Sound aus einer vergangenen Zeit und ein Gerät, das heute nur mehr von einer überschaubaren Anzahl von Firmen gemacht wird. Nur scheinbar wurde dieser Booster von modernen Verzerrern obsolet gemacht. Zwar ist er längst nicht so populär wie klassische grüne Overdrive-Effekte oder diverse Fuzzes  - doch der  Connaisseur weiß: ein Old School-Treble Booster in seinen diversesten Inkarnationen und Fertigungsarten gehörte in der Hochzeit des britischen Rocks vom Blues-Boom bis zum Glam Rock fast schon zur Grundausstattung der Guitar Heroes: Rory Gallagher setzte ihn ebenso ein wie Marc Bolan oder Ritchie Blackmore. Tony Iommis Signature Sound entstand mit einem solchen Gerät und auch beim frühen (Proto-)Metal Sound von Judas Priest spielte der eigenwillige Booster eine nicht unerhebliche Rolle. Ob Eric Clapton bei den legendären Sessions zum „Beano“-Album wirklich einen Treble Booster  zwischen seinen Bluesbreaker und seine Les Paul schaltete wird bis heute diskutiert. Faktum ist , dass ein solcher Boost  dem charakteristischen Bluesrock-Ton von der Insel alles andere als abträglich ist.  Ein weiterer prominenter Nutzer des urtümlichen Geräts ist auch  Queen-Gitarrist Brian May, bei ihm wurde er gar ein integraler Bestandteil seines majestätischen Sounds.

KMA-Mastermind Enrico Preuss studierte all diese ikonischen Sounds offenbar sehr genau.
Denn auch ohne langes Einstellen der Knöpfe lassen sich all diese klassisch-knarzigen Sounds völlig mühelos nachstellen – und noch mehr. Denn bei einer schlichten Neuauflage des bekannten Klassikers bleibt es beim Strokkur nicht. Neben Designunterschieden (das Original war eine gar nicht mal so kleine Box, die man auf den Verstärker stellt, der „Strokkur“ ist demgegenüber überaus kompakt und Pedalboard-freundlich) wurde vor allem die Klangregelung umfangreich erweitert.
War der Ur-Rangemaster insofern limitiert, als dass eben nur den namensgebenden Höhen-Kick bot, so hat man beim Strokkur die Möglichkeit eines Full-Range Boosts (eine Modifikation, die etwa auch Tony Iommi einst einsetzte.) EQ-Knöpfe für Bass und Treble ermöglichen überdies eine perfekte Anpassung an das eigene Rig.
Das Teil von KMA ist insgesamt bedingungslos klassisch im Sound, verfügt jedoch trotzdem über alle Annehmlichkeiten moderner Stompboxes. Ein 9 V-Anschluss ist ebenso selbstverständlich, wie verhältnismäßig relativ  geringe Nebengeräusche und eine problemlose Kombinierbarkeit mit anderen Pedalen und Drive Boxen.

Bedenken sollte man noch, dass der Strokkur genau wie seine Ahnen kein Effekt für „Leisetreter“ ist. Auch diese neuzeitliche Reinterpretation kommt ohne Volume-Regler aus und verfügt nur über einen Boost-Knopf der die Zerrintensität regelt. Ein ohnehin schon lauter Gitarrenamp bekommt da noch einen beträchtlichen dB-Boost.
Aber gerade diese überpräsente und nicht zu subtile Klangbeeinflussung macht natürlich auch den speziellen Reiz und das Spielgefühl eines waschechten Treble Boosters aus.
Hier geht es zu keinem Zeitpunkt um den smoothen Zerrgrad oder die Gain-Reserven neuzeitlicher Overdrives und Distortions. Die körnige (Germanium-)Charakteristik dieses Pedals sorgt für einen rauen, rüden Klang, der jedoch nie so wollig-matschig wie manche Fuzzes wird.

Stellt sich also noch die Frage, ob dieses  Pedal abseits von klassischem  Blues oder Bombast Rock-Sounds seien Berechtigung hat. Ich würde sagen: auf jeden Fall. Der Strokkur  ist zwar beileibe kein 08/15-Effekt und sicher nicht für jedermann gedacht.
Auch ein Schweizer Armeemesser unter den  Verzerrern ist der Strokkur natürlich nicht. Doch gerade die wirklich sinnvollen Ergänzungen der alten Schaltung sorgen dafür, dass der dreckig, räudige  Grundsound in vielen Genres einsetzbar wird. So man denn möchte, dass die eigene Gitarre selbst durch den dichtesten Mix schneidet, wie ein heißes Messer durch Butter. Diese ausdrucksstarke Klangfärbung macht den Strokkur  zu einer durchwegs geglückten (Neu-) Interpretation eines Klassikers, der das tonale Spektrum um einige Facetten anreichert.

Hier ein paar Soundbeispiele:

Bespiel 1:
Ein Treble Booster ergänzt die klassische Kombination aus Singlecut mit Humbuckern und Plexi perfekt und sorgt für einen Breitwand-Sound wie frisch aus dem Empire. Alle Spuren wurden mit dem Strokkur in unterschiedlichen Einstellungen eingespielt .
Am Schluss( ab 1:09) gibt es dann noch bluesige Licks über einen Vox gespielt, zunächst noch ohne Pedal, dann wird unüberhörbar der Strokkur aktiviert und die Harmonics fliegen nur so aus dem Amp.


Beispiel 2:
Blues- Rock von der grünen Insel. Eine Strat In einen crunchy Vox -  ein Setup, das schon bei Rory Gallagher gut funktionierte: In den ersten Sekunden hört ihr den puren Amp-Sound, dann kommt sehr deutlich der Strokkur ins Spiel.