Freitag, 26. April 2019

PLAY IT LOUD – Legendäre Gitarren in den Hallen des Metropolitan Museum Of Art

Don Felder mit Gibson EDS-1275 Double 
Credit Photo: © Courtesy of Michael Helms
Es sind die Reliquien des Rock, Artefakte einer glorreichen Ära und Zeugen einer Zeit als die Haare mindestens so lang waren wie die Soli: nun kann man einige Ikonen des Gitarrenbaus aus dem Besitz der größten Virtuosen bewundern- sind doch sechssaitige Symbole des Rock N´ Roll das Hauptthema einer ungewöhnlichen Ausstellung, die unlängst im Big Apple eröffnet wurde. Als markante Antithese zu aktuellen Trends im schnelllebigen Mainstream-Charts und Unkenrufe der Marke „Guitar  is Dead“ startete Anfang des Monats m legendären New Yorker Metropolitan Museum eine Ausstellung über Instrumente die Musikgeschichte schrieben. Anders als ähnlich gelagerte „high profile“ Schauen über die Stones, Bowie oder zuletzt Pink Floyd liegt er Fokus hier ausschließlich auf Instrumenten – neben vereinzelten Synthesizern oder Pianos vor allem auf den ungleich fotogeneren Gitarren, Bässen, Amps, Effektpedalen und Stage-Kostümen (Stichwort: Dagon Suit !) .

Eine größere Schau dieser Art hat es bislang noch nicht gegeben - zu sehen gibt es legendäre Instrumente, die der Fan von ikonischen Bildern der Rock N´Roll Photography als auch von wegweisender Aufnahmen kennt: Keith Richards psychedelisch bemalte Les Paul Custom mit der er seinerzeit den Klassiker „Sympathy For The Devil einspielte, Don Felders Doppelhals-Gitarre die live bei „Hotel California“ zum Einsatz kam, die ramponierte No. 1 Strat der texanischen Blues-Legende Stevie Ray Vuaghan, Jimmy Pages Akustikgitarre aus dem Intro von „Stairway To Heaven“, Eric Claptons aus mehreren Teilen verschiedener Strats zusammengebaute „Blackie“, Van Halens komplettes 1978er Setup mit Frankenstrat und Marshall und und und….

Ein eigentümliches Flair geht von dieser Schau aus, wenn man inmitten der riesigen on altertümlichen Schätzen und Kunstgegenständen gesäumten MET-Hallen plötzlich die einst vom Kultur-Establishment geschmähten Insignien einer Kultur-Revolution vor sich hat.
Klar, die Exponate deren Wert in die Hunderttausende bzw. Millionen geht sind natürlich geschützt hinter Glas – doch näher kann man diesen Ikonen des Rock nicht kommen. Noch bis Anfang Oktober läuft „Play It Loud“ - wer also einen Trip in die Stadt, die niemals schläft plant und Classic Rock zum Soundtrack seines Lebens zählt, sollte sich dasnicht entgehen lassen.

Wie immer bei solchen Events gibt es natürlich auch ein begleitendes Buch zur Ausstellung. Und da das MET zu den Kunsttempeln schlechthin zählt, hat man sich auch bei diesem "accompanying release" absolut nicht lumpen lassen. 
Das ist nämlich kein normaler Katalog sondern eine Mischung aus coffee-table Bild- und Essay-Band, der einige der beeindruckendsten Exponate, Ikonen der Rock N´Roll Photography sowie leidenschaftliche Abhandlungen über die revolutionäre Kraft des Instruments (u.a von Rolling Stone-Veteran David Fricke) beinhaltet.
Der Vorteil dabei - dieses äußerst liebevoll gestaltete Buch ist auch jenen zugänglich, die den zugegeben langen Trip nach NYC nicht machen können (siehe Link am Ende dieses Artikels).

Wann & Wo:
PLAY IT LOUD
April 8-October 1, 2019
The Met Fifth Avenue, 1st Floor
Gallery 199

Hier ein exklusives Preview mit einigen der prestigeträchtigsten Exponate:
Mr. Slowhands "Blackie"
© ZUMA Press, Inc. / Alamy Stock Photo

1957er Les Paul Custom aus der  "Collection of Keith Richards"
© Courtesy of  The Metropolitan Museum of Art

SRV´s Number 1
© Courtesy of  The Metropolitan Museum of Art

Das Setup von "The Who"
© Courtesy of  The Metropolitan Museum of Art

Im Vordergrund: die legendäre Frankenstrat von EVH
© Courtesy of  The Metropolitan Museum of Art

Bässe in den Hallen des MET Museums
© Courtesy of  The Metropolitan Museum of Art

ANGELS and ICONS: RUSSEL JAMES-AUSSTELLUNG in der Galerie CAMERAWORK

KENDALL JENNER, 2016
© Russel James
Er ist der Mann, dem die Angels vertrauen: seit gut 20 Jahren ist der gebürtige Australier Russel James als Haus-und Hoffotograf des amerikanischen Lingerie-Labels Victoria´s Secret an der Spitze der internationalen Fashion & Glamour-Szene unterwegs.
Während die normalen VS-Sujets des stets gut gelaunt wirkenden Künstlers, der bei einer Vernissage schon mal Flip Flops zum Anzug trägt, passend zum Image von Ed Razeks Marke sehr verspielt und clean wirken, geht er in seinen eigenen Kunstprojekten einen anderen Weg: nämlich jenen der Fine (Nude) Art Photography.

James zeigt die Topmodels unserer Zeit zwar so hüllenlos, wie man sie oft nicht mal in der Vogue Paris oder dem W Magazine sieht, vermeidet jedoch Tabubrüche a la Helmut Newton oder den Flirt mit S & M-Ästhetik wie bei Ellen Von Unwerth. Seine Bilder erinnern eher an die klassischen, monochromen Vintage-Werke eines Herb Ritts. Die Hauptdarstellerinnen sind dabei  stets vor allem ein illustrer Cast der VS Angels.
Meist kann man diese erotischen Aufnahmen nur in James´ Sammlerstück-Bildbänden jenseits der 1000 Euro-Marke bewundern, Kunst-Fans und Galerie-Aficionados können aktuelle Arbeiten des Fotografen jedoch auch in einer neuen Ausstellung in Berlin sehen -
noch bis zum 8. Juni.


13. April bis 8. Juni 2019 in der Galerie CAMERA WORK
Kantstrasse 149
10623 Berlin

Wer nun neugierig geworden ist,  kann sich hier durch einige Schnappschüsse aus James´ Oeuvre scrollen - von erst unlängst mit den ikonischen „Wings“ ausgestatten und damit zum Angel erhobenen Models wie Sara Sampaio über das deutsche Fashion-Phänomen Toni Garrn im „greek goddess“-Look zum Classic Supermodel Cindy Crawford, die sich für James noch einmal auszog.
TONI, 2016
© Russel James

CANDICE FULL PORTRAIT, 2014
© Russel James

SARA BLUE PORTRAIT , 2016
© Russel James

CINDY ON FLOOR, MALIBU 2018
© Russel James

ROMEE AND TAYLOR AT PLAY, 2016
© Russel James

Freitag, 19. April 2019

GUITARS THAT JAM

Credit Coverbild: © Jay Blakesberg   Insight Editions
Nüchterne Pragmatiker oder leidenschaftliche Liebhaber ? Nein, es geht auf 6strings24frames nicht plötzlich um an Sinus-Milieus angelehnte Persönlichkeitsanalysen bekannter Dating-Plattformen sondern um ein musikalisches Thema.  Genauer gesagt um die Beziehung, die ein Gitarrist zum Instrument seiner Wahl eingeht. Und in dieser Symbiose gibt es nun mal grob gesagt zwei diametral verschiedene Typen: Jene, für die ein Instrument lediglich ein Werkzeug ist, ein Mittel zum Zweck, mit dem man den Job macht und seine Ideen in die Realität umsetzt. Diesem Typus des Musikus ist es oftmals relativ egal ob sie eine Squier Strat oder ein edles Teil aus dem Custom Shop spielen. Und dann gibt es da noch die zertifizierten Gearheads, die sowohl über die Historie ihrer Sechssaitigen en detail Bescheid wissen und die eine geradezu innige Beziehung zu ihrer Gitarre eingehen .
Um  letztere Gruppe passionierter Aficionados geht es in dem Bildband „Guitars That Jam“ (Insight Editions) in dem bekannte Musiker einige ihrer liebsten Instrumente vorstellen.

Wie der Name dieses handlichen Bands bereits vermuten lässt geht es hier allerdings nicht um Schwermetall-Arbeiter und ihre gezackten Streitäxte sondern vor allem um die Jam-Szene der USA – sprich den Roots-Circuit zwischen Blues , Alt.Country und Classic Rock. Dementsprechend breit gefächert sind auch die illustren Gitarre, die hier samt ihrer prominenten Besitzer portraitiert werden, von lebenden Legenden, Stars zu eher den Eingeweihten bekannten Fixstartern der Szene: Country-Ikone Willie Nelson und seine ramponierte Martin-Akustik „Trigger“, Santanas lachsfarbene PRS, Neil Youngs „Old Black“, Rich Robinson und seine reich verzierte Teye, Warren Haynes( der auch das Vorwort verfasste) mit seiner 59er Lester, Jackie Greene und eine rare 61er SG Les Paul ……
Fotografisch sehr stimmungsvoll eingefangen wurden Gear & Musiker vom Fotografen Jay Blakesberg, der einen sehr individuellen Stil mit modernen High Definition-Bildern in sehr knalligen Farben pflegt.
All das ist 1 A „Gear Porn“, der neben den stimmungsvollen Fotos vor allem durch die sehr in die Tiefe gehenden Begleittexte einen Einblick in den kreativen Prozess großer Musiker sowie ihre oft spezielle  Beziehung zu ihren Instrumenten gibt . Gerade für leidenschaftliche Gitarreros eines der empfehlenswertesten Bücher der letzten Zeit.

Donnerstag, 18. April 2019

FRANCIS ROSSI – ICH REDE ZUVIEL Die Autobiographie

Credit Coverbild: © Hannibal Verlag
Dass Status Quo-Veteran Francis Rossi von sich selbst sagt, dass er zuviel redet und seine neu erschienene Autobiographie folgerichtig benennt, lässt ja einiges erwarten - insbesondere da sich dieses Buch auf einem in diesem Genre übersättigten Markt wiederfindet. Und tatsächlich ist diese Retrospektive des unlängst 70 gewordene Musikers eine Story die zwar der sattsam bekannten Erzählung der mit zunehmendem Erfolg einhergehenden Exzesse der Rockstars keine neuen Facetten hinzufügt, bei der sich der Autor jedoch wie angekündigt kein Blatt vor den Mund nimmt.

In seinem aktuellen Buch spannt der Gitarrist und Sänger in seiner für ihn typischen, britischen  Art einen erzählerischen Bogen von seiner frühen musikalischen Erweckung über die ersten Schritte mit Quo (damals noch im zeitgeistigen Psychedelic Pop-Gewand) hin zur Kultivierung des legendären Boogie-Sounds, für den er und Rick Parfitt berühmt wurden bis hin zum tragischen Ende dieses legendären Duos (sein Quo-Counterpart starb im Dezember 2016).

Wer Rossi aus früheren Interviews kennt, weiß dass der Brite mit einem überaus trockenen Humor ausgestattet ist - dieses Augenzwinkern gepaart mit einer auffallenden Abgeklärtheit zieht sich wie ein roter Faden durch diese kompakte, schnörkellose Musiker-Bio. Nur gut 295 Seiten braucht Rossi für seine Geschichte. Bemerkenswert ist dabei vor allem auch, wie unsentimental er das eigene Leben Revue passieren lässt. Während ähnlich gelagerte Werke prominenter Künstler eher „Amarcord“-artige Aufzeichnungen sind, wirkt dieses Buch so direkt und unverblümt wie ein Quo-Song. Interessant ist neben einigen raren Fotos vor allem Rossis Sichtweise auf das stetig im Wandel begriffene Musikbusiness, dass er süffisant kommentiert. Eigene Verfehlungen klammert er bewusst nicht aus, sondern  schildert plastisch die Abgründe seines Rockstar-Daseins, etwa beim Verlust seiner Nasenscheidewand durch ausufernden Kokainkonsum.
In die Tiefen von „The Dirt“ steigt diese Bio zwar nicht hinab, die entwaffnende Ehrlichkeit Rossis und seine individuelle Sichtweise auf einige der aufregendsten Jahrzehnte der Musik-Szene machen „Ich rede zuviel“ jedoch nicht nur zur Bettlektüre langjähriger Status Quo-Fans.

Mittwoch, 17. April 2019

DANNY GOLDBERG – ERINNERUNGEN AN KURT COBAIN

Credit Coverbild: © Hannibal Verlag
Unglaublich, aber heuer ist es wirklich schon 25 Jahre her, dass Nirvana-Frontman Kurt Cobain am Höhepunkt des Ruhms seinem Leben ein Ende setzte. Die Zeit danach und die Musikgeschichte der Post-Grunge-Ära zeigten dabei überdeutlich vor allem eines: dass Cobain keine so universelle Gallionsfigur nachfolgte, die als Sprachrohr einer ganzen Generation idolisiert wurde - auch wenn der zur Ikone gewordene Musiker mit dieser Zuschreibung von Fans und Medien zeitlebens haderte.

Zum Jahrestag der Ereignisse erscheinen natürlich einige neue Releases über diese einflussreiche Band und vor allem über diesen bedeutsamen Sänger & Songwriter - allen voran „Erinnerungen an Kurt Cobain“( Hannibal Verlag), das als deutsche Erstausgabe fast zeitgleich mit der etwas weniger beliebig betitelten US-Version „Serving The Servant“
erscheint. Darin begibt sich Nirvana-Manager Danny Goldberg auf den Pfad der Erinnerung und nimmt den Leser mit auf eine Reise in die Alternative-Szene der 90er, eine Zeit in
der Nirvana wider Erwarten den Durchbruch in den Mainstream schaffen und Cobain als Antithese zum klassischen Rockstar ein Held der Generation X wird.
Showbiz-Veteran Goldberg zeichnet mehr als zwei Jahrzehnte nach der Blütezeit des Grunge-Genres ein fast schon intimes Portrait des zerrissenen Künstlers Cobain mit dem ihn offenbar nicht nur eine professionelle Arbeitsbeziehung sondern auch eine tiefe Freundschaft verband - für den introvertierten Musiker war der Manager zu so etwas wie einer zweiten Vaterfigur. „Erinnerungen…“ wird damit zu einem sehr persönlichen Bericht ganz ohne die akademische Distanz anderer Bücher zu diesem Thema. Für den Leser bedeutet dies, dass er einen Inside-Bericht erhält von jemandem der die letzte wirklich große Bewegung des Rock-Genres hautnah miterlebte.

Goldberg erhebt hierbei keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder darauf eine allumfassende Cobain-Bio zu verfassen, der Fokus liegt auf den 3 ½ Jahren in denen er mit Cobain zusammenarbeitete. Spannend ist das Buch gerade bei Schlüsselmomenten, etwa wenn man durch Goldberg beim „Nevermind“-Durchbruch oder den Dreharbeiten zum ikonischen „Smells Like Teen Spirit“-Video dabei ist. 
Wenig spannend ist hingegen, die etwas nüchterne Aufmachung des Taschenbuchs (lediglich ein einziges Bild illustriert Goldbergs Erinnerungen) und der Umstand, dass man es hier nicht unbedingt mit dem literarischsten Musikbuch sondern einer eher konventionell geschriebenen Geschichte zu tun hat. Dass der Leser die bekannte Facts aus einem neuen Blickwinkel sehen kann, macht das Buch für den Hardcore-Fan dennoch lesenswert.

Dienstag, 16. April 2019

1001 GUITARS TO DREAM OF PLAYING BEFORE YOU DIE


© Octopus Publishing Group
Sie sind seit geraumer Zeit ein Trend in der Buch-Branche: die sog. Bucket-List-Bücher, also jene Werke, die dem geneigten Leser mit dezenter Torschuss-Panik zeigen, welche Experiences er unbedingt gehabt muss, bevor das Leben vorbei ist. Es sind Titel der Marke „100 Orte, die man besucht haben muss“, „500 Gerichte, die man in der heimischen Küche zubereitet haben sollte um sich Gourmet zu nennen“ oder „Die wichtigsten Filme für echte Cineasten“. Gemein ist ihnen allen die Auswahl eines Kanons, die den einen viel zu subjektiv ist, immer wieder jedoch durchaus gute Anregungen für persönliche Reisen oder das Entdecken seltener Kulturgüter beinhalten kann.

Nun gibt es ein solches Buch auch für Musiker, insbesondere für Freunde der sechs Saiten vulgo Gitarristen. Der kompakte dafür aber umso dickere Softcover-Band „1001 Guitars To Dream Of Playing Before You Die" (Octopus Publishing) kommt ganz ohne penetrante „carpe diem“-Ideologie aus und zeigt eine beinahe allumfassende Auswahl klassischer wie moderner Errungenschaften des Instrumentenbaus – und zeichnet nebenbei die Entwicklung der Gitarre zum kulturellen Symbol nach. Dass dieses Buch schon im Titel eine gewisse Einschränkung („to dream of playing…) enthält ist nur folgerichtig: denn selbst wer sehr viel Lebenszeit in Gitarrengeschäften rund um den Globus vom Guitarpoint im Maintal bis zu Norman´s  Rare Guitars in LA verbringt, wird nicht alle Instrumente, die in diesem Buch vorgestellt werden, spielen können. Autor Terry Burrows konzentriert sich nämlich nicht ausschließlich auf die ganz großen Namen wie Gibson, Fender und Gretsch und die „holy Grails“ wie 59er Les Paul oder „Blackguard“-Telecaster sondern zeigt auch skurrile Instrumente und selbst Gitarrenprotypen von 1838.
So wird dieser Band zum Streifzug durch fast 200 Jahre in der sich die Gitarre vom akustischen Instrument mit relativ geringer Lautstärke zur stadion-erschütternden Design-Ikone gewandelt hat.  Zwar hätte man sich als Leser mehr Detailbilder, insbesondere
bei den sehr raren Guitars gewünscht und das Thema hätte auch ein großes coffee table-Format gerechtfertigt, doch interessant ist diese Zeitreise in Buchform für Musiker in jedem Fall.

Montag, 15. April 2019

REM KOOLHAAS - ELEMENTS OF ARCHITECTURE

Credit Bild: © Courtesy of OMA / Photography by Fred Ernst
Er ist fraglos einer der prominentesten und einflussreichsten Architekten der Gegenwart, dessen teils futuristisch-avantgardistischen Entwürfe trotz seines etablierten Status als eine Ikone des zeitgenössischen, modernen Gebäudedesigns nach wie vor für Diskussionstoff sorgen: Der Niederländer Rem Koolhaas ist nicht nur ein Superstar sondern auch ein Mann ungewöhnlicher Denkweisen: Architektur ist bei ihm eine Kunstform und folgerichtig der Architekt nicht nur ein ingenuöser Planer und Designer von Lebens- und Wohnraum sondern auch ein mitunter fashion-affiner Künstler.
Bei seinen Projekten - ob sie nun im Stadium eines Entwurfs für einen Wettbewerb bleiben oder wie bspw. die niederländische Botschaft in Berlin oder die Casa de Música in Porto tatsächlich gebaut werden - sieht er immer auch die großen geschichtlichen Zusammenhänge und soziologischen Rahmenbedingungen. Ein sehr spezieller Zugang, der sich auch in seinem neuesten Buch "Elements of Architecture" wiederfindet.

In Zusammenarbeit mit Designerin Irma Boom und Künstler Wolfgang Tillmans ist ein  beeindruckender Mammutband von einer Monographie entstanden, der auch  für Nicht-Architekten ein interessantes Neo-Standardwerk darstellt. Koolhaas beleuchtet darin in seinem typischen Stil all jene Komponenten die letztlich Architektur - die am Schluss mehr als die Summer ihrer Teile ist - ausmachen.
Fenster, Fassade, Balkon, Korridor, Kamin,Stufe, Rolltreppe, Lift & Co: Koolhaas beschreibt die grundlegenden Historie hinter zunächst alltäglich-banal erscheinenden baulichen Details und bettet sie in einen höheren, theoretisch fundierten gesamtgesellschaftlichen  Kontext ein.


Credit Bild: © Taschen Verlag

Rem Koolhaas. Elements of Architecture
Irma Boom, Wolfgang Tillmans, Harvard Graduate School of Design, Stephan Trüby, James Westcott, Stephan Petermann
Hardcover, 20 x 25,5 cm, 2528 Seiten
ISBN 978-3-8365-5614-9
Ausgabe: Englisch

Ausstellung: The Flamboyant Life and Forbidden Art of George Quaintance


© George Quaintance, courtesy of TASCHEN
Der US-amerikanische Künstler George Quaintance (1902-1957) war nicht nur ein Mann vieler Talente sondern auch einer der gleich mehrere Leben lebte: als Tänzer konnte er im Varieté reüssieren, die Schickeria Washingtons ließ sich von dem begabten Künstler gern porträtieren und auch als Hairstylist arbeitete er. Obwohl der früh verstorbene Artist zeitlebens auch aufgrund gesellschaftlicher Konventionen nie den ganz großen Durchbruch schaffte, gilt er heute als ein maßgeblicher Pionier erotischer Kunst, der nachfolgende Generation queerer Künstler beeinflusste.

In einer weitaus konservativeren Pre-Stonewall-Ära reizte Quaintance die Grenzen dessen aus, was man vermeintlich darstellen durfte. Seine homo-erotischen Körperstudien fanden schnell Fans in der Szene: Die Hauptfiguren seiner an klassische Gemälde mit leichter Comic-Schlagseite erinnernden Bilder waren die Stereotype des hypermaskulinen Machos vom lonesome Cowboy in der Prärie bis zum Matador. Die Darstellungen waren noch nicht so explizit wie bei späteren Generationen, inspirierten jedoch nicht zuletzt Tom Of Finland.

Nächste Woche eröffnet nun im Taschen Store in Berlin im Rahmen des Gallery Weekend eine große Retrospektive auf George Quaintance:

AUSSTELLUNGSERÖFFNUNG am FREITAG 26. APRIL 2019
 19:00-21:00
 Taschen Store
 Schlüterstraße 39 (10629 Berlin) 

Mittwoch, 10. April 2019

INTO THE LIGHT – The Music Photography of Jérôme Brunet

Credit Coverbild: © Jérôme Brunet   Insight Editions
Wir alle kennen Sie, die großen, teils ikonisch gewordenen Aufnahmen aus der Blütezeit der Rock und Blues-Musik: Jene Momentaufnahmen von den Superstars der Rock N´Roll Photography wie Terry O´Neill, Jim Marshall, Baron Wolman, Neal Preston oder Norman Seeff. Die von ihnen geschossenen Bilder trugen maßgeblich dazu bei die ästhetisierte Ikonographie des Rock mitzugestalten und den Musikern eine geradezu mystisch anmutende Aura  zu verleihen. Heute gehört dieses Subgenre der Fotografie - die Verbindung von Konzert-oder Studioaufnahmen mit dem Anspruch hoher Kunst - zu einer immer selteneren Gattung. Klar, Livefotos gibt es natürlich nach wie vor, dafür reicht schon ein Blick in den Graben vor der Bühne bei jedem größeren Festival, doch fehlt den meisten dieser Pics die „Sophistication“, die es rechtfertigen ihnen eine Ausstellung zu widmen oder sie in eine Kunstgalerie zu hängen.
Credit Coverbild: © Jérôme Brunet   Insight Editions
Ein neuer Vertreter der „old school“ jener hohen Fotokunst, der einerseits hochauflösende, moderne HD-Bilder schießt, jedoch tief in der Tradition der eingangs erwähnten Granden steht ist der Franzose Jérôme Brunet. Dessen Aufnahmen von immenser expressiver und emotionaler Qualität kann man nun in einem neuen coffee table-Bildband (erschienen bei Insight Editions) erleben. Brunet ist selbst nicht nur Fotograf sondern auch Musiker, weshalb er ein besonders Auge für die Subjekte seiner Bilder hat. So sehr er von den Vintage-Aufnahmen des Rock N´Roll inspiriert ist, so individuell ist sein Stil. Denn Brunet hat nicht nur eine eigene Art der Bildkomposition sondern schießt seine Bilder im sog. „französischen Stil - er richtet das Objektiv seiner Kamera, wie der Titel des Buchs schon ankündigt „Into The Light“, mitunter ins gleißende Licht. Dabei entstehen ungemein dynamische Aufnahmen, die es einerseits schaffen eine elektrisierte Live-Atmosphäre auf die Hochglanzseiten dieses Bildbandes zu transportieren und dabei andererseits genau das bewerkstelligen, was das Wesen jeder guten Fotografie ausmacht: Die Persönlichkeit des jeweiligen Musikers in geradezu intimer Weise einzufangen. Ob Slash in breitbeiniger Testosteronbomben-Pose, Sir Mick beim “Moves Like Jagger“-Tanz bei einem Stones Gig oder Blues-Legende BB King, in dessen Gesicht sich die ganze Emotionalität des Blues widerspiegelt: Brunet schafft es perfekt Musiker beim Erleben kreativer Flows einzufangen. Das weiß etwa auch Bluesrock-Grandsigneur Steve Miller der für seinen Freund Brunet das Vorwort für diesen Bildband verfasste.
Credit Bild: © Jérôme Brunet   Insight Editions
Wer Rock N´ Roll-Photography mag sollte Brunet unbedingt am Radar haben, zählt er doch fraglos zu den interessantesten Vertretern seiner Zunft - und „Into The Light“ beweist auf jeder der 200 Hochglanzseiten warum es sich lohnt diesen neo-traditionalistischen  Fotokünstler zu entdecken.

Freitag, 5. April 2019

100 JAHRE BAUHAUS


Credit Coverbild: ©  Taschen Verlag

Am 12. April wäre das legendäre Bauhaus 100 geworden.
Passend zu diesem Anniversary ist ein in Kooperation mit dem Berliner Bauhaus-Archiv entstandener Prachtband erschienen. Dieser widmet sich allen Aspekten der 1919 von Walter Gropius gegründeten Kunst- und –Gestaltungsschule, deren wegweisende, visionäre Designs nicht nur ihrer Entstehungszeit (genau zwischen den zwei Weltkriegen) voraus waren sondern in weiterer Folge das ganze 20. Jahrhundert und den zeitgenössischen Modernitäts-Begriff geprägt haben.
Die nun neu erschienene, aktualisierte Ausgabe enthält über 550 Abbildungen auf 400 Seiten und zeichnet in Retrospektiv-Manier die Entstehung und das Wirken des Kultphänomens Bauhaus nach.

SUSPIRIA (2018)


Credit Bild: © Koch Media
Mit Remakes bekannter Klassiker der Kinogeschichte verhält es sich so ähnlich wie mit Cover-Versionen in der Musik: Fans des Originale können oftmals wenig mit ihnen anfangen, die Gefahr zur uninspirierten Kopie zu werden ist stets nah und somit erweist sich die Fallhöhe als beträchtlich. Doch ein Cover bietet, wie ein Blick in die Musikgeschichte beweist, immer auch die Chance „auf den Schultern von Riesen“  oder verehrten Vorbildern profund Neues zu schaffen und einem bestehenden Werk etwas Einzigartiges hinzuzufügen. Bei der 2018er Neuauflage eines der legendärsten italienischen Horrorfilme aller Zeiten - Dario Argentos „Suspiria“  - wollte  „Call Me By Your Name“-Regisseur Luca Guadagnino offenbar den letzteren Weg gehen und neue Deutungsmuster im bekannten Stoff des Meisters finden. Dabei geht er künstlerisch gesehen über die Leichen jener Aspekte, die das Original zu einem singulären Kultfilm werden ließen.

Vom Argento´schen Urtext bleibt hier nur das Skelett über: Wie im Original folgt der Zuschauer der jungen Suzy (diesmal verkörpert von „50 Shades“-Star Dakota Johnson) bei ihrem Weg in ein deutsches Tanz-Internat mit  unheimlich anmutenden Leiterinnen (allen voran Tilda Swinton). Suzys Nachtruhe wird regelmäßig von Alpträumen gestört und einige ihrer Tanzkolleginnen verschwinden auf mysteriöse Weise. Das unbedarft wirkende Mädel ahnt da noch nicht, dass sie Teil eines sinistren Plans ihrer okkulten Lehrerinnen ist…
Hier enden jedoch schon die Gemeinsamkeiten. Dem „Suspiria“ des 21. Jahrhunderts ist das europäische Paracinema der Siebziger wesentlich weniger nah als etwa Darren Aronofskys „Mother“ (2017) oder Nicolas Winding-Refns „Neon Demon“ (2016).
Immerhin, man muss diesem Prestige Projekt der Amazon Studios zu gute halten, dass es  nicht auf Nummer sicher geht. Die knalligen Farbspiele und die perfiden „murder set pieces“ für die Argento so berühmt und respektive berüchtigt ist, müssen weichen. Wo bei "Supriria" im Jahre 1977 noch zeitgeistiger Progressive Rock im Soundtrack dominierte, stehen nun alternative Noise-und Klangstrukturen mit dezenter Pop-Nähe von Radiohead-Frontman Thom Yorke  im Mittelpunkt.  Allein eine gewisse Faszination für Architektur teilen beide Regisseure. Doch während Argento das Spiel mit seinen „Signatures“ virtuos beherrschte, verstolpert sich Guadagnino bei seiner eigens ersonnenen Choreographie.
 
Credit Coverbild: © Koch Media
Wenn die Spielzeit in "Suspiria" (2018) die Länge des Ursprungsfilms überschritten hat, ist die Handlung noch immer nicht in Fahrt gekommen. Anstatt auf Suspense und Horror setzt der Regisseur nämlich vor allem auf ausgewalzte Tanz-Szenen. Der Horror er lauert hier nicht in „jump scares“ oder einer bedrohlichen Atmosphäre, nein, der wahre Horror liegt im Modern Dance nach Festwochen-Zuschnitt. Doch allein diese hier ausgelebte private Begeisterung des Directors für einen ästhetisch immerhin toll gefilmten Tanz der Teufel sollte den geneigten Genre-Fan noch nicht dazu treiben, den Film als Sakrileg in (Pina) Bausch und Bogen abzuschreiben. Dafür sorgt vor allem anderen schon der zähe, mäandernde Plot, der ähnlich ziellos wie ein ins Nichts laufender High Fashion-Werbespot wirkt. Dass Guadagnino das Ganze noch mit einem unausgegorenen, plakativen Polit-Subtext verbrämt  - die Story ist im Erscheinungsjahr des Argentos-Film, dem deutschen Herbst 1977, angesiedelt , wobei das Setting seltsamerweise über weite Strecken sehr winterlich anmutet – macht es nicht besser. Plakative Dialoge über das Zeitgeschehen tun ihr übriges.

Guadagninos Film ist stets bemüht hohe Kunst zu sein, nicht bloß ein Schauerstück sondern ein „thinking man´s horror movie“. In diesem Ansinnen gelingt ihm jedoch nur ein überlanges (150 mehr als gestreckte Minuten!) prätentiös anmutendes Experiment, das zu roh fürs Arthouse und zu wenig spannend fürs Grindhouse ist. Dass man es hier dennoch mit einem der ungewöhnlichsten Genre-Filme der letzten Jahre zu tun hat, den man als Horror-Fan und Argento-Jünger zumindest gesehen haben sollte, und sei es nur um sich erneut zu vergewissern,  dass das Original auch anno 2019 besser ist , muss man anerkennen.
Am Schluss steht man wieder bei der Coverversion-Allegorie: Guadagnino bleibt mit seiner Interpretation des Stücks zwar im selben Genre ändert jedoch so radikal die Tonalität und das Tempo, dass letzten Endes sogar die Grund-Melodie entstellt wird:  Ein Cover mit hinzufügten Solo-Passagen einzelner Instrumente, bei dem jedoch insgesamt die Dissonanz einer gut intendierten, jedoch missglückten  Neuinstrumentierung überwiegt und sich kein harmonischer Gesamteindruck einstellen mag.

LORDS OF CHAOS


Credit Bild: © Studio Hamburg Enterprises GmbH
Based on truth and lies - and what actually happened…

In der unwirtlichen Eiseskälte des hohen Nordens Europas entsteht in den Achtzigern und frühen Neunzigern ein neues Genre extremen Metals. Es wird das letzte Mal sein, das Musik so richtig gefährlich ist: Jonas Åkerlunds neuer Film „Lords Of Chaos“ erzählt nun davon wie eine kleine Subkulturszene künstlerisch neue Wege geht, sich jedoch dabei zunehmend radikalisiert und schließlich ein ganzes Land in Atem hielt.

Es scheint derzeit ja so etwas wie eine Renaissance des Musik-Biopics zu geben: Ein prestige-trächtiger Film über den King Of Rock N´Roll mit Tom Hanks als Col. Parker ist angekündigt, unlängst feierte die Glam Metal-Chronik „The Dirt“ über die Exzesse von Mötley Crüe auf Netflix Premiere und bei den diesjährigen Golden Globes & Oscars sowie an den Kinokassen räumte der Queen-Film „Bohemian Rhapsody“ ab. Dass mit  „Lords Of Chaos“ nun ausgerechnet der meilenweit von jeglichem Mainstream entfernte Black Metal bzw. um genauer zu sein der „True Norwegian Black Metal“ ein eigenes „BoRap“ erhält, ist durchaus bemerkenswert. Wobei die höchst dramatischen Ereignisse in der Frühphase dieses Genres tatsächlich eine Verfilmung rechtfertigen – wenngleich im Zentrum weniger künstlerische Triumphe oder eine Läuterungsgeschichte exzessiver Rockstar im Zentrum steht, sondern eine trostlose Bestandsaufnahme einer irregeleiteten Jugend.
Credit Bild: © Studio Hamburg Enterprises GmbH
Basierend auf dem gleichnamigen Buch entführt „Lords Of Chaos“  den Zuseher in die klirrende Kälte des Norwegens der Neunzehnneunziger-Jahre. Während in den USA der Metal endgültig in die Charts vorgedrungen ist (Black Album der Four Horsemen Metallica anyone ? ) zog er sich im hohen Norden Europas zurück in ein selbst gewähltes  Exil. Inspiriert von frühen Vertretern extremer Musik wie Celtic Frost oder Venom entwickelte eine überschaubare Gruppe jugendlicher Metalheads innerhalb einer lokalen, abgeschotteten Subkultur-Szene eine neue, karge, reduzierte, dezidiert antik-kommerzielle Musik, die so schroff wie die Natur Norwegens anmutet: Traditioneller Gesang wich einem dämonischen Kreischen, sägende Gitarren-Sounds, bewusst schlecht produziert bolzten militärisch aus den Boxen. Die Musiker schminkten sich mit „Corpsepaint“, eine KISS oder King Diamond nicht unähnliche Kriegsbemalung. Die Texte wurden getragen von einer morbiden Faszination für Satanismus, Okkultismus und „Pagan“-Philosophien. Eine neue, schwer zugängliche Ausdrucksform des Heavy Metal war geboren.
Doch was mit extremen Klängen begann, spiegelte sich leider bald in den Taten der Musiker wider. Die jugendlichen Mitglieder der norwegischen Szene ergingen sich in Rivalitäten, manche von ihnen beschäftigten sich nicht bloß mit Satanismus sondern auch mit kruden, nationalistischen Theorien. In der Rap-Szene der USA blieben gewaltsame Auseindersetzungen auf einer "internen" Ebene von Plattenbossen und Gangs. In Norwegen jedoch hielt eine kleine Gruppe Jugendlicher, die ihre eigene Musik allzu ernst nahmen, bald ein ganzes Land in Atem:  Wahnsinn, Gewalt, Mord, Suizid und schließlich das berüchtigte Anzünden historische Kirchen waren die erschreckenden Folgen.
Credit Bild: © Studio Hamburg Enterprises GmbH
Regisseur Jonas Åkerlund, der zuletzt den Hitman-Streifen „Polar“ mit Mads Mikkelsen drehte und als  Mann hinter im Gedächtnis bleibenden Musikvideos  wie „Turn The Page“ von Metallica, „Come Undone“ von Robbie Willaims oder „Smack My Bitch Up“ von The Prodigy bekannt ist, zeigt diesen Abstieg in  tiefste Abgründe schonungslos und weitgehend unzensiert (Stichwort: FSK 18). Im Gegensatz zu anderen Biopics nähert er sich seinem Thema jedoch nicht aus der akademisch-distanzierten Perspektive eines Außenstehenden. Denn Akerlund war selbst kurzzeitig Drummer bei der frühen Black Metal-Combo Bathory und ist damit  so etwas wie ein Insider. Auch bei „Lords Of Chaos“ pflegt er seinen „Signature Dirty Glamour“-Stil ohne sich jedoch in reiner Videoclip-Ästhetik zu ergehen. Gekonnt lässt er die Zeit der Nineties originalgetreu wiederaufleben – vom Look bis zum ganzen Feeling des Films. Unterstützt wird er dabei von einer spielfreudigen Riege Jungstars, darunter Rory Culkin, Jack Kilmer, Sky Ferreira, Wilson Gonzalez Ochsenknecht und Valter Skarsgård).
Credit Bild: © Studio Hamburg Enterprises GmbH
Obwohl Akerlund Krawalliges nicht fremd und die Abseitigkeit des Plots beträchtlich ist,
wirkt „Lords Of Chaos“ bei aller Drastik nicht nur wie ein boulevardeskes Kolportage-Stück.
Vielmehr merkt man, dass der Director ein ehrliches Interesse an seinen jungen Hauptfiguren hat und bemüht ist ein weitgehend differenziertes Bild der düsteren Vorkommnisse in der norwegischen Szene zu zeigen - mit all seiner Dramatik aber auch allen Absurditäten und Lächerlichkeiten. Nicht immer gelingt es ihm dabei die Untiefen des Biopic-Genres mit historischen Verknappungen, Fiktionalisierungen und Klischees zu umschiffen. Klar ist auch, dass manche Hardcore-Fans eine  ästhetisierte Hollywood-Version der Black Metal-History grundsätzlich ablehnen werden.
Doch Åkerlund hat hier einen wesentlich besseren Film geschaffen als bspw. den völlig missglückten „The Dirt“ und liefert ein faszinierendes, semi-dokumentarisch anmutendes Portrait über eine unheilige Allianz zwischen kompromissloser Kunst und Verbrechen, das im Kern ein universelles „coming of age gone wrong“-Drama ist.

DON FELDER – AMERICAN ROCK ´N´ ROLL


Credit Bild: © Michael Helms   BMG
Beim neuen Studioalbum von Ex-Eagle Don Felder - jenem Mann der maßgeblich für den Über-Klassiker „Hotel California“ verantwortlich ist - hat man es mal mit einer Platte zu tun, die zu 100 % das hält, was sie dem Zuhörer auf dem Label bzw. dem Titel verspricht.
Es ist dies Felder erstes Studiowerk seit sieben Jahren und setzt punktgenau dort an, wo der Vorgänger „Road To Forever“ aufgehört hat -sprich es gibt auch hier hoch-melodiösen Rock einer Machart, wie sie heute nur mehr wenige spielen. Überhaupt ist „American Rock N´Roll“ in seiner Gesamtheit ein Album, wie es heute eigentlich gar nicht mehr gemacht wird.

Felder pflegt darauf seinen typischen, über Jahrzehnte kultivierten Stil: seine leicht angerauhte die Vocals hauchzende Stimme in Verbindung mit seinem großartigen, high definition-Gitarrensound mit auf den Punkt gespielte Riffs und Licks - alle Signatures des Adlers sie sind hier vereint. Unterstützung holt er sich diesmal mit mehr als hochkarätigen Gästen darunter Hutmeister Slash, Alex Lifeson, Sammy Hagar, Joe Satriani, Bob Weir, Mick Fleetwood, Chad Smith, Nathan East, Mike Finnigan, Abe Loriel Sr., Lenny Castro…puh, „star studded“ ist wirklich ein gutes Adjektiv für diese Ode an den Rock amerikanischer Prägung.
Credit Coverbild: © BMG
Man fühlt sich unweigerlich an die frühen 80s erinnert, an ein verheißungsvolles Rock N´Roll-Wonderland, der Ort des immerwährenden Sommers, wo die Stille lauer Nächte nur vom Dröhnen der Muscle Cars und ausschweifenden Highschool-Rock N´Roll- Parties durchbrochen wird. Ein Idealbild wie es auch schon Bob Seger besang und das in dieser Form nicht mehr existiert, von Felder hier jedoch sehr effektiv beschworen wird – inklusive krachender Riffs und Gang-Vocal. Ja über weite Strecken wirkt dieses neue Album tatsächlich als käme aus den Eighties – nur mit extrem druckvollem, modernem Sound (gemixt wurde es vom Spezialisten für klassischen Rock Bob Clearmountain und gemastered von Bernie Grundman).
Man findet auf „American Rock ´N´ Roll“ zwar keine richtigen Innovationen, tatsächlich sind einige der Song sogar eher sehr derivativ  - das ändert jedoch nichts daran, dass dies eine überaus lässige, gut abgehangene Feelgood-Platte für  Classic Rock-Fans ist.

Donnerstag, 4. April 2019

MUSIK FÜR DIE GUTE SACHE: GERALD GANGLBAUER´S PARKINSONGDUETS

© Marina Kunzfeld
Legt man dieses Album in den Player und weiß nichts über die bewegende Backstory dieses Projekts, so wird man als Zuhörer zunächst einmal mit einem sehr gut gelungenen, abwechslungsreichen Genre-Mix aus den Boxen begrüßt. Tatsächlich steckt jedoch weit mehr dahinter als nur die Mission zeitgenössischen sowie klassischen Retro-Rock und Pop unter die Leute zu bringen. Denn „Parkinsongduets“ ist eine Charity-Scheibe, die wie der Name schon verrät Awareness für diese heimtückische Krankheit fördern und dabei auch zeigen soll: „Menschen mit Parkinson können Rockstars sein!“

Initiiert wurde dieses Projekt vom österreichisch-australischen Autor und Verleger Gerald Ganglbauer, der selbst ein Betroffener der langsam fortschreitenden, degenerativen Erkrankung ist, bei der dopaminhaltige Zellen im Gehirn absterben, was letztlich zu Bewegungsstörungen Zittern, Steifheit, Langsamkeit sowie Gangproblemen führt. Inspiriert von legendären Charities wie Bob Geldofs "Live Aid" beschloss er, seine eigene groß angelegte Wohltätigkeitsaktion ins Leben zu rufen.
©Gerald Ganglbauer
Das Endergebnis kann sich mehr als hören lassen und umfasst eine große Bandbreite von melodischem Songwriter-Pop bis hin zum druckvollen Rock. Am Projekt beteiligt sind neben Ganglbauer die Musiker Andy Hitchman, Badhoven, Billy Spakemon, Ray Andrews, Connie Weixler, Eros Bresolin, Gisi Steinert, Joerg Veselka, John Langford, Johnny Schwarzinger,  Julia Jockelson, Pete Wain, Spring and the Land, The Base, Tom Isaacs  sowie Uli Sajko.

Wenn ihr dieses Projekt unterstützen wollt, geht das nicht nur durch den Kauf einer CD (siehe hierzu etwa den Link unten zu Ganglbauers Bandcamp Site) sondern auch indem ihr euch einen der Songs am WORLD PARKINSON´S DAY (Donnerstag den 11.04)  beim Radiosender eures Vertrauens wünscht: Denn je öfter die Songs aus diesem tollen Projekt on air gespielt werden, desto mehr Geld kommt herein, und das wiederum kommt einem förderungswürdigen Projekt zugute.

Weitere Infos:
https://parkinsonline.at/termine/welt-parkinson-tag-2019/