Freitag, 26. Mai 2023

QUENTIN TARANTINO - CINEMA SPECULATION

Credit Coverbild: © Reproduced by permission of Harper/an imprint of Harper Collins  
Ein entscheidendes Wesensmerkmal des Kinos im Allgemeinen und Hollywood im Speziellen war immer, dass eine der wenigen Konstanten der Wandel war. Stete Weiterentwicklung, niemals stillstehen, „the revolution will be projected onto the big screen“. Gerade jetzt befinden wir uns wieder in einer derartigen Umbruchphase: das klassische Kinoerlebnis steckt in der Krise, zunehmend austauschbarer werdende Franchise-Movies und „Lowest Common Denominator“-Machwerke, so blutleer wie von einer A.I. ersonnen, sind zunehmend die Norm geworden - eine Revolution die keine ist. Manche sprechen davon, dass die Schlacht bereits geschlagen ist und der Angriff der Intellectual Property-Klonkrieger (auf Kosten originärer Auteur-Werke) schon „erfolgreich“ war. Egal wie man zu der aktuellen Lage stehen mag, die Filmindustrie befindet sich jedenfalls zweifelsohne an einem Scheideweg - wie schon so oft in ihrer Geschichte. 

Des Gefühls dass hier gerade eine richtiggehende Wachablöse stattfindet kann man sich nicht erwehren. Auch weil Quentin Tarantino, jener Regisseur, der das moderne Kino und dessen (Bild-)sprache in den letzten 30+ Jahren wie kein zweiter geprägt und verändert hat, nun mit seinem schon länger angekündigten Rückzug aus Hollywood ernst macht. Nach 10 Filmen soll Schluss sein, das lässt nun nur noch einen finalen Film übrig, der sich gerade in der Vorbereitungsphase befindet. Oft hat QT in Interviews davon gesprochen, dass Regisseure nicht besser werden und es einen gewissen „Tipping Point“ gibt, an dem die Qualität ihrer Filme merklich nachlässt - die Anschauungsbeispiele hierfür liefert die lange Geschichte des Kinos, die Tarantino so gut kennt wie wenig andere. Obwohl man beim Kultregisseur bei weitem nicht von schwindender Kreativität sprechen kann, hat er letztlich schon alles erreicht und auch  das Hollywood 2.0 hat nicht mehr viel mit jenem Ort gemein, dem er in den Neunzigern eine bitter nötige Adrenalinspritze verabreichte.

Dieses wohl wirklich letzte Kinoprojekt (potentielle Serienproduktionen dürften nicht nur Gerüchte, sondern eine realistische Zukunftsoption sein) wird 1977 spielen und eine historische Persönlichkeit , die aber nichts zu den bekannten Protagonisten der damaligen Zeit zählt, als eine der Hauptfiguren haben und - hier schließt sich der Kreis zur bislang jüngsten Release aus der Casa Tarantino - den Titel  „The Movie Critic“ tragen. Denn als ebensolcher betätigt sich auch der Regisseur in seinem neuesten Buch „Cinema Speculation“, das ein Bindeglied zu seinem letzten Film sein dürfte.  

Das Follow Up zur Novelization von „Once Upon A Time In Hollywood“ ist das erste Full Length Non-Fiction-Werk des Autors, im Zentrum stehen Essays über die Filme aus der Ära einer echten cineastischen Revolution, als das „New Hollywood“ das im Studiosystem erstarrte „Old Hollywood“ ablöste. Es ist die Zeit als die Bilder schmutzig und die Hauptfiguren meist entweder gebrochen, Antihelden oder beides waren. Neue Erzählstrukturen, das Aufgreifen der Counterculture-Zeitströmungen veränderte die Art wie Movies gemacht und Stories erzählt wurden – sowohl in den großen Studioproduktionen als auch in den B-Movies. Es ist dies nicht nur die Zeit der Movie Brats wie Martin Scorsese, Steven Spielberg oder Brian De Palma sondern auch die Zeit des cineastischen Sozialisation Tarantinos. Beleuchtet werden Werke, die ihn nie losgelassen haben, wie etwa John Boormans „Deliverance“ oder John Flynns „Rolling Thunder“, Don Siegels „Dirty Harry“, Sam Peckinpahs „Getaway“ oder Martin Scorseses „Taxi Driver“. In einem Gedankenexperiment nicht unähnlich zu den Alternate History-Elementen in „Inglourious Basterds“ oder „Once Upon A Time In Hollywood“ spekuliert Tarantino wie „Taxi Driver“ wohl ausgesehen hätte, wenn Brian De Palma ihn directed hätte. 

 Als  Filmkritiker trat Tarantino schon in Beiträgen für die Website seines „New Beverly Cinema“ sowie für den „Video Archives“-Podcast mit seinem Freund Roger Avary in Erscheinung. Es ist eine weitere Rolle für den Mann der Schauspieler, Auteur, Autor und nun auch Analyst und Historiker ist. Das später bekannte Filmregisseure zunächst als Filmkritiker gerabeitet haben ist in der Geschichte des Kinos gar nicht so selten: Die Gründungsväter der Nouvelle Vague François Truffaut, Claude Chabrol, Éric Rohmer, Jacques Rivette und Jean-Luc Godard waren vor ihrem Durchbruch für die „Cahiers Du Cinema“ tätig. Auch Peter Bogdanovich oder Dario Argento schrieben zunächst Film-Reviews. Der umgekehrte Weg, also dass sich Regisseure nach ihrem Durchbruch öffentlich in filmkritischer Manier mit den Werken ihrer Zeitgenossen auseinandersetzen ist weitaus seltener. Truffaut tat dies in „Mr. Hitchcock wie haben sie das gemacht“ und „Die Filme meines Lebens“. Zu letzterem Werk werden auch bei der Lektüre von Tarantinos Buch Assoziationen wach. Bloß dass Truffaut eher nicht die Atmosphäre eines nur von Schwarzen besuchten Kinos bei einer frenetisch gefeierten Vorführung eines „Blaxploitation“-Films aufgesogen hat oder die Klimax von „Taxi Driver“ mit einem kollektiven Orgasmus für das Publikum verglichen hätte. 

And that´s the thing, man: Tarantino hat hier - wie könnte es anders sein - einen erfrischend unorthodoxen Filmkritik-Band veröffentlicht. Das für derartige Bücher ungewöhnliche, dynamische Tempo (Rückblenden und wilde Tangenten) sind für derartige Werke ungewöhnlich, für den Autor jedoch typisch. Was QT mit Truffaut gemeinsam hat, ist die Verknüpfung lebensgeschichtlicher Elemente und Kunstkonsum.  Denn „Cinema Speculation ist nicht nur ein mit Trivias und Querverweisen gespicktes Werk, sondern auch ein autobiographisches - beinahe ein biographischer Entwicklungsroman. War „Once Upon A Time In Hollywood“ schon QTs „Memory Piece“ so geht er hier nun noch einen Schritt weiter. Der erwachsene Tarantino - nun selbst zweifacher Familienvater - erinnert sich an seine Kindheit, die schon früh maßgeblich von Filmen geprägt wurde.

Ein allzu oft übersehener Aspekt in den Filmen Tarantinos ist ihr hohes Maß an Emotionalität und Sensitivität, ein Element dass gerade in den bittersüßen Elementen von „Cinema Speculation“ zutage tritt, bei der Suche nach Vaterfiguren oder den Enttäuschungen die der kleine Quentin erlebte, etwa durch Floyd einem Ordell-Robbie-artigen Vagabunden, der zwar seine Film-Faszination teilte, sich jedoch nicht als verlässlicher Kumpel für den Kinobesuch erwies.

In „Cinema Speculation“ geht es Tarantino oft ums Close-Up nicht um die Totale, Details stehen im Vordergrund, seien sie nun persönlicher Natur oder im Bezug auf „Filme seines Lebens“.  Hier mischt sich Biographische mit Anekdotischem, Fakten über Klassiker und Kleinode mit alltäglichen Situationen, wie Diskussion über das eben gesehene auf dem „ride home“. In diesen Momenten wendet sich die Kamera von der Leinwand ab, fährt wie in einer Plansequenz heraus aus dem Kinosaal, und fokussiert auf die Kulissen oder hält darauf auf „little q watching big movies“ und fängt dabei jene Momente ein, in der der spätere Kultregisseur geboren wurde. Beim Lesen hat man so immer wieder „Deja Vu“-Momente die einene zu QTs eigener Fiilmographie bringen sowie ein Gefühl, das man nur als „Foreshadowing“ bezeichnen kann und das prägend für zahlreiche Künstlerbiographien ist  (siehe etwa auch Steven Spielbergs „The Fabelmans“): etwa wenn Tarantino einen Dialog mit seiner Mutter Connie, über das Ende von „Butch Cassidy And The Sundance Kid“, ein prototypisches Finale für die damalige Zeit, sowohl formal als auch ins einer Vermeidung eiens „Happy Ends– das legendäre „freeze frame“, das den Moment vor dem Tod der Hauptfiguren festhält – und der Meinung ist, anstatt das blutige Schicksal der von Robert Redford und Paul Newman verkörperten Figuren nicht  zu zeigen - „they shoulda shown it“

„Cinema Speculation“ ist ein Fest für Filmfans - allerdings eines, bei dem sich nur jene amüsieren werden, die zu den Cracks und Auskennern gehören und so über einen reichen Wissensschatz in Sachen Movie History verfügen um den intertextuellen Analysen Tarantinos auch folgen können. Dieser hat ein Werk geschrieben, dass so meta und leidenschaftlich ist, wie seine Filme; das Buch eines Mannes, den die Passion für die bewegten Bilder nie losgelassen hat und dessen Leben und Werdegang letztlich selbst wie der Stoff einer märchenhaften „Es war einmal in Holylwood“-Erzählung anmutet.

Cinema Speculation von Quentin Tarantino, erschienen bei Harper

Mittwoch, 10. Mai 2023

DEPECHE MODE - MEMENTO MORI

Credit Bild: © Anton Corbijn  Sony Muisc
Im Musikvideo zu „Ghosts Again“, der ersten Singleauskopplung des mittlerweile 15.Albums der Elektro-Pioniere Depeche Mode sitzen sich Dave Gahan und Martin Gore schachspielend gegenüber- wie einst Max Von Sydow als Ritter Antonius Block und Bengt Ekerodt als "Der Tod" in Ingmar Bergmans "Das siebente Siegel". Es ist das Spiel der Könige um mehr Lebenszeit, Zug um Zug, das Schachmatt am Ende ist letztlich gewiss. Diese Unausweichlichkeit spiegelt sich nicht nur in der selbst für Depeche Mode-Verhältnisse gedämpften Stimmung dieser Platte sondern auch im Albumtitel wider: Memento Mori - der ewig niederschmetternde Satz der Gewissheit vom Ende, der vom Kalenderspruch bis zum Tattoo-Motiv allzu präsent ist, und dennoch unweigerlich eine ganz neue Bedeutung gewinnt, sobald Individuen mit der eigenen Endlichkeit konfrontiert werden. So muss es auch  Gahan und Gore gegangen sein als 2022  Keyboarder und Gründungsmitglied Andy Fletcher vollkommen unerwartet verstarb.

Die Songs von "Memento Mori" entstanden zwar vor dem Tod Fletchers, dennoch klingen die neuen Stücke über weite Strecken wie in einer nach dem tragischen Verlust  tattgefundenen, therapeutischen Songwriting-Session ersonnen. Wehmut und permanentes Dunkelgrau sind zwar Trademarks des DM-Stils, Happy Sound war nie die Devise der Band - doch an die Stelle der weltvergessenen Euphorie vieler früherer Werke tritt nun Dysphorie. Gahan/Gore das dynamische Duo,  einst die jungen Wilden der Szene nun die Grand Signeurs des EDM. Das wird auch bei den neuen Songs deutlich  die ohne das komplette Selbstzitat zu wagen, doch sehr an die Vergangenheit gemahnen und insbesondere Anklänge an die "early days" durchschimmern lassen.

Zu dieser Rückbesinnung auf die Anfangsjahre scheint auch eine zumindest temporäre Abkehr von einem der wesentlichsten Genres, welches die Basis vieler  großer Depeche-Hits bildete: Blues-orientiert ist "Memento Mori" nicht. Dafür klingen DM hier noch cineastischer als sonst, viele Song-Parts muten wie der Soundtrack zu einem Film an, den es noch nicht gibt. Die großen Hymnen bleiben dabei jedoch aus. Dieses zurückgenommene Album changiert zwischen dem Erwartbaren und überraschen großen und tragisch-emotionalen Elementen und schließt mit seinen offensichtlichen 80s-Bezügen auch den Kreis zu den Anfangsjahren der Band - zu einem Zeitpunkt als ein prägendes Mitglied, "Fletch" mit seinen atmosphärischen Klangteppichen, fehlt. Vielleicht ist dieser Fokus auf Soundscapes, anstatt auf Riffs von Gores Gretsch-Gitarre ein bewusster Tribute an den verstorbenen Fletcher. An das "Bedenken" dass alle Menschen sterblich sind, tritt auf diesem ruhigen Album ein "Gedenken" an einen verlorenen Freund und ein Verfolgen des roten Fadens der die Synth Pop-Band der beginnenden Achtziger-Jahre mit den Elektro-Legenden von heute verbindet.

Credit Bild: © Sony Music



Dienstag, 9. Mai 2023

BLACKMORE´S NIGHT - SHADOW OF THE MOON 25th ANNIVERSARY EDITION

Credit Bild: © earMusic Edel 
Als Saitenmagier Ritchie Blackmore 1997 mit „Shadow Of The Moon“ das Debütalbum seines Mittelalter-Projekts mit Gattin Candice Night veröffentlichte, war das eine Platte auf die streng genommen wohl die Wenigsten so richtig gewartet hatten. Denn der damals bereits legendäre Virtuose  musizierte hier nicht nur im titelgebenden Schatten des Mondes. sondern auch in jenem seiner übergroßen vormaligen Bands.
Während eine nicht unerhebliche Anzahl an Fans eine Reunion mit Deep Purple (die Mitte der Neunziger auch nicht eben am Höhepunkt ihres Schaffens standen) oder zumindest mit Rainbow herbeisehnten, ging der immer schon eigensinnige Blackmore justament (s)einen eigenen Weg. Das Ergebnis war ein anachronistisch anmutendes Selbstverwirklichungsvorhaben, das als bewusster Stilbruch zu seinen früheren Bands fungierte. Gleichzeitige setzte dieses in sich komplett stimmige Werk einen neuen Maßstab in Sachen authentischer Renaissance-und Medieval-Musik.

Nun wird dieses Album zum 25th Anniversary neu aufgelegt. Das märchenhafte Artwork kommt in der LP Version besonders schön zur Geltung, die Ausstattung und das Bonusmaterial ist "Deluxe": Zwei bisher unveröffentlichte Akustik-Songs sind Teil dieser Neuauflage : „Spirit Of The Sea“ und „Shadow Of The Moon“, beide aufgenommen in einer Home Recording Session von Candice und Ritchie in diesem Jahr. Alle physischen Erstauflagen werden außerdem eine exklusive "Shadow Of The Moon"-Dokumentation auf DVD enthalten. Im Zuge des Jubiläums werden zudem zwei limitierte Black LP-Editionen mit jeweils einem „Golden Ticket“ ausgestattet: zwei glückliche Fans können eine Fender Ritchie Blackmore Signature Stratocaster-Gitarre gewinnen.

Auf "Shadow Of The Moon" wird Medieval und Renaissance-Musik -  der Vorläufer einer wesentlichen Folk-Spielart aus der Frühphase des Sixties-Rock -  in Perfektion zelebriert.  Ritchie Blackmore liefert als Multi-Instrumentalist mit seiner Band (und auf einem Track auch mit In Anderson von Jethro Tull) den Backdrop für die ätherische Stimme seiner Frau Candice Knight. Dabei wird in gekonnter Weise eine längst vergangene Zeit evoziert was gerade auf diesem Erstlingswerk, das fraglos zu den besten Werken von Blackmore´s Night zählt, eine besonders mediative Kraft entfaltet - und dieses in der Vergangenheit verhaftete Album letztlich zeitlos werden lässt.

THE DAMNED - DARKADELIC

Credit Bild: © earMusic Edel / Martin Gooch
Blickt man auf die „First Wave“ der britischen Punkbands ergibt sich ein eher tragisches bis betrübliches Bild: Anders als viele der von ihnen seinerzeit verachteten und heute unter Classic Rock firmierenden Gruppen erwiesen die meisten geringe „Staying Power“. Verblichen, implodiert, aufgelöst, zerstritten -  lauten die Diagnosen zu den protagonisten der einstigen Revolution. Oder beinahe beim Song Contest gelandet - wie im Falle von John Lydon aka Johnny Rotten, der damit nicht gerade an seiner Street Credibility arbeitete, aber gut, er war ja auch schon in der UK-Version des Dschungelcamp.

Nur jene die einst die Ersten waren, machen nun scheinbar als Letzte das Licht aus: The Damned aus London, die 1976 mit „New Rose“ die erste offizielle Punk-Single veröffentlichten. Mit dieser brünftig-anarchistischen Hymne hat das nun veröffentlichte neue Studioalbum wenig gemein. Ein Umstand der langjährige Fans nicht überrascht, drifteten die Mannen um Sänger Dave Vanian doch schon vor langer Zeit in Gothic und Wave-Gefilde ab. 
„Darkadelic“ ist dann auch eine eklektische Mischung diverser Stilrichtungen die den Punk-Ur-Sound beeinflussten oder sich als Subszene aus ihm heraus entwickelten.
Dies macht die Platte zwar sehr abwechslungsreich, sorgt allerdings auch dafür, dass die Ergebnisse eher wechselhaft ausfallen - von atmosphärischen Rockabilly-Anklängen über Punk-Reminiszenzen hin zu etwas bemüht und hüftsteif wirkenden Pop-und Rock Versatzstücken.  Dies alle macht aus „Darkadelic“ kein verdammt gutes Album - solide ist es für Fans aber immerhin.
Credit Bild: © earMusic  Edel

Donnerstag, 4. Mai 2023

STAR WARS DAY May the 4th: Das Archiv der Kult-Trilogie

 

Credit Bild: © Taschen Lucasfilm

"Es war einmal in den Siebzigern des vorigen Jahrhunderts in einer gar nicht weit entfernten Galaxis..."

So oder so ähnlich könnte eine Rekapitulation der märchenhaften Erfolgsgeschichte von Regisseur George Lucas beginnen, der mit seiner Sternen-Saga vom immerwährenden Kampf "Gut gegen Böse" - also von den Jedi-Rittern gegen die Sith und das galaktische Imperium - einen gleichermaßen modern-futuristischen wie zeitlosen Mythos schuf. Ein Mythos der alters- und generationsübergreifend eine ungebrochene Faszination  ausübt -  außer Lucas gelang dies nur Tolkien und seinem Ringzyklus.
In jüngerer Vergangenheit hat dieses makellose Milliarden-Franchise um Luke Skywalker, Yoda, Obi-Wan Kenobi, Lord Vader & Co. zwar  durch eine wohlintendierte, jedoch missglückte Prequel-Trilogie, die neuen, noch schlimmeren Fortsetzungen sowie Substandard-Spinoffs wie „Rogue One“ oder die 2018er Han Solo-Story (der erste richtige Flop in der Geschichte von "Krieg der Sterne") ein paar Dellen abbekommen - doch all dies spielt beim gerade neu auf deutsch erschienenen „Star Wars Archiv“ aus der Filmreihe des Taschen Verlags überhaupt keine Rolle. die ausladende, schwelgerische Bildband-Retrospektive im Umfang eines Bantams, dreht sich nämlich nur um die kultige Classic Trilogy - also die Episoden IV -VI mit den SF-Klassikern  "A New Hope" , "The Empire Strikes Back" und "Return of the Jedi". Ewoks und Javas statt Jar Jar Binks lautet hier also die interstellare Devise.
Damit richtet sie sich zwar nicht ausschließlich, aber doch in besonderem Maße an alle alten Fans, die  so wie ich das Planetensystem des George Lucas in Kindheitstagen entdeckt haben.
Credit Bild: © Taschen Lucasfilm
Credit Bild: © Taschen Lucasfilm
Credit Bild: © Taschen Lucasfilm
 Waren schon die ähnlich gelagerten Releases über Pedro Almodóvar oder James Bond aus dieser Buchreihe sehr aufwendig, so ist dieser Band sogar noch eine Spur luxuriöser (und schwerer). Öffnet man die Schutzbox aus Karton, so offenbart sich einem ein wohlbekannter Anblick: der Galaxy-Shot mit dem seit 1977 jede Episode beginnt-  inklusive Sternenglitzer all over im Einband!
Das Star Wars-Archiv ist jedoch nicht nur ein Schmuckstück, das als stylischer Einrichtungsgegenstand durchgeht sondern auch ein extrem gehaltvolles und informatives Buch für Cineasten. Denn das Herzstück dieses in enger Kooperation mit George Lucas und Lucasfilm entstandenen Bandes ist ein extrem langes und äußerst ausführliches Interview mit dem visionären Regisseur und Schöpfer der Filmreihe.
Einen tieferen Einblick in die Entstehungsgeschichte der Originaltrilogie hat man auch dank der zahllosen selten gezeigten Dokumente, Drehbuchseiten, Produktionsunterlagen, Konzeptentwürfe, Storyboards und unzähligen Fotos aus den Filmen und den Dreharbeiten selten bekommen. Der Herausgeber und Filmexperte Paul Duncan entwarf hier ein Kompendium mit der sich die gesamte Entwicklung dieses Kults nachvollziehen lässt - von den Inspirationen Lucas' zu den Skizzen hin zur schlussendlichen Realisation im Film.

Zwar ist dieses neue Star Wars-Archiv bei weitem nicht das erste bibliophile Werk über die Kult-Trilogie – doch durch seinen schieren Umfang wird man wohl die gesamte Galaxis vom Wüstenplaneten Tatooine bis zur Eiswelt Hoth durchsuchen können und kein besseres Buch über das Phänomen finden.
  
Das Star Wars Archiv: 1977–1983 von Paul Duncan, Hardcover, Halbleinen, 41,1 x 30 cm, 604 Seiten
ISBN 978-3-8365-6340-6, Ausgabe: Englisch, erschienen im Taschen Verlag