Montag, 8. April 2024

75 JAHRE FENDER

Rote Fender Stratocaster Gitarre 75 Jhare Fender Chronik Buch Cover
Credit Coverbild: © Hannibal Verlag
Ergonomisch perfekt geformt schmiegt sich ihr schlanker, geradezu aerodynamischer Korpus an den Musiker. Ihr heller charakteristischer Signature-Klang ist zwar unverkennbar und dennoch so adaptiv, dass er in jedem Genre zu reüssieren vermag - selbst in jenen musikalischen Spielarten, die zum Zeitpunkt ihrer Kreation noch gar nicht geboren waren. Ihr Design steht noch heute im starken Kontrast zu den Instrumenten des ewigen Konkurrenten Gibson, erwies sich jedoch als nicht minder zeitlos - nicht umsonst wird dieses Instrument bis zum heutigen Tage im Kern unverändert gebaut. Die Rede ist von der Fender Stratocaster die vor genau 70 Jahren im April 1954 in Serienproduktion ging.
Passend dazu hat die Firma Fender das „Year Of The Strat“ ausgerufen, das mit Jubiläumsmodellen sowie einer äußerst emotionalen Werbekampagne den geradezu mythischen Charakter dieser legendären Erfindung feiert.

Die Strat spielt natürlich auch in der offiziellen Chronik die zum Dreivierteljahrhundert-Jubiläum der Firma Fender erschienen ist eine Hauptrolle. Passend zu diesem besonderen Anlass ist dann auch diese bibliophile Festschrift zur Geschichte der Kultmarke sowohl äußerst umfangreich als auch besonders attraktiv gestaltet. Geschrieben hat sie eine absolute Koryphäe auf dem Gebiet der Gitarrenkunde: Dave Hunter, einer der anerkanntesten Experten auf diesem Gebiet, der sich mit zahlreichen ähnlichen Veröffentlichungen und Beiträgen in der Fachpresse einen Namen gemacht.

Die Historie der Fender Musical Instruments Corporation ist natürlich auch die Geschichte ihres Gründers Leo Fender. Dieser konnte zwar selbst kein Instrument spielen, implementierte jedoch zahlreiche, für Musiker ungemein sinnvolle Innovationen in seinen Kreationen. Darüber hinaus setzte der "Henry Ford der Gitarrenbaukunst" auch in Sachen ökonomisch-effizienter und robuster Fertigung Maßstäbe. Die Erfolgsgeschichte dieses Unternehmens ist neben der klanglichen Komponente ("That Great Fender Sound") auch ein Beispiel für eine Revolution er Ästhetik: Gitarren in Farben der Straßenkreuzer der Fünfziger und Formen, die ihrer Zeit einerseits weit voraus waren und gleichzeitig  prototypische Produkte des Space Age der Nachkriegsjahre darstellen.
Dem Umstand, dass die Produkte aus dem Hause Fender von Telecaster, Stratocaster oder Jazzmaster bis zu den Verstärkern auch amerikanische Designikonen sind wird auch in der Aufmachung des 75 Jahr-Buchs Rechnung getragen:  Ein stylisher Schuber in Tweed Optik schützt den Band und gemahnt an die Fifties Amps und Koffer Fenders. Gut, aus echtem Tweed-Stoff hätte dieser für den letzten Schliff an Exklusivität schon sein dürfen, die Idee ist aber dennoch originell und sorgt dafür,  dass Buch nicht nur ein schöner Bildband sondern auch ein Sammelstück ist. 

Im Inneren erwarten den Leser neben tiefgehenden Texten die von der Fender-Frühzeit bis zur Gegenwart alles abdecken auch zahlreiche, teils seltene Bilder aus dem firmeneigenen Archiv und ein Layout das an die kultigen Vintage Kataloge und Werbemittel der Firma erinnert. Mad Men lässt grüßen. Diese Ads mit ihrer charmanten Retro-Ästhetik machen auch einen gewichtigen Teil des Anschauungsmaterials dieses Bands aus, selten hat man so viele dieser Sujets an einem Ort versammelt gesehen. Neben den zahlreichen Entwicklungsstufen und Variationen der Fender-Produkte fokussiert dieser Band natürlich auch auf jene Ikonen, die diese Instrumente erst unsterblich gemacht haben: von Buddy Holly zu Jimi Hendrix Eric Clapton oder Stevie Ray Vaughan.

Retrospektiven auf Fender, die es sehr gut verstehen ihre Jubiläen zu feiern, gibt es nicht wenige - dieser 75th Anniversary Band zählt jedoch fraglos zu den schönsten seiner Art, der eine gelungene Hommage an Instrumente und Verstärker darstellt, die den Lauf der Musikgeschichte maßgeblich mitgeprägt haben. 

75 Jahre Fender von Dave Hunter, erschienen in deutscher Übersetzung im Hannibal Verlag

Dienstag, 26. März 2024

WILDE KREATUREN: WALTON FORD signiert im TASCHEN Store Köln

 

Credit Bild: © Walton Ford Taschen Verlag 
Musik- und Stones-Fans kennen den amerikanischen Künstler Walton Ford wohl vor allem wegen seines "King Kong"-Covers für die Greatest Hits-Compilation "GRRR!". In der Kunstwelt ist er insbesondere für seine detailreichen Tier-Aquarelle berühmt. Auf den ersten Blick mögen seine Arbeiten sehr klassisch anmuten, erinnern sie doch stark an die historischen Bilder von John James Audubon. Auf den zweiten Blick offenbaren sich jedoch zahlreiche versteckte Anspielungen, witzige bis düstere Details und Symbole-  ein anthropomorphes Schauspiel der Hintergründigkeit.

Nun ist eine kompakte, aktualisierte Neuauflage von Waltons Werkschau "Pancha Tantra" erschienen - und diese wird der Künstler persönlich im April in Köln signieren, allerdings nicht im Zoo sondern ...

WO ?

TASCHEN Store Neumarkt 3 (50667 Köln) 

WANN ?

                                         Samstag 20.April 2024, von 17 bis 18 Uhr


Credit Coverbild: © Walton Ford Taschen Verlag 


Walton Ford. Pancha Tantra 40th Edition
Walton FordBill Buford
Hardcover, 15,6 x 21,7 cm, 3,89 kg, 512 Seiten
taschen.com

Sonntag, 11. Februar 2024

BOB DYLAN - MIXING UP THE MEDICINE

Credit Coverbild: © Droemer Knaur
Seit Jahrzehnten arbeiten sich Heerscharen von Dylanologen an der Deutung der vielschichtigen und oft interpretationsoffenen Songtexte des Robert Allen Zimmerman ab. Beinahe ebenso viele Biografen, Filmemacher und Fotografen beschäftigten sich mit dem legendären Künstler, der nie Sprachrohr einer ganzen Generation sein wollte und dennoch zu einer ihrer prägendsten Gallionsfiguren wurde. Dylan und die auch von ihm veränderte Pop- und Counterculture, das ist schlichtweg untrennbar miteinander verbunden, seine Bedeutung für ebendiese kann man folglich kaum überschätzen. Den Gipfel dieser anhaltenden, an Obsession grenzenden Faszination stellt fraglos das Bob Dylan Center in Tulsa, Oklahoma dar.

Tulsa, das weiß der Amerika-Kenner , ist ein Ort, von dem es heißt, er habe seine eigene Zeitrechnung. „Tulsa Time“, dort ticken die Uhren noch etwas anders. Je nachdem wen man fragt, ist es das „Oil Capital Of the World“ oder der „Buckle Of the Bible Belt“. Für Dylan und seine Vita haben Orte wie dieser mitunter eine besondere Bedeutung. Einerseits wurde er in Minnesota geboren. Dort im anderen Amerika abseits der Küstenstädte fand man historisch gesehen oft den Nährboden für musikalische Revolutionen. Dylan  als Künstler früh in den mannigfaltigen Traditionen seines Heimatlandes verhaftet, war früh an den schwarzen und weißen Strömungen vom Delta bis zu den Appalachen interessiert und sammelte einem Lepidopterologen gleich musikalische Eindrücke, die später Eingang in seine postmoderne Musik fanden. In einem frühen Interview mit dem Playboy sagte Dylan einst im Hinblick, dass  alles anders gekommen wäre wenn er in New York oder Kansas City geboren worden wäre.

Dort in Tulsa also, unweit des Museums für einen anderen großen Songwriter Amerikas, Woody Guthrie, baute Finanzier und Milliardär George Kaiser, einer der 500 reichsten Männer der Welt, mit seiner Foundation ein altes Industriegebäude zum Dylan-Schrein um. Der Künstler selbst war zwar wie kolportiert wurde persönlich relativ wenig involviert, das Team rund um den enigmatischen Songwriter stand jedoch in engem Kontakt mit den Machern des Museums, das sowohl eine eigene Forschungsstätte als auch eine Dauerausstellung beherbergt.

 Das neu erschienene Buch "Mixing Up The Medicine" ist nun die die offizielle Publikation dieses Archivs. Der Titel wurde aus dem Dylan-Song "Subterranean Homesick Blues" entlehnt. Anders als beim dazugehörigen Clip (eines der der ersten Musikvideos der Geschichte btw)  gibt es hier zwar keine weißen Papptafeln, aber dafür Seite um Seite viel zu entdecken. So wird es dem Leser erlaubt in das Archiv einzutauchen - ganz ohne sich in die Nähe des Arkansas River zu begeben. 

"Mixing Up The Medicine“ ist dabei Bildband und Biographie in einem. Anhand der hier zu sehenden Exponate - und derer gibt es unzählige zu bestaunen – werden die einzelnen Station in der Vita Dylans beleuchtete und gleichzeitig die Legendenbildung vorangetrieben: Da ein Bild aus Dylans Kindheitstagen oder ein Blick ins High School-Jahrbuch, in dem der junge Robert selbstbewusst verkündetet, dass sein Zukunftsplan nach der Graduation beinhaltete, such Little Richards Band anzuschließen. Dort eine Aufnahme aus der Studiozeit mit Gitarrenlegende Michael Bloomfield. Da ein  Fan-Brief vom Boss Bruce Springsteen, der sich selbst in seinen Lyrics mitunter von Dylan beeinflussen ließ. Dann eine Vinyl von "All Along The Watchtower", die einst Jimi Hendrix gehörte, der den Song bekanntermaßen unsterblich machte.

Hinzu kommen Essays von Dylan-Kennern wie Greil Marcus, Ed Rusha, Richard Hell, Michael Ondaatje oder Amanda Petrusich. Als Leser fühlt sich die geballte Informationsdichte an, als würde man sich tatsächlich durch ein Archiv graben. Geradezu als befände man sich in einem labyrinthischen Song, bei dem an jeder Ecke Querverweise warten. 

Bekanntes wird hier in ansprechender Weise neu aufbereitet und viel Rares zu Tage gefördert. Gute Biographien und Nachschlagewerke über Dylan gibt es nicht gerade Wenige, dieses hier hat den Anspruch zu den definitiven Werken über die Legende zu zählen - und schafft dies auch. Was die "Basement Tapes" ( in musikalischer Hinsicht ist, stellt dieses Werk für die bibliophile Auseinandersetzung mit „His Bobness“ dar. Ein 600 Seiten langer Streifzug durch Dylans "Back Pages". 

Bob Dylan - Mixing Up The Medicine, von Mark Davidson und Parker Fishel, erschienen bei Droemer Knaur

Sonntag, 21. Januar 2024

TASCHEN NEW YEAR SALE 2024

TASCHEN VERLAG NEW YEAR SALE 2024
Credit Bild:©Taschen Verlag

TASCHEN VERLAG NEW YEAR SALE 2024
Credit Bild: ©Taschen Verlag
Ein Neues Jahr geht gemeinhin auch mit neuen Vorsätzen einher: Standard-Intentionen für 2024 wie Fitness oder asketische Selbstkasteiung wird so manchen jedoch eher die Augen verdrehen lassen. Doch wie wäre es stattdessen mit dem Vorsatz dem grauen Wetter mit bibliophilem Eskapismus beim Blättern durch einen Coffee Table-Bildband entgegenzutreten? Dort kann man etwa mit Modelikone Kate Moss zum 50er anstoßen, in die fantastischen Welten von Frank Frazetta eintauchen oder der aktuellen Kälte entfliehen und einen Abstecher in George Lucas weit weit enfernte Galaxis machen. Auf dem Wüstenplaneten Tatooine gibt es ja bekanntlich gleich zwei Sonnen. Und da der traditionelle Sale des Kölner Luxusverlags unmittelbar vor der Tür steht, hat man nun auch wieder die Möglichkeit bei der Erweiterung der eigenen Hausbibliothek zu sparen.

Sowohl in den beiden deutschen Flagshipstores in Berlin und Köln als auch im Web gibt es bis zu - 75 % Rabatt auf Display- und Mängel- Exemplare dieser aufwendigen Bildbände mit stets hohem Sammelfaktor.  Am ersten Tag des Sale wird es im Berliner Store überdies ein spezielles Preview inklusive Drinks geben.

Hier die genauen Daten & Adressen: 

 Mittwoch 31. Januar bis Samstag 03. Februar 2024
Taschen Store Berlin (Schlüterstraße 39)
Taschen Store Köln (Neumarkt 3)

Online Donnerstag 01. Februar bis Sonntag 04. Februar 2024
                                                       auf www.taschen.com                                                             
INSIDE TASCHEN STORE KÖLN
DESIGN und STYLISCHE BÜCHER: Ein Einblick in den Taschen Store Köln 
Credit Bild: © Taschen Verlag

Samstag, 20. Januar 2024

METALLICA - ALLE SONGS Die Geschichten hinter den Tracks

Credit Coverbild: © Delius Klasing
Seit ein paar Jahren haben sich die Autoren der „Alle Songs“-Bücher die geradezu wissenschaftliche Aufarbeitung der jüngeren Musikgeschichte zur Aufgabe gemacht. Von Bob Dylan und der British Invasion (Beatles und Rolling Stones) über Jimi Hendrix und Pink Floyd hin zu Led Zeppelin entwarfen sie so eine umfangreiche Topographie britischer und amerikanischer Musik, die jeweils stilbildend war bzw. ist. Gemein war all diesen Werken die immense Informationsdichte. Anders als es der Titel suggerieren mag wurden so bei weitem nicht nur nur einzelne Lieder analysiert, sondern vielmehr umfassende Biographien und Facts & Trivia-Sammlungen über die portraitierten Künstler entworfen.

Auch der neueste Eintrag in dieser Reihe bildet da keinerlei Ausnahme. Dieser widmet sich erneut Musikern, die längst ein Phänomen geworden sind - einer Gruppe, die über die Jahrzehnte zur größten Band jenes Genres, das sie im Namen trägt, aufgestiegen ist: Metallica. Autor Benoit Clerk nimmt den Leser mit in die Bay Area San Franciscos der  frühen Achtziger des vergangenen Jahrhunderts. Im Hard ´ Heavy-Breich war die Westküste der USA damals fraglos einer fruchtbarsten Nährboden, in der Gegend um die Bucht entstand eine Subkultur-Szene, in der ein neuer, härterer und schnellerer  Metal Sound geschaffen wurde. Die Genesis von Metallica liest sich dabei beinahe mythisch: Drummer Lars Ulrich inserierte dereinst im südkalifornischen Lokalblatt "The Recycler" um gleichgesinnte Metal Musiker mit einer Vorliebe für NWOBHM-Heroen wie Iron Maiden, Tygers Of Pan Tang oder Diamond Head zu finden - was ihm auch mit nicht gerade geringem Erfolg gelang.

Der Rest ist Geschichte und diese wird von Clerk umfassend beleuchtet. So umfassend dass er alle Alben von "Kill Em All"  bis zum im Vorjahr veröffentlichten „72 Seasons“ unter die Lupe nimmt und dabei so sehr ins Detail geht, dass man hier Equipment-Details, die jeweiligen Aufnahmestudios, ja sogar die technischen Teams mit Toningenieuren und Assistenten nachlesen kann. Vor so einer Rechercheleistung müssen dann sogar langjährige Metallica-Fans den Hut ziehen. Trotz des gewaltigen Umfangs dieses Buchs findet man alle Infos schnell und kompakt, weshalb auch dieser "Alle Songs"-Band den lexikalen Anspruch mehr als erfüllt - ein Band, den man immer wieder zur Hand nehmen kann um bei der nächsten Listening Session neue Hintergrundstories zu den Aufnahmen zu ergründen.

METALLICA - ALLE SONGS  Die Geschichten hinter den Tracks von Benoit Clerc, erschienen im Delius Klasing Verlag

Freitag, 22. Dezember 2023

MESSENGERS - THE GUITARS OF JAMES HETFIELD

Coverbild Metallica James Hetfield Messengers Flying V Metal Cover Book
Credit Coverbild: © Permuted Press
Zahllose Gigs haben auf ihrem Korpus unauslöschliche Spuren hinterlassen, der Lack blättert an vielen Stellen ab und gibt den Blick auf ihr nacktes Holz frei. Patronen-Gürtel, ein typischer Bestandteil der Metal-Uniform, haben ihren Rücken gezeichnet und ihr Original-Tailpiece ist mittlerweile entzwei gebrochen. Einerseits hat die derart ramponierte "OGV", eine Flying V Kopie der Firma Electra, schon bessere Tage gesehen. Andererseits zeugen diese Abnutzungserscheinungen von leidenschaftlichem Spiel und jahrelangen treuen Diensten, die dieses Instrument ihrem prominenten Besitzer James Hetfield geleistet hat. Der ideelle Wert einer solchen Gitarre übersteigt bei weitem ihren pekuniären. Und dann ist da noch etwas anderes...etwas nicht direkt Greifbares, das liebgewonnene Instrumente auszeichnet.

Denn trotz ihrer gut dokumentierten und von Fachleuten bis ins beinahe letzte Teil durchleuchteten und erforschten Bestandteile wie Holz, Metall oder Plastik wohnt Gitarren immer noch etwas geradezu Mystisches inne. Es ist dieses nicht quantifizierbare Element, das Nicht-Musiker kaum nachvollziehen können und dennoch gewiss ist: sie sind weitaus mehr als nur "Wood And Wire" bzw. 
mehr als lediglich die Summe ihrer Einzelteile. Ein Umstand, der auch in der speziellen Beziehung die viele Musiker zu ihren auserkorenen Instrumenten haben, deutlich wird - ein Aspekt, der nicht zuletzt auf den Seiten dieses Blogs ein immer wiederkehrendes Thema ist. Auch Für Metallica-Frontmann James Hetfield, der wie er selbst es formuliert, erst durch die Musik seine eigene Stimme und Bestimmung fand, sind Gitarren nicht nur die Werkzeuge mit denen er seine Sounds erzeugt. Vielmehr sind sie für ihn auch Freund, Stimmungsaufheller, Schutzschild, musikalische Waffe (wer je seine präzise gespielten Riffs Hetfields vernommen hat, weiß was er damit meint) und auch Botschafter. 

Hetfields Buch über seine Lieblingsgitarrren ist dann auch folgerichtig "Messengers" betitelt. Darin gewährt der Superstar einen extensiven Blick in seine ebenso umfangreiche wie beeindruckende Sammlung einzigartiger Instrumente. Der edle Hochglanzbildband stellt dabei nicht nur besondere Gitarren (und Amps)  vor sondern trägt auch autobiographische Züge. Denn mit jeder einzelnen Gitarre sind immer auch bedeutende Assoziationen und Lebens- und Karriere-Ereignisse verknüpft. In Sachen Metallica steht da ganz am Anfang die eingangs beschriebene mittlerweile stark in Mitleidenschaft und durch eine Replika für Touren ersetzte "OGV". Inspiriert von Michael Schenker musste es für Hetfield damals in den Achtzigern eine weiße Flying V sein. Sie prägte die frühe "Kill 'Em All"-Zeit. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten in denen Metallica sukzessive vom Bay Area Thrash Metal-Phänomen zur mit Abstand größten Band des Genres aufstiegen, wuchs auch die Anzahl an instrumentalen Schätzen. Die Gitarren wurden  naturgemäß immer exquisiter,  von Sonderanfertigungen des japanischen Herstellers ESP zu Vintage Gibson Les Pauls hin zu  metal-untypischen Exemplaren wie einer  B-Bender Tele oder Sitar, die auf dem legendären „Black Album“ zum Einsatz kamen. Hinzu kommen Signature Gitarren und Custom -Anfertigungen,  die etwa Hefields Faible für Hot Rods widerspiegeln. Der Detailgrad mit dem all dies dokumentiert wird ist beachtlich und inkludiert auch Infos zu über die Jahre erfolgten Modifikationen - für Gitarristen und "Gear Hounds" ist das ein Traum und mitunter Inspirationsquelle für den nächsten Einkauf.

Dieses Buch fügt sich nahtlos in die illustre Riege bibliophiler Werke über Rockstar Collections ein (man denke etwa etwa Mr. Slowhand Eric ClaptonJimmy Page oder Billy Gibbons) und ist schlichtweg ein Werk in dem man stundenlang blättern bzw. beim "Tone Chasing" in Sachen Metallica-Sound nachschlagen kann. Um hier einen für diese Band nicht ganz unrelevanten Bob Seger-Song ein wenig abgewandelt zu paraphrasieren: "Messengers" ist ein echter "Page Turner“, auf dem es auf jeder Hochglanzseite etwas Interessantes zu entdecken gibt und eines der schönsten Gitarren-Bücher der letzten Jahre.

MESSENGERS - The Guitars Of James Hetfield, von James Hetfield, erschienen bei Permuted Press

Montag, 11. Dezember 2023

JIMMIE VAUGHAN - STRANGE PLEASURE Vinyl Reissue

Credit Bild: © Bear Family Records
Als das Album „Strange Pleasure“ im Jahre 1994 veröffentlicht wurde war Jimmie Vaughan längst ein etablierter Veteran der amerikanischen Blues-Szene. Als Lokalmatador in Austin, Texas hatte er sich schon in den Sixties einen Namen gemacht, als Gründer der Fabulous Thunderbirds spielte er dann ab den Siebzigern eine gewichtige Rolle im traditionellen wie kontemporären Blues. Trotz dieser zum damaligen Zeitpunkt schon einige Jahrzehnte umfassenden Karriere stellte "Strange Pleasure" sein Debüt als Solo-Artist dar. Für den Künstler selbst fielen die Aufnahmen in eine ganz spezielle und schwierige Phase, war es doch das erste Album nach dem tragischen Tod seines Bruders Stevie Ray, dem dieses Album neben Albert Collins auch gewidmet ist.

Jimmie Vaughan arbeitete auf dieser Platte wieder mit Funk-Legende und Hitproduzent Nile Rodgers (Chic, David Bowie´s "Let´s Dance") zusammen, der schon bei den Recordings Sessions zu „Family Style“, dem einzigen gemeinsamen Album der Vaughan Brothers, hinter dem Mischpult gesessen hatte. Als Kontrast zu der düsteren persönlichen Zeit in Vaughans Leben evozieren die Songs auf „Strange Pleasure“ großteils  die „carefree attitude“ der Fünfziger. Bis auf eine Ausnahme: die traurige Gänsehaut-Nummer "Six Strings Down", die ein musikalischer Nachruf auf SRV ist.

Mit seiner einerseits kontemporären und gleichzeitig traditionellen Mixtur unterschiedlicher Einflüsse Vaugahns - von Rock N´ Roll zu puristischem Blues und homöopathischen Latin-Anklängen - war dieses Album eines der Letzten aus jener Blues-Revival-Ära, welche die Vaughan Brüder entscheidend mitgeprägt hatten. Ab Mitte der Neunziger erlebte der Blues dann zwar kein Schicksal wie der Jazz, verschwand jedoch zunehmend aus dem Blickfeld des Mainstreams. „Strange Pleasure“ war seinerzeit völlig zurecht Grammy-nominiert und hätte ihn auch gewinnen sollen, denn neben der kompositorischen Qualität der Songs sind es Vaughans unverkennbare Stimme und Laid Back-Licks, bei denen jede sparsam eingesetzte Note zählt, die schlichtweg faszinieren.

Obwohl dieses Album also zu den besten Blues-Platten der letzten Dekaden zählt, ist es recht schwer zu bekommen - zumindest bislang. Zwar findet man "Strange Pleasure" auf Spotify, doch in analoger Form sieht es da schon wesentlich schlechter aus: Die CD ist vergriffen und als Schallplatte erschien es überhaupt nur in einer kleinen niederländischen Auflage in den Neunzigern. Das auf Vintage-Raritäten spezialisierte Bear Family Label beseitigt nun diesen Missstand und bringt dieses Album in einer hochattraktiven, audiophilen Sammler-Edition erneut auf den Markt - und sorgt so dafür dass dieses geniale Album erstmals weltweit auf Vinyl erscheint. Die elf Songs der Original-CD werden um eine etwas längere Version des Songs "Boom-Bapa-Boom" ergänzt, was für sich genommen schon reichen würde um alle Sammler anzusprechen: Zusätzlich ist diese Vinyl-Ausgabe mit Gatefold-Cover allerdings auch nummeriert und auf insgesamt 1.500 Stück limitiert.  Damit der warme Sound dieses einst von Bob Ludwig gemasterten Werks optimal abgetastet werden und Vaughans Gitarren-Sound transparent aus den Speakern ertönen kann, erscheint dieses Release als schwere, auf 180-Gramm-Vinyl gepresste LP, die mit 45RPM abgespielt wird: eine großartige Neuauflage und ein Fest für Vinyl-Enthusiasten.

Freitag, 8. Dezember 2023

THE BIG BOOK OF LEGS

Bettie Page  Dian Hanson Big Book Of Legs Taschen Verlag Vintage Pin-Up Retro Inside
Pinup-Legende Bettie Page am Strand, fotografiert von Bunny Yaeger
Credit Bild: © Taschen Verlag
In den Fünfzigern war man von "Long Tall Sallies", also großgewachsenen Frauen mit langen Beinen mitunter derartig fasziniert, dass sich diese Begeisterung in zahlreichen Songtexten niederschlug: Neben dem eingangs erwähnten Klassiker sang auch Rockabilly-Pionier Johnny Burnette von einer über 1,80 großen Angebeteten, deren Beine so lang waren, dass ihre Füße im Vorzimmer herausschauten wenn sie  in der Küche schlief. Nun mag dies nicht der bequemste Ort für die Nachtruhe sein, sein Genre-Kollege Billy Lee Riley tat es ihm mit einer fast identischen lyrischen Beschreibung in „Red Hot“ jedoch gleich und sang von einer ebenso langbeinigen Gazelle. Ein paar Jahrzehnte später machten dann "Hot Legs"  Rod Stewart im gleichnamigen Song vollkommen fertig. Billy Gibbons, Dusty Hill und Frank Beard von ZZ Top beschrieben im programmatisch betitelten „Legs“ die Vorzüge einer Frau, die ebenjene gekonnt einzusetzen wusste - und David Lee Roth dozierte untermalt von den lasziven Riffs Edward Van Halen gar über „Drop Dead Legs“ .

Eine gewisse lyrische Tendenz lässt sich hier also durchaus ablesen, die Liste an „Songs About Gams“ könnte man jedenfalls noch beliebig lange fortführen. Doch auch abseits der Recording Industry waren es interessanterweise immer wieder Beine - und weniger die -ähem- offensichtlicheren Busen & Pos -  auf die der Fokus gerichtet wurde. Ein Blick durch unterschiedliche Epochen der Geschichte zeigt, dass dieser Körperteil immer wieder im Fokus stand: In viktorianischen Zeiten, gemeinhin eine Ära schwelender Prüderie und noch stärkerer Doppelmoral, barg schon die bloße Erwähnung des Wortes „Beine“ die Gefahr, die Gentlemen des Empire in Raserei zu versetzen und sollte daher - Etikette ist schließlich alles - tunlichst vermieden werden. So will es zumindest die Legende. Die Befreiung des Beins - auch durch die sich ändernde Damenmode - war wiederum ein Teilaspekt der Emanzipationsbewegung und veränderter Sexualmoral. 

Im Hollywood zu Zeiten der Selbstzensur des Motion Picture Production Codes, auch als Hays-Code bekannt, durfte man wiederum auf dem Silver Screen wenig zeigen, das (nur vermeintlich) unverfänglich-unschuldige Bein war davon jedoch nicht betroffen, was für einige erotisch aufgeladene Szenen sorgte, die nicht den Scheren der Sittenwächter zum Opfer fielen. Tänzerin Cyd Charisse wiederum war nicht nur für ihre komplexen und eleganten Tanzchoreographien mit Fred Astaire berühmt, sondern auch für ihre  48,5 Millionen Dollar Beine . Und die Spinde und Kriegsgeräte zierenden Pinup-Girls der amerikanischen GIs waren für ihre "Legginess" berühmt.

Man sieht: Die (Pop-)Kulturgeschichte dieser Körperteile ist so lang wie die unteren Extremitäten einer Laufstegschönheit nach Pariser Gardemaß. Dementsprechend umfangreich und schwer (372 Hochglanz-Seiten im XL-Format) ist dann auch  "The Big Book Of Legs" ausgefallen, das nun in einer Neuauflage erschienen ist. Darin entwirft Autorin Dian Hanson (als ehemalige Herausgeberin des „Leg Show“-Magazins eine Kapazität auf dem Gebiet anatomischer Forschung unter ästhetischen Gesichtspunkten)  anhand von teils rarem Bildmaterial und witzigen Essays eine soziokulturelle Chronik sich wandelnder Körper-(Selbst-)Bilder und Schönheitsideale. 

Der Fokus liegt dabei vor allem auf Vintage-Aufnahmen mit historischen Aufnahmen von 20er Jahre-Flapper Girls oder  klassischen Pinup-Bilder von Bettie Page. Man sieht Arbeiten der Fotografie-Pioniere Bunny Yaeger, Elmer Batters oder Peter Gowland. Es sind dies teils seltene Aufnahmen, die auch eine Geschichte der sexuellen Revolution erzählen. Beim Gipfel jener Bewegung  endet dieses Buch jedoch, der Bogen wird nur bis zu dem Ende der 60er gespannt, vor den 70ern ist kurioserweise Schluss.

Dienstag, 5. Dezember 2023

STATUS QUO - OFFICIAL ARCHIVE SERIES VOL. 2 - LIVE IN LONDON 2012

Credit Bild: © Christie Goodwin earMusic/Edel
Erst im Sommer startete die groß angelegte Status Quo Archive-Reihe und schon folgt die nächste Volume dieser Livekonzert-Retrospektive. Passend zur aktuellen Season nicht nur in festlichem Rot gehalten sondern auch mit einem Konzertmitschnitt von der 2012er "Quo Festive"-Tour aus der Vorweihnachtszeit. 

Farblich wie ein Krampuspackerl, allerdings gefüllt wie vom Nikolo: Das limitierte Release erscheint sowohl in einer Vinyl Edition (180g 3 LP- Gatefeold-Version ) als auch als Doppel-CD-Digipak und dürfte darob bei Quo-Anhängern für leuchtende Augen sorgen.
Auch wenn dieser Gig wie schon bei Vol. 1 nicht wirklich den ganz großen Seltenheitswert oder den Kultfaktor eines Seventies-Konzerts hat. Aber wie dem auch sei: Die Aufmachung ist auch hier wieder sehr gelungen und klanglich ist diese Aufnahme ebenfalls einwandfrei. Auch die Setlist dieses Heimspiel-Gigs für Francis Rossi, Rick Parfitt Andrew Bown, John "Rhino" Edwards und Matt Letley (in seiner letzten UK-Show als Quo-Schlagzeuger) 
hält neben den erwartbaren Gassenhauern wie „Rockin All Over The World", „Whatever You Want, oder „In The Army Now “ auch selteneres Material wie ein Weihnachtsmedley, mit Evergreens wie "Walking In A Winter Wonderland", oder „ Around The Christmas Tree" und den Quos eigenen Weihnachtssong „It's Christmas Time" bereit.

Dieses Release richtet sich freilich ausschließlich an die Hardcore-Sammler, bietet für jene jedoch genug Anreiz , den Status Quo der eigenen Boogie Rock-Sammlung zu überdenken - sprich zu erweitern.

Credit Coverbild: © earMusic/Edel

Montag, 4. Dezember 2023

BEARTOOTH - THE SURFACE

Beartooth The Surface Album Cover Metalcore
Credit Coverbild: © Red Bull Records
Fröhlichkeit zählt nicht unbedingt zu den bestimmenden Attributen des Metal-Genres: Stets aktuelle Themen wie das Triumvirat aus „Tod, Destruction und gepflegter Misanthropie“, vor denen der „Heile Welt“-Mainstream-Pop oft die Augen verschließt, prägen die Lyrics der Sparte „Hard N´ Heavy“. Die US Metalcore-Band Beartooth versucht dem mit ihrem neuen Album „The Surface“ einen Kontrapunkt entgegenzusetzen.

Das Plattencover wird neben dem Sensenmann von pudrigem Rosa dominiert, die Gitarren riffen zwar heavy, manchmal kurz vorm Djent, ohne dass es dabei je sinister wird. Lyrisch steht hier Lebensbejahung statt Nihilismus im Vordergrund - also Happy Metal mit positiver Botschaft, oder auch: Urschrei-Selbsttherapie. Denn jene Message - man könnte es aufgrund der für den Metalcore typischen Schreianfälle in der vokalen Darbietung auch als aggressive Fröhlichkeit interpretieren - hat einen ernsten Hintergrund. Frontman Caleb Shomo kämpft seit langem mit Depressionen und anderen Mental Health-Problemen, auf „The Surface“ beschreibt er seinen Weg heraus aus dem finsteren Loch hin zu einem positiveren Selbstbild. 

Beartooth sind zwar beim 2007 von Didi Mateschitz gegründeten und was den Artist Roster anbelangt, sehr hippen Red Bull Records Label unter Vertrag, doch trotz dieser Österreich-Komponente ist die Band hierzulande noch etwas weniger bekannt. In der Szene sind die Amerikaner allerdings längst kein Geheimtipp mehr: 800.000 verkaufte Platten, Milliarden von Streams, mehrere Award-Auszeichnungen, die Spitze der Billboard Mainstream Rock & US Active Rock Radio-Charts und dann auch noch eine zweimonatige Co-Headlining Tour mit Trivium zeigen dass diese Band offenbar einen Nerv trifft.

Trotz einiger groovender, guter Riffs ist  „The Surface“ - wieder mitunter typisch für den Metalcore -  nicht gerade ein Wunderwerk an Abwechslung und Ideenreichtum, weshalb sich schon nach wenigen Nummern Ermüdung einstellt. Die in den Songtexten behandelten Themen unserer Zeit werden wohl dennoch auf Resonanz bei der geneigten Hörerschaft treffen und der kontemporäre Formatradio-freundliche Sound mit  poppigen Elementen hat sowohl mehr Mainstream-Appeal als die Vorgängerscheiben aus dem Hause Beartooth als auch das Potential die beachtliche Fanschar noch zu erweitern.