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Die naive
Jesse (Elle Fanning) hat ihre rurale Heimat in Georgia verlassen um in Los
Angeles als Model durchzustarten. Glücklicherweise bringt die unbedarfte
Sechzehnjährige alles mit, was es braucht um in der Fashion-Welt erfolgreich zu
sein: Sie verfügt nicht nur über ein unverbrauchtes, hübsches Gesicht sondern
ist auch super schlank und großgewachsen. Doch da ist noch etwas, dass sie von
ihren Model-Konkurrentinnen deutlich unterscheidet: Selbst abgeklärte
Fotografen und abgehobene Designer fühlen sich scheinbar magisch zu ihr hingezogen
- sie ist etwas Besonderes, hat das gewisse Etwas. Dass Jesse
so als No-Name aus dem Nichts kommend rasch Karriere im Business macht bleibt
auch ihren nur scheinbar freundlichen Kolleginnen (u.a. Topmodel Abbey Lee )
nicht verborgen, denen alle Mittel recht zu sein scheinen, um Erfolg zu haben.
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In seinem
neuesten Film zeigt der dänische Regisseur Nicolas Winding Refn das Innenleben
der hermetisch abgeriegelten Parallel-Welt der Fashion-Industrie, die bis auf
wenige Ausnahmen (man denke etwa an Mario Bavas Giallo „Blutige Seide“ von 1964
oder Irvin Kershners „Die Augen der Laura
Mars“ von 1978) als filmischer Handlungsort von Thrillern bislang weitgehend ungenutzt
geblieben ist. Dieses unverbrauchte Setting dient Refn als Backdrop für einen
der ungewöhnlichsten Filme der letzten Jahre - der gleichermaßen mit Genre-Konventionen
wie mit Zuschauer-Erwartungshaltungen spielt.
Im bisherigen
Gesamtwerk Refns liegt „The Neon Demon“ genau zwischen den Artfilm-Experimenten
von „Valhalla Rising“ oder „Only God Forgives“ und dem kommerzielleren „Drive“.
Wie schon bei diesen Vorgängerfilmen lässt sich nicht eindeutig festmachen,
welchem Genre man Refns jüngstes Werk eigentlich zuordnen kann. Der Filmemacher
vereint vielmehr mannigfaltige Elemente zu einer Tour De Force durch die
unterschiedlichsten Filmgattungen: „The Neon Demon“ hat etwas von einem
Thriller, gleichzeitig ist er aber auch ein Märchen, in dem die Hauptfigur wie einst
Alice im Wunderland immer tiefer in eine surreale Welt eintaucht. Refn
verwendet aus dem Horrorfilm entlehnte Topoi
genauso wie an den Experimentalfilm eines Alejandro Jodorowsky angelehnte
Passagen. Sogar Exploitation - Einflüsse kann man ausmachen - mit dieser wilden Mischung balanciert
Regisseur Refn auf der feinen Linie zwischen unterkühlt intellektuellem Arthouse
und rohem Grindhouse-Kino.
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Der Zuseher
denkt so unweigerlich an drei große Regisseure: Dario Argento Brian De Palma
und Paul Verhoeven. An Argentos Meisterwerk „Supsiria“ und dessen „fairy tale
gone wrong Thematik und wegweisende Farbgestaltung erinnert der wie aus einem
Modemagazin gestaltete Abstieg Jesses in einen Alptraum des schönen Scheins. Die erste
Einstellung gemahnt - ohne zuviel vorweg zu nehmen - an den Beginn von De
Palmas „Body Double“, auch die Verbindung von elegischer Schönheit, sexueller
Obsession und düsteren Violence-Elementen erinnert an den italo-amerikanischen
Suspense-Meister. Refn führt
gerade in den Dialogen seiner Figuren einen Meta-Dikurs über die Fashion-Welt
an sich. Es ist ein Ort, an dem Schönheit der höchste Imperativ ist und makellose
Ästhetik als goldenem Kalb gehuldigt wird - zynisch blickt der Regisseur auf eine
oberflächliche Welt, die ihre Protagonisten - sprich, vor allem die Models -
aussaugt und dann beinhart fallen lässt. Diese Abrechnung mit einer Branche hat
etwas von Paul Verhoevens schmutziger
Showbiz-Satire „Showgirls“ - auch durch die teils etwas platten und recht plakativen
Dialoge.
Neben
dieser Genre-Mischung ist „Neon Demon“ - wie schon „Drive“ - im Kern ein L.A.-Film,
der in drama-artiger Manier, das Leben in der Stadt der Engel abseits vom gleißenden
Licht des Sunset Boulevards zeigt. Refns Kalifornien spielt sich vornehmlich in
den Schatten ab. In diesen Schatten lauern Abgründe, die der Däne genüsslich auslotet
- und dabei auf eine großartige Darstellerriege zurückgreifen kann: Elle
Fanning ist überzeugend in der Rolle der naiven Jesse, die zwischen kindlich-jugendlicher
Unschuld und wachsendem Narzissmus changiert. Beim sie belauernden Umfeld, das
rasch Notiz von dem zurückhaltenden, seltsam passiv und teilnahmslos wirkenden
Mädchen nimmt, stechen vor allem die laszive Abbey Lee (u.a. als Gesicht von Versace-
Kampagnen und aus „Mad Max: Fury Road“ bekannt“) und Jena Malone als emotional
bankrotte Make Up Artistin hervor. Bei den
Nebenrollen gefallen vor allem Keanu Reeves als schmieriger Hotel-Besitzer und Desmond
Harrington (u.a bekannt als Quinn aus „Dexter“ ) als grantelnder Fotograf.
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Insgesamt
ist „The Neon Demon“ wie die meisten Werke Refns etwas schwierig. Refn ist
trotz der Verschrobenheit seiner Filme einer der interessantesten Filmemacher
der letzten Jahre, dem man zu gute halten muss, dass er in Zeiten rein
kommerzieller Superhelden-Blockbuster mit einem solchen Film ein Wagnis
eingeht. Trotz
Längen ist „The Neon Demon“ ambitioniertes Genre-Kino, das vor allem
fashion-affine Kunstfilm-Fnas anspricht.
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Zur Mediabook-Version:
Windig
Refns Film ist zweifelsohne der durchgestylteste Streifen des Jahres - und dazu
passt auch dann die Aufmachung des limitieren 4 Disc Mediabooks, das genau dem unterkühlen
Styling des Films entspricht und ein toll gemachtes Sammlerstück darstellt- Der Cineast
findet in diesem Sammlerstück in Buchform neben einem 24 seitigen Booklet den
Film gleich in zweierlei Ausführung als Blu ray und als DVD - wobei beide mit ausgezeichneten
Bildwerten in absoluter Referenzqualität aufwarten, was die komplett
artifiziell wirkende Welt, die Refn entwirft, auch braucht. Schon die
Haupt-Discs enthalten interessante Features wie Interviews, ein weitere Bonus-Discs
umfasst interessante Featurettes, die die man wirklich nicht skippen sollte, da sie ziemlich in die Tiefe gehen und einen vom
Film besessenen Regisseur, dem man seine Begeisterung für das Medium anmerkt,
zeigen. Als Disc Numero
4 gibt es noch den Soundtrack von Cliff Martinez - der OS.T. enthält zwar nicht
direkt Ohrwürmer, dafür passt der synth-lastige 80s-Score exzellent zum eiskalten
Flair des Films.