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Bild: © Angelo Novi Reel Art Press
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Im
Gespräch unter Cineasten kommt garantiert und unweigerlich irgendwann eine ganz
bestimmte Frage: Welcher ist eigentlich dein Lieblingsfilm? So lapidar diese
cinephile Interrogation erscheinen mag, so unlösbar ist sie für all jene die
sich ernsthaft mit dieser Kunstform auseinandersetzen: Denn streng genommen ist
diese Frage unmöglich zu beantworten:
Wie soll man genre-übergreifend nur
einen einzelnen Streifen auswählen, wie eine perfekte Komödie Billy Wilders gegen
einen vollendeten Suspense-Thriller Alfred Hitchcocks „antreten“ lassen ? Eine schwierige
Sache also - doch ungeachtet all dieser
Überlegungen: müsste ich mich für einen einzigen Filme entscheiden, der für
mich persönlich die Magie des Kinos wie kein anderer exemplifiziert und alle
Aspekte in sich vereint, die „Cinema“ ausmachen, so käme wohl Sergio Leones
opernhafter Western „Spiel mir das Lied vom Tod“ aka „Once Upon A Time In The
West“ aus dem Jahre 1968 diesem Ideal am nächsten.
Wenige
Filme schlugen mich vom ersten Ansehen weg so in ihren Bann und faszinierten mich
in weiterer Folge so nachhaltig wie dieser Höhepunkt des Spaghetti Western-Genres: Die überlebensgroße Inszenierung, die ikonische Musik (Morricone), die tollen
Performances(Bronson, Robards, Fonda, Cardinale…), einfallsreiche Szenen, die
einem für immer im Gedächtnis bleiben (das lange Warten auf „Harmonika“ bei der
Bahnhofs-Sequenz am Beginn, der „Galgen“ am Torbogen….), die künstlerische ästhetische
Gestaltung (die stylischen Staubmäntel). - nach Leone war im ur-amerikanischen Genre des Western alles gesagt, der Italiener hatten für meine Begriffe den definitiven
Film über den Mythos des Westens gedreht.
Sir Christopher ist eine Kapazität auf dem Gebiet der Italowestern, der schon mit „Spaghetti Westerns,Cowboys and Europeans“ und der definitiven Leone-Bio „Something To Do Wth Death“ Referenzwerke zum Thema verfasste. So umfangreich diese Vorgänger waren, mit dem monothematischen „Shooting A Masterpiece“ schafft er es, die äußerst lesenswerten Vorgänger noch zu ergänzen und so ein weiteres Standardwerk auf wissenschaftlichem Niveau vorzulegen. Denn dieses coffee table-Buch ist nicht „nur“ ein schön anzusehender Bildband, der zahlreiche rare „Behind The Scenes“-Shots, Produktionsskizzen & Co. vereint. Entgegen dem Trend bei solchen Prestige-Büchern ist der Text hier nämlich mindestens gleichbedeutend bzw. übersteigt in einigen Kapiteln sogar den Bild-Anteil.
Dass man
es hier nicht mit einem „normalen“ Filmbuch zu tun hat, zeigt sich dem Leser
bereits ganz zu Beginn, beim äußerst lesenswerten Vorwort: dieses stammt von niemand geringerem als Regie-Superstar
und Leone-Anhänger Quentin Tarantino. Im Gegensatz zu anderen Promi-Vorworten ist dieses „Preface“, das auf einer
extensiven Konversation Fraylings mit Tarantino in dessen Privatkino basiert, eine
seitenlange, leidenschaftliche Brandrede für das Genie Leones. Ebenso passioniert
ist auch der Rest des Buches ausgefallen: Frayling recherchierte extensiv und führte über die Jahrzehnte zahlreiche Interviews
– u.a. mit Martin Scorsese, Bernardo Bertolucci, Dario Argento, John Carpenter und John Milius - die alle in „Shooting a Masterpiece“ einfließen und zusammen mit der
Analyse aller Bestandteile des Films – vom Script zu den Kostümen über geschnittene
Sequenzen hin zu den Locations und Morricones Score – ein extrem komplettes
Bild ergeben. Der Leser ist auch dank herrlicher Shots von Leone bei Regieanweisungen
quasi beim „Making Of“ von „Spiel mir das Lied vom Tod“ dabei.
Selbst wer
sich – so wie ich - schon jahrzehntelang mit dem „cinema al italiana“ beschäftigt
wird diesen Band, der eines der faszinierendsten Filmbücher der letzten Jahre
darstellt, nicht so schnell weglegen
CHRISTOPHER
FRAYLING – ONCE UPON A TIME IN THE WEST Shooting A Masterpiece