Seit dem
Start von 6strings24frames sind sie ein wiederkehrender Fixpunkt: die Features
über die großen Klassiker des Rock/Roots-Genres und die Legenden, die diese
Musik schufen sowie die Instrumente, die sie einst verwendeten um diese unsterblichen
Sounds auf Tape zu bannen. Doch wie kann
man sich anno 2019 diesen Sounds annähern und welche ungewöhnlichen
Geräte prägten seinerzeit den Klang der großen Aufnahmen? Fragen, die wohl
die meisten Gitarren-Aficionados, die wie Indiana Jones einem unerreichbar scheinenden
Gral nachjagen, umtreibt. Und da nicht alle Equipment-Erkenntnisse so eindeutig sind, wie dass man für das „Sweet Child O´Mine“-Intro wohl eher
keine Strat nimmt, wird das Spektrum der Site nun um Gear Reviews erweitert: ein Spotlight auf spezielles Equipment, das
einen bei der Suche nach tonalem Nirvana näher zum perfekten
Setup bringen kann.
Den Anfang
macht ein Pedal aus dem Hause Earthquaker Devices (EQD), einer Boutique
Schmiede aus Akron,Ohio, die mit dem „Colby Fuzz“ eine Neuauflage eines
ultra-raren Tonebender-Style Fuzz herausgebracht
haben. Das handgemachte Pedal im retro-tastischen Look teleportiert uns direkt
in die Zeit des britischen (Blues-)Rock-Booms und ist damit mehr als passend zum
50th-Anniversary des ikonischen Jahres 1969 - jenem Jahr, in dem nicht nur die ersten Platten eines gewissen bleiernen Zeppelins veröffentlicht wurden sondern in dem
auch eines der Events der Hippie-Counterculture stattfand. Und was schreit mehr „SIXTIES!“ als die archaischen Fuzz Pedale, die mit
ihrem Krächzen zahllose Aufnahmen dieser Zeit dominierten ? Eben…
Am Anfang war das Fuzz…In der Frühzeit des verzerrten Gitarrensounds hatten
Musiker noch keine unüberschaubare Anzahl an Distortion-Pedalen zur Verfügung und selbst die Verstärker Jim
Marshalls waren damals noch nicht darauf ausgelegt extremere Formen der
Verzerrung zu produzieren. Die eigentlich unbeabsichtigte Erfindung des
Fuzz-Effekts kam da gerade recht und sollte in weiterer Folge den Sound einer
ganzen Ära entscheidend mitprägen. Seine Wurzen hatte dieser „pelzige“ Effekt,
der stets so ungebürstet wie ein Bürgerschreck daherkam bei einer Session des
bekannten Rockabilly-und Country-Gitarristen Grady Martin. Der spielte seinen
Bass bei den Aufnahmen einer klassischen Country-Ballade von Marty Robbins
(„Don´t Worry“ aus dem Jahre 1961) direkt ins Mischpult. So weit so gut, doch
besagtes Pult hatte einen Makel - es war nämlich kaputt. Das Endergebnis:
ein brummender Sound, wie von einem Schwarm wildgewordener Honigbienen. Das Bass-Solo blieb letztlich auf der Aufnahme und sorgte aufgrund seines
mehr als ungewöhnlichem Klangs für großes Aufsehen. Bald schon wollte man diesen Sound schnell und einfach reproduzieren
- die Genesis des Fuzz-Pedals war damit perfekt: Neben dem frühen „Maestro Fuzz“, das Keith Richards einst auf „Satisfaction“ unsterblich machte und dem späteren Fuzz Face
(Hendrix!) wurden vor allem die britischen „Tonebender“-Geräte zum Must Have der damaligen Zeit.
Der Schaltkreis
jener urtümlichen Verzerrer durchlief zwar binnen weniger Jahre zahlreiche
Veränderungen und wurde von einer unübersichtlichen Anzahl unterschiedlicher Hersteller gefertigt, gemein war jedoch so gut wie allen Inkarnationen des Tonebenders ein
charakteristischer leicht nasaler Sound bei dem fast alle Frequenzen überbetont
wurden: donnernde, dennoch relativ stabil bleibende Bässe, sehr präsente Hochmitten
und bei Bedarf stechender Treble. Ein Klang, der vielen der heißesten neuen
Gitarren-Helden gefiel und so fanden sich jene Geräte bald zu den Füßen von Jeff Beck, Jimmy Page oder auch Bowie-Gitarrero Mick Ronson wieder.
Ein sehr seltenes
Exemplar jener Gattung wurde in den 60s auch von Jim Marshalls Firma Park Amplification gefertigt: das „Park Fuzz Sound“, ein Pedal, das heute meist
nicht mal auf „Reverb“ oder ebay zu finden ist. Doch da das Park-Label, eine
unter Kennern hochgeschätzte Marke, vor einiger
Zeit vom Ex-Marshall Mitarbeiter Mitch Colby reanimiert wurde, kam es auch zu einer Kollaboration mit
EQD in dessen Folge dieses relativ obskure Fuzz neu aufgelegt wurde. Wer
auf einen charaktervollen Vintage-Fuzz-Sound steht u, kann sich nun also eine moderne Version einer Rarität aufs Board holen.
Wie bei
Boutique Pedalen üblich verbirgt sich im Karton des Colby Fuzz netter „Candy“ in Form eines
Stickers und einem Plektrum sowie einem an einen Juwelier erinnernden Stoffsäckchen zum Schutz. Das sehr leichtgewichtige,
jedoch solide verarbeite Gerät kommt vintage-korrekt mit nur drei Reglern aus: einmal
Volume, ein Tone Regler zur Betonung der
Bass oder Treble-Frequenzen sowie der obligatorischen Fuzz-Regler, der den Grad
der klanglichen Verheerung steuert - mehr braucht man in diesem Fall nicht um
diverse Referenzsounds nachzustellen. Ein gleißendes, weißes Indikator-LED gibt
als moderner Touch Auskunft darüber, ob das Pedal eingeschaltet ist. Im
Inneren sorgen NOS Germanium Transistoren dafür, dass es klanglich zurück ins Swinging
London geht.
Bei dieser
Neuauflage handelt es sich jedoch nicht um eine sklavische Kopie eines alten
Pedals sondern um eine zeitgemäße Interpretation mit einer Reihe sinnvoller
Erweiterungen. Die auffälligste ist hierbei sicher die Gain-Range, denn das neue Colby Fuzz hat wesentlich mehr
Verzerrungs-Reserven in petto als das Vorbild. Das erweist sich vor allem dann als praktisch, wenn es nicht nur in Richtung Brit-Blues gehen soll, sondern man auch zeitgenössischen Riff-Rock zocken möchte. Zudem lässt sich das
Pedal nicht nur per Batterie sondern auch problemlos via 9V Power Supply mit
Saft versorgen. Schon beim ersten Einschalten fällt überdies auf, wie
nebengeräuscharm das Gerät arbeitet.
Ein 100% auf dem Stand der Spätsechziger stehender Klon ist dieses Gerät also nicht, vergleicht man jedoch seinen Sound mit einigen Tonebender-Recordings der Sixties merkt man wie gewissenhaft die Jungs und Mädels von EQD hier gearbeitet haben und eine praxistaugliche, problemlos in moderne Rigs integrierbare Version designt haben. Letztlich wird hier nur in der Optik und beim Klang die reine Retro-Schiene gefahren. Und damit sind wir schon beim wichtigsten Part – dem Sound.
Ein 100% auf dem Stand der Spätsechziger stehender Klon ist dieses Gerät also nicht, vergleicht man jedoch seinen Sound mit einigen Tonebender-Recordings der Sixties merkt man wie gewissenhaft die Jungs und Mädels von EQD hier gearbeitet haben und eine praxistaugliche, problemlos in moderne Rigs integrierbare Version designt haben. Letztlich wird hier nur in der Optik und beim Klang die reine Retro-Schiene gefahren. Und damit sind wir schon beim wichtigsten Part – dem Sound.
Sound-Clip #1
Das obige Klangbeispiel (Signalkette: Gibson ES-335---Colby mit Gian auf 3/4----cleaner Plexi; später auch ein Schuss Delay) verdeutlicht schon, dass das Colby nicht unbedingt ein zurückhaltender Effekt ist. Selbst mit dem Fuzz-Regler auf Null
wird dem Signal eine beträchtliche Menge knarzender, extrem fetter Distortion hinzugefügt. Wenn man den Tone
Regler nicht im extrem Linksanschlag auf eine Überbetonung der hohen Frequenzen
stellt, weist das Colby in so gut wie jedem Setting einen äußerst hohen
Cholesterinwert auf.
Mit Fuzz
auf ca. 12 Uhr und einer Telecaster sowie einem Amp britischer Prägung ist man geradewegs
im Yardbirds-Territorium: Ein Klang, als würde der Amp
explodieren, Single Note-lines bleiben extra lange stehen und weisen eine
überdeutliche Tenorsaxofon bzw „cocked wah“-Färbung auf, Akkord-Riffs werden zur Fuzz-Wand.
Tonebender-Pedalen eilt oftmals der Ruf voraus, dass sie nicht so gut mit dem Volume-Regler interagieren und „aufklaren“ wie bspw. Fuzz Faces. Dies konnte ich beim Spielen nur bedingt feststellen. Zwar weist der „cleane“ -Sound nicht diese seidige Transparenz anderer Germanium-Fuzzes auf, der Verzerrungsgrad lässt sich aber doch relativ feinfühlig rausregeln – wer also binnen Millisekunden zwischen einem undurchdringlichen Schwall an Fuzz-Artefakten hin zu weniger verzerrten Klängen wechseln will, wird vom Colby nicht daran gehindert. Generell lässt sich so eine recht breite Klangpalette abrufen, die ihr in den folgenden Soundclips nachhören könnt:
Tonebender-Pedalen eilt oftmals der Ruf voraus, dass sie nicht so gut mit dem Volume-Regler interagieren und „aufklaren“ wie bspw. Fuzz Faces. Dies konnte ich beim Spielen nur bedingt feststellen. Zwar weist der „cleane“ -Sound nicht diese seidige Transparenz anderer Germanium-Fuzzes auf, der Verzerrungsgrad lässt sich aber doch relativ feinfühlig rausregeln – wer also binnen Millisekunden zwischen einem undurchdringlichen Schwall an Fuzz-Artefakten hin zu weniger verzerrten Klängen wechseln will, wird vom Colby nicht daran gehindert. Generell lässt sich so eine recht breite Klangpalette abrufen, die ihr in den folgenden Soundclips nachhören könnt:
Sound-Clip #2
Telecaster, Plexi, silbernes Herco-Pick, Spiralkabel und ein paar Licks als wäre es ´69.
Telecaster, Plexi, silbernes Herco-Pick, Spiralkabel und ein paar Licks als wäre es ´69.
Sound-Clip #3
Humbucker-Sounds stehen als nächstes auf dem Programm. Bei den wimmernden Licks mit blauer Note kam eine Prestige DC Coupe Deuce mit TV Jones Classic Pickups in einen relativ wenig verzerrten Tweed Deluxe zum Einsatz. In den ersten Sekunden hört ihr den Grundsound, dann kommt das Colby hinzu.
Sound-Clip #4
Wie durchsetzungsfähig das Colby Fuzz in einem Bandkontext bzw. einem produzierten Track ist, zeigt das folgende Soundbeispiel: ein schneller Shuffle mit Dampframmen-Schlagzeug wie er typisch für die Sixties ist. Wieder kommt die Prestige DC Coupe zum Einsatz, diesmal allerdings in einen cleanen Plexi. Der Rhythmus-Part zeigt die höheren Treble Einstellungen des Colby, die Lead Parts demonstrieren das cremige Woman Tone-artige Sustain. Der Track vereint somit so gut wie alle Signature-Soundchakteristika dieses Pedals.
Sound-Clip #5
In Richtung kanadisch geprägtem Folk-Rock geht es beim finalen Clip. Beim Lead Part kamen erneut die Prestige mit den TV Jones-Pickups und ein Tweed Deluxe sowie ein Delay zum Einsatz, der räudige Sound ist das Ergebnis der höheren Gain-Settings des Colby.
Fazit: Das Colby Fuzz ist eine gelungene Reinterpretation eines Vintage-Pedals, das den Retro-Sound mit modernen, sinnvollen Features ergänzt. Die verbiegende Vielseitigkeit ganz moderner Geräte kann (und will) das Colby zwar nicht erreichen, es ist jedoch in jeder Einstellung charaktervoll und nie eindimensional. Wer authentische Sitxies-Sounds zwischen Page, Beck und Morricone nachstellen will, sollte das Colby also unbedingt antesten - denn die Suche nach einem old school-Fuzz könnte mit dieser blauen Kiste für den ein oder anderen schon vorbei sein.
In Richtung kanadisch geprägtem Folk-Rock geht es beim finalen Clip. Beim Lead Part kamen erneut die Prestige mit den TV Jones-Pickups und ein Tweed Deluxe sowie ein Delay zum Einsatz, der räudige Sound ist das Ergebnis der höheren Gain-Settings des Colby.
Fazit: Das Colby Fuzz ist eine gelungene Reinterpretation eines Vintage-Pedals, das den Retro-Sound mit modernen, sinnvollen Features ergänzt. Die verbiegende Vielseitigkeit ganz moderner Geräte kann (und will) das Colby zwar nicht erreichen, es ist jedoch in jeder Einstellung charaktervoll und nie eindimensional. Wer authentische Sitxies-Sounds zwischen Page, Beck und Morricone nachstellen will, sollte das Colby also unbedingt antesten - denn die Suche nach einem old school-Fuzz könnte mit dieser blauen Kiste für den ein oder anderen schon vorbei sein.