Sonntag, 30. Oktober 2016

Throwback Sunday: THE WILD ANGELS von ROGER CORMAN

Von allen Bikergangs (wobei Gang eigentlich der falsche Ausdruck ist, immerhin sehen sich die Members als Zugehörige eines Motorcycle CLUBS) sind die Ende der 40er Jahre gegründeten Hells Angels mit ihrem Anführer Sonny Barger sicher die Bekannteste und vor allem die Berüchtigtste. Was wenig verwundert. DEnn insbesondere in den sonst so friedlichen und rückblickend verklärten Sechzigern gewannen die Angels an fragwürdiger Bekanntheit durch ihren rauen, zügellosen Lebensstil, der Stilisierung als letzte Outlaws Amerikas und eine Reihe tragischer, gewaltsamer Zwischenfälle.

Trash-Papst Roger Corman näherte sich zusammen mit seinem Regieassistenten Peter Bogdanovich dem Stoff aus der Sicht des Exploitationfilmers und schuf damit einen seiner besten und vor allem denkwürdigsten Filme sowie einen waschechten Kultflick der Sechziger, der ein ganzes Lebensgefühl einfängt( wenn auch nicht unbedingt ein positives).

Jahre bevor er sich unter der Regie Dennis Hoppers in „Easy Rider“ als Captain America in den Sattel eines Choppers schwingen sollte, war Peter Fonda schon einmal in einer Hauptrolle als Biker zu bewundern. Er spielt den Anführer des fiktiven San Pedro Chapters der Hells Angels, Heavenly Blues.Ganz in schwarz gewandet cruised er durch die Straßen wie Marlon Brando zu seinen besten Zeiten.
Bei einer halsbrecherischen Verfolgungsjagd mit der Polizei, die zum Alltag der Angels gehört, bleibt sein Kumpel Loser (Bruce Dern, bekannt aus „Driver“),von Polizeikugeln getroffen, schwer verletzt zurück.
Der Rest der Bande kann noch rechtzeitig die Fliege machen.
Doch Blues vergisst seinen Freund nicht und ist wild entschlossen ihn aus dem Gefängniskrankenhaus zu befreien. Dass dabei keine Gefangenen gemacht werden, versteht sich von selbst….

Die Gewaltbereitschaft seiner Protagonisten erklärt sich Corman mit dem Auftreten eines „Generation Gaps“: Die Jungen können sich in keinster Weise mit ihren stockkonservativen Eltern identifizieren.
Die Folge ist Rebellion, die zum benebelten Hippietum oder eben zu den Gesetzlosen auf ihren heißen Öfen führt.
Die Angels lehnen sich gegen das System auf, indem sie sich mit Naziorden behängen um ihre Väter, die im Krieg gedient haben, zu verschrecken und veranstalten als Bürgerschrecks Wettrennen genau da wo strikte Geschwindigkeitsbegrenzungen gelten.
Die echten Hells Angels waren mit der Darstellung ihres Alltags nicht gerade glücklich.
Sie vertraten die Ansicht, dass sie als eine Bande gewaltbereiter Rüpel im Dauerstoned - Zustand rüberkamen.
Eine Klage gegen Corman folgte.
Schon während den Dreharbeiten hatten sich erste Probleme mit seinem Cast gezeigt der teilweise aus echten Hells Angels vom kalifornischen Venice - Chapter bestand.
Darsteller Bruce Dern wurde von nicht am Dreh beteiligten Hells Angels - Mitgliedern brutal zusammengeschlagen, da sie dachten der Mime würde ich zu Unrecht mit den Colours (quasi die „Uniform“, die einen echten Angel für die eingeschworene Gemeinde sofort als solchen erkenntlich macht) des Clubs schmücken.

Doch auch sonst kehrte abseits des Filmsets keine Ruhe ein:
Bereits nach seiner Erstaufführung sorgte der Film für einigen Wirbel.
In England wurde ihm gar eine Freigabe verweigert. Zu brutal und nihilistisch war den Behörden zufolge das wüste Treiben auf der Leinwand.
Das sollte Corman finanziell jedoch nicht schaden. Ganz im Gegenteil: der Streifen war ein großer Erfolg.
Wen wunderts, bei solch einer Publicicty.
Der Staub hat sich mittlerweile gelegt. Von der 18er Freigabe nahm man Abstand, den Film gibt’s jetzt erstmals ungeschnitten mit einer 16er Freigabe in einer exzellenten DVD-Version von Pierrot Le Fou.

Hauptdarsteller Fonda kam durch den Film auf die Idee eines Roadmovies über zwei Biker, weswegen Cormans Werk gleich eine doppelt wegweisende Bedeutung erhielt.
Für Filmkritiker Leonard Maltin war der Film zwar nur nach 24 Bieren erträglich und auch sonst stieß der Film auf ein eher verhaltenes Kritikerecho, doch trotz der stellenweise holprigen Inszenierung (und der lächerlichen dt. Synchro - aber für die kann der gute Corman ja nun nichts) muss man „Wild Angels“ als wegweisenden Meilenstein für ein ganzes Genre und das Werk Cormans anerkennen.
Exploitation-typisch wirkt das Endresultat ein wenig ziellos und episodenhaft-daran kann man nicht rütteln.
Spätestens wenn aber Fonda unglaublich lässig im Sattel seines hochgezüchteten Feuerstuhls sitzt und der geniale Soundtrack aus den Speakern schallt, ist alles wieder gut.