Von allen Bikergangs (wobei Gang eigentlich der falsche Ausdruck ist,
immerhin sehen sich die Members als Zugehörige eines Motorcycle CLUBS) sind die
Ende der 40er Jahre gegründeten Hells Angels mit ihrem Anführer Sonny Barger
sicher die Bekannteste und vor allem die Berüchtigtste. Was wenig verwundert.
DEnn insbesondere in den sonst so friedlichen und rückblickend verklärten
Sechzigern gewannen die Angels an fragwürdiger Bekanntheit durch ihren rauen,
zügellosen Lebensstil, der Stilisierung als letzte Outlaws Amerikas und eine
Reihe tragischer, gewaltsamer Zwischenfälle.
Trash-Papst Roger Corman näherte sich zusammen mit seinem Regieassistenten
Peter Bogdanovich dem Stoff aus der Sicht des Exploitationfilmers und schuf
damit einen seiner besten und vor allem denkwürdigsten Filme sowie einen
waschechten Kultflick der Sechziger, der ein ganzes Lebensgefühl einfängt( wenn
auch nicht unbedingt ein positives).
Jahre bevor er sich unter der Regie Dennis Hoppers in „Easy Rider“ als Captain
America in den Sattel eines Choppers schwingen sollte, war Peter Fonda schon
einmal in einer Hauptrolle als Biker zu bewundern. Er spielt den Anführer des
fiktiven San Pedro Chapters der Hells Angels, Heavenly Blues.Ganz in schwarz
gewandet cruised er durch die Straßen wie Marlon Brando zu seinen besten
Zeiten.
Bei einer halsbrecherischen Verfolgungsjagd mit der Polizei, die zum Alltag der
Angels gehört, bleibt sein Kumpel Loser (Bruce Dern, bekannt aus „Driver“),von
Polizeikugeln getroffen, schwer verletzt zurück.
Der Rest der Bande kann noch rechtzeitig die Fliege machen.
Doch Blues vergisst seinen Freund nicht und ist wild entschlossen ihn aus dem
Gefängniskrankenhaus zu befreien. Dass dabei keine Gefangenen gemacht werden,
versteht sich von selbst….
Die Gewaltbereitschaft seiner Protagonisten erklärt sich Corman mit dem
Auftreten eines „Generation Gaps“: Die Jungen können sich in keinster Weise mit
ihren stockkonservativen Eltern identifizieren.
Die Folge ist Rebellion, die zum benebelten Hippietum oder eben zu den
Gesetzlosen auf ihren heißen Öfen führt.
Die Angels lehnen sich gegen das System auf, indem sie sich mit Naziorden
behängen um ihre Väter, die im Krieg gedient haben, zu verschrecken und
veranstalten als Bürgerschrecks Wettrennen genau da wo strikte
Geschwindigkeitsbegrenzungen gelten.
Die echten Hells Angels waren mit der Darstellung ihres Alltags nicht gerade
glücklich.
Sie vertraten die Ansicht, dass sie als eine Bande gewaltbereiter Rüpel im
Dauerstoned - Zustand rüberkamen.
Eine Klage gegen Corman folgte.
Schon während den Dreharbeiten hatten sich erste Probleme mit seinem Cast
gezeigt der teilweise aus echten Hells Angels vom kalifornischen Venice -
Chapter bestand.
Darsteller Bruce Dern wurde von nicht am Dreh beteiligten Hells Angels -
Mitgliedern brutal zusammengeschlagen, da sie dachten der Mime würde ich zu
Unrecht mit den Colours (quasi die „Uniform“, die einen echten Angel für die
eingeschworene Gemeinde sofort als solchen erkenntlich macht) des Clubs
schmücken.
Doch auch sonst kehrte abseits des Filmsets keine Ruhe ein:
Bereits nach seiner Erstaufführung sorgte der Film für einigen Wirbel.
In England wurde ihm gar eine Freigabe verweigert. Zu brutal und nihilistisch
war den Behörden zufolge das wüste Treiben auf der Leinwand.
Das sollte Corman finanziell jedoch nicht schaden. Ganz im Gegenteil: der
Streifen war ein großer Erfolg.
Wen wunderts, bei solch einer Publicicty.
Der Staub hat sich mittlerweile gelegt. Von der 18er Freigabe nahm man Abstand,
den Film gibt’s jetzt erstmals ungeschnitten mit einer 16er Freigabe in einer
exzellenten DVD-Version von Pierrot Le Fou.
Hauptdarsteller Fonda kam durch den Film auf die Idee eines Roadmovies über
zwei Biker, weswegen Cormans Werk gleich eine doppelt wegweisende Bedeutung
erhielt.
Für Filmkritiker Leonard Maltin war der Film zwar nur nach 24 Bieren erträglich
und auch sonst stieß der Film auf ein eher verhaltenes Kritikerecho, doch trotz
der stellenweise holprigen Inszenierung (und der lächerlichen dt. Synchro -
aber für die kann der gute Corman ja nun nichts) muss man „Wild Angels“ als
wegweisenden Meilenstein für ein ganzes Genre und das Werk Cormans anerkennen.
Exploitation-typisch wirkt das Endresultat ein wenig ziellos und
episodenhaft-daran kann man nicht rütteln.
Spätestens wenn aber Fonda unglaublich lässig im Sattel seines hochgezüchteten
Feuerstuhls sitzt und der geniale Soundtrack aus den Speakern schallt, ist
alles wieder gut.