Dienstag, 4. Oktober 2016

STEVEN TYLER - WE´RE ALL SOMEBODY FROM SOMEWHERE



Credit Coverbild: Universal Music
Dass es Aerosmith-Frontröhre Steven Tyler auf seinem allerersten Soloalbum weder zum Blues noch zum Hard Rock sondern ins Country-Genre zieht, ist weniger verwunderlich als konsequent. Denn amerikanische Roots-Musik bildete schon immer die Basis für den Sound seiner Stammband und bereits 1987 nahmen Aerosmith einen der besten Song ihrer ganzen Karriere mit Country-Legende Willie Nelson auf: das von Tyler geschriebene „One Time Too Many“, das als langsames Cowboy-Lament beginnt, nur um in vollverzerrtem Bluesrock zu enden.


Credit Bild: Zack Whitford 
Universal Music
Umso gespannter durfte man auf das lange angekündigte Solowerk Tylers sein -  das erste in seiner im  5.Jahrzehnt angekommenen Karriere. Die bereits im Vorjahr veröffentlichte erste Singleauskopplung „Love Is Your Name“ verhieß erst einmal nichts Gutes und erging sich in  poppigem „Country“ - wenn man es denn so nennen will - der sich allzu stark am gängigen Nashville-Mainstream orientierte. Das nun erschienene Full-Length-Album rückt diesen Ersteindruck nur bedingt zurecht. Denn Tyler widmet sich darauf weder dem 60s/70s Country Rock-Sound der „cosmic american music“ eines  Gram Parsons noch bewährtem Blues-Rock mit Steel Guitar Twang.
Vielmehr frönt er dem seit einigen Jahren die Radiostationen im  ruralen Amerika dominierenden Sound zwischen Zeitgeist-Orientierung und der tiefen Verwurzelung in der Genre-Tradition. Überraschenderweise ist „We´re All Somebody...“ ein recht ruhiges, bisweilen gar zurückgenommenes Album geworden, dass vor allem von akustischen Instrumenten und langsamen bis mid-tempo Nummern und Balladen mit Hang zur großen Geste und Bombast geprägt wird - wie bereits beim wehmütigen Opener „My Own Worst Enemy“ deutlich wird. Die einzige richtige  Uptempo-Nummer „The Good, The Bad, The Ugly & Me“ ist weniger von Leone und Morricone inspiriert, als ein lupenreiner, von elektrischer Gitarre angetriebener Shuffle, der als einer der Standout-Tracks deutlich macht, in welche Richtung Tylers Solo-Album auch hätte gehen können.


Credit Bild: Zack Whitford 
Universal Music
Eine Richtung, die auf  „We´re All Somebody From Somewhere“ allerdings zugunsten von unerklärlich poppigen Songs und balladesken Variationen meist nicht eingeschlagen wird - Trotz einiger durchaus starker Momente, die sich auch auf einem Aerosmith-Album der Neuzeit gut gemacht hätten, ist die Platte so nicht der große Überraschungswurf in der späten Phase in Tylers Karriere geworden ist - und das trotz der interessanten Country-und  „Roots“-Orientierung und eines Produzenten vom Schlage eines T-Bone Burnett.
Damit findet Tyler in den USA sicherlich dennoch viele neue Fans - da genau jener Sound seit Jahren die Country-Szene prägt, weit entfernt vom klassischen Outlaw-Sound eines Cash doer Jennings . „We´re All Somebody....“ ist über weite Strecken symptomatisch für diese radiofreundliche Ausrichtung des Genres - an diesem Eindruck ändert auch ein solides Joplin-Cover („Piece Of My Heart“) zum Finale nichts mehr.
Von Tyler hätte man sich durchaus  mehr erwarten können, vor allem weil er auf „We´re All Somebody....“ immer wieder zeigt, dass er sowohl ein großer Country-Balladier mit der nötigen Melancholie in der Stimme ist und gleichzeitig mit der ihm eigenen Energie schmissig rocken kann.

Credit Bild: Zack Whitford 
Universal Music