Dienstag, 14. Juni 2022

IL VOLO SINGS MORRICONE

 

  Credit Coverbild: © Masterworks (Sony Music)
Die drei jungen Stimmwunder Piero Barone, Ignazio Boschetto und Gianluca Ginoble alias Il Volo zählen seit einigen Jahren zu den erfolgreichsten Künstlern des Operatic Pop -  jenem Subgenre, das in gefälliger, massenkompatibler Manier klassischen Gesangs zur Samstagabend-Show und auf die Bühnen abseits der Opernhäuser und Festspielorte bringt. 
Ob beim San Remo-Festival, dem Eurovision Songcontest, im Schlagerumfeld  bei der "Gartenparty der Stars" im heimischen TV oder in ausverkauften Venues in "bella italia" - das Drama und die große Emotion ist  bei dem Trio mit Schmalz und Schmelz in der Stimme gewiss.

Auf ihrem neuen Album haben sie sich nun Ennio Morricone und dessen unvergesslichen Melodien gewidmet. Angesichts des doch eher am Mainstream angesiedelten Images Il Volos wird diese Kombination manchen Morricone-Fan wohl eher verwundern  - war der Maestro doch selbst Verfechter einer ernsten und komplexen "musica assoluta"  und komponierte zwar melodiöse, jedoch gleichzeitig avantgardistische Stücke. Gleichzeitig arbeitete Morricone allerdings auch immer wieder mit Popgrößen wie Milva, dem Spatz von Avignon Mireille Mathieu oder Dulce Pontes zusammen - und hier will sich nun auch das Il Volo-Projekt einreihen.

Entstanden ist es mit Beteiligung der Familie Morricones, Sohn Andrea schrieb selbst Liedtexte für dieses Album. Dirigent Marcello Rota führte das Roma Sinfonietta Orchestra, welches seit seiner Gründung intensiv mit Morricone zusammengearbeitet hatte, klanglich an Orte wie Almería und ins Monument Valley, die Teil des kollektiven Gedächtnis von Cineasten weltweit sind.  Jazz-Trompeter Chris Botti, Cellist Hauser und Geiger David Garrett absolvieren Gastauftritte. 

Ob dieses Album gelungen ist, hängt vor allem davon ab, ob der Zuhörer eher Morricone oder eher Il Volo Fan ist. Wer beim anschwellenden Intro von "Jill´s Theme" aus "Once Upon A Time In The West" nicht an Claudia Cardinale denkt, die an der Bahnstation vergebens darauf wartet, abgeholt zu werden,  wird vermutlich mehr Gefallen an der wenig subtilen, maximalistischen Herangehensweise des Belcanto-Trios finden. So schön ihre Stimmen auch sind, die Nuancen der Originale - die ohne Text oder nur mit dem legendären Koloratur-Gesang Edda Dell´Orsos  gewaltige Emotionen, die vom persönlichen Verlust bis zum Untergang des alten Westens vertonten -  vermögen die Neuaufnahmen nicht zu transportierten. Dass mit dem Stück "Il colori dell´amore" eine Rarität dabei ist (erstmals aufgeführt 2021, also nach Morricones Tod ) macht dieses Album für Sammler dennoch interessant.