Dienstag, 21. Juni 2022

MUHAMMAD ALI 80: THE FIGHT

 

Credit Coverbild: © Taschen 

SCHWERGEWICHTIGE RETROSPEKTIVE AUF EINEN JAHRHUNDERT-SPORTLER RUNDE 2

10 Millionen steuerfreie Dollar Preisgeld, ein Boxkampf mit hochpolitischen Dimensionen, gut 60. 000 Fans die martialisch enthusiasmiert "Ali Bomaye" ("Ali, Kill Him") skandieren, extreme Hitze,  ein Diktator,...und ein Ringkampf mit einem Alligator?

Die Ingredienzen für das im neuen Bildband "The Fight" dokumentierte Event sind gelinde gesagt spektakulär. Besagter "Fight" ist der legendäre "Rumble In The Jungle": Ali vs. Goerge Foreman am 30. Oktober 1974 in Kinshasa, Zaire (heute: Demokratische Republik Kongo). Für manche ist dies der wichtigste Kampf in Alis gesamter Karriere, für andere nichts weniger als das größte Sportereignis aller Zeiten. In jedem Fall handelt es sich um einen prägenden Moment für den afrikanischen Kontinent sowie eines der denkwürdigsten Comebacks im Boxsport (Ali holte sich dort jenen Weltmeistertitel zurück, dem man ihn in den USA - politisch motiviert aufgrund seiner Wehrdienstverweigerung- aberkannt hatte),

Der ebenso berühmte wie berüchtigte Boxpromotor Don King tat alles dafür, dass der Showdown zwischen dem damals bereits 32-jährigen und in zuvor absolvierten Kämpfen nicht mehr haushoch überlegenen Ali und George Foreman, den als Buchmacher-Favorit der Nimbus des Unbesiegbaren umgab, zu einem medialen Großereignis wurde.  Zaires Diktator Mobutu Sese Soko konnte von King überzeugt werden, den Fight in seinem Reich abzuhalten, gute Promo für das arme Land war damit gewiss. Ganz nebenbei würde das immense Preisgeld durch diesen Austragungsort nicht von der amerikanischen Steuerbehörde belangt werden können. Im Rahmenprogramm fand überdies ein überaus prominent besetztes Konzert mit Stars wie B.B. King, James Brown Miriam Makeba, The Spinners und  The Crusaders statt.

All dies hätte schon gereicht um den "Rumble" zu einem bemerkenswerten Event zu machen. In diesem Fall kam jedoch noch eine politisch brisante Komponente hinzu. Ali, der sich schon im Jahrzehnt zuvor kein Blatt vor den Mund genommen hatte, wenn es um die Rechte der Schwarzen ging, wurde von der Bevölkerung Zaires als einer der Ihren und sogar als Repräsentant Afrikas gesehen. 
Forman hingegen wurde als Vertreter der weißen Amerikaner geradezu geschmäht. Dass er sich noch dazu einen PR-Fauxpas leistete, in dem er in Zaire mit einem deutschen Schäferhund auftrat (einem Symbol für die traumatische Kolonialismus-Vergangenheit des ganzen Kontinents) tat sein Übriges. Von seinem Sieg zeigte sich der stets selbstbewusste Ali im Vorfeld überzeugt: Das "Wrestle With An Alligator"-Zitat vom Beginn dieses Reviews stammt aus einer seiner ebenso legendäre gewordenen Pre-Fight-Reden, mit denen er unterstrich wer  hier "the baddest boxer in town" ist.

Credit Bild: © Neil Leifer   Taschen 

Credit Bild: © Neil Leifer   Taschen 

Credit Bild: © Neil Leifer   Taschen 

Credit Bild: © Neil Leifer   Taschen 
Mit dabei in Zaire war auch Autor und Journalist Norman Mailer. Sein Augenzeugenbericht über den "Rumble In The Jungle"  bildet den Textteil dieses Bildbands und ist eine Sternstunde kreativen Schreibens und eine der  Benchmarks für mitreißende Berichterstattung. Warum dieser unterhaltsame Artikel in diesem doch recht umfangreichen Großformatband nur in gekürzter Version reproduziert wurde, bleibt allerdings ein Geheimnis. Die Stimmung die damals in Zaire herrschte und die Faszination dieses Kampfs, der seinerzeit ein Milliardenpublikum vor die TV-Schirme lockte, lässt sich durch die Verbindung von Mailers ungemein mitreißenden Beschreibungen und den dynamischen Fotografien Neil Leifers dennoch sehr gut nachvollziehen.

Norman Mailer. Neil Leifer. Howard L. Bingham. The Fight Hardcover, 28 x 33,8 cm, 2,72 kg, 260 Seiten ISBN 978-3-8365-9149-2 Ausgabe: Englisch taschen.com