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Coverbild: © Rowohlt Verlag Mirrorpix/Getty Images
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Biographien
großer Musiker haben es anno 2018 ja schon ein bisschen schwer.
Immerhin
kann man nicht gerade von einem Mangel an „Recollections“ der Stars sprechen,
zumal sich bei diesen Büchern die Haupt-Topoi zwischen Aufstieg und Absturz
zwangsläufig wiederholen. Hinzu kommt, dass viele Standardwerke in diesem Bereich längst
erschienen sind, man denke an die Exzess-Chronologie in Mötley Crües „The
Dirt“, oder Keith Richards Bestseller „LIFE“. Auch über den Starman himself
David Bowie sind sowohl zu seinen Lebzeiten als auch posthum zahlreiche
Biographien erschienen. Eine neu im Rowohlt Verlag veröffentlichte und von GQ-Editor und MBE Dylan
Jones geschriebene, schafft jedoch das Kunststück andere Facetten in der bekannten Lebensgeschichte zu beleuchten und so zu einem essentiellen Teil der Rockbibliothek zu werden.
Dies liegt
vor allem auch daran, dass Jones für sein Buch einen völlig anderen Zugang als
98% aller anderen Musikbücher wählt. Zwar zeichnet er, wie es dieses Genre eben
verlangt, den bemerkenswerten Werdegang des David Robert Jones zur Kunstfigur
David Bowie nach, jedoch tut er dies
nicht anhand einer normalen Biographie. Stattdessen bedient er sich der Methode
der oral history mit Originalzitaten von Bowie selbst sowie den Erinnerungen
jener, die ihn am besten kannten oder mit
der Ikone zu tun hatten. Zu Jones´ prominentem
Cast zählt dabei eine illustre Riege des Who Is Who der Brit-und Musik-Szene wie Tony
Visconti, Lady Gaga, Elton John, Beatle Paul McCartney, Bob Gedolf, Damien Hirst,
Marianne Faithful, Nicolas Roeg….
Auf diesen
hochinteressanten Reminiszenzen und der Wiedergabe der O-Töne
liegt - abgesehen
von ein paar verbindenden Absätzen und knappen Einleitungen - auch der Hauptfokus in diesem Buch. Dieser minimalistische
Approach, der sich auch im völligen Verzicht auf
Bildmaterial wiederfindet, regt den Leser dazu an seine eigenen Interpretationen
und Schlussfolgerungen über den so außergewöhnlichen wie enigmatischen Musiker zu
finden. Um allerdings etwas von den hier versammelten Stories zu haben, sollte man schon
ein beachtliches Vorwissen mitbringen und vor allem im „Who is Who“ der Rock N´
Roll Szene bewandert sein. Für Bowie-Einsteiger die erst jetzt dem Charme von
Ziggy Stardust oder Alladdin Sane erlegen sind, ist „Ein Leben“ also womöglich
nicht der beste Einstieg. Dieses Buch richtet sich vornehmlich an die Auskenner,
die jedoch eine unkonventionelle Künstlerbiographie erhalten, die sich so flüssig
wie ein Roman liest.
Das
Interessante an der Herangehensweise des Autors liegt vor allem im Subjektiven. Ein
Wesenszug von wissenschaftlich korrekt durchgeführter oral history ist ja,
dass man die Zeitzeugen ihr eigenes Erleben nacherzählen lässt und nicht als teilnehmender
Beobachter in das Geschehen und den Erinnerungsprozess eingreift. Genau dies
scheint Jones beherzigt zu haben und zeichnet so ein eindringliches, plastisches Bild von Bowie –
das nicht ohne Widersprüche bleibt, aber gerade deshalb vielleicht mehr über den
Menschen hinter der Kunstfigur aussagt, als andere biographische Werke.
Fraglos
gibt es andere Bücher, die eine tiefergreifende
musikhistorische Einordnung vornehmen, wodurch „Ein Leben“ sicher nicht die einzige
Bowie-Bio ist, die man braucht. Doch ist Jones´ Annäherung an ein popkulturelles
Phänomen ein essentielles Buch über „den Mann der vom Himmel fiel“,
dessen „Rock N´Roll Oral History“-Zugang so ungewöhnlich wie interessant ist.