Dienstag, 9. Oktober 2018

Billy F. Gibbons – The Big Bad Blues

Credit Bild:  ©   Blaine Clausen    Universal Music   Concord Music Group 
There’s something very primordial within the art form,” “Nobody gets away from the infectious allure of those straight-ahead licks!”  - Billy F. Gibbons

Von einem Blues-Revival zu sprechen, wäre angesichts der weitgehenden Exklusion dieses Genres im Mainstream wohl eine Spur zu weit gegriffen - dennoch ist es auffällig wie viele Künstler sich gerade in jüngster Vergangenheit  zurück auf ihre eigenen Roots und die des Genres Rock N´ Roll besinnen und einer puristischen Interpretation dieser uramerikanischen Musikrichtung nachgehen. Man denke etwa an Rick Springfeld mit seinem jüngsten „Snake King“-Projekt oder nicht zuletzt an die Rolling Stones mit ihrem besten Album seit Jahren „Blue & Lonesome“.

Jüngster in diesem Bunde ist der Reverend Willy G. aka Billy F. Gibbons von der „little ol´ band from Texas“ ZZ TOP, der mit dem programmatisch betitelten „The Big Bad Blues“ sein zweites Soloalbum abseits seiner Stammband veröffentlicht.
Wobei sich der Rev. ja streng genommen nicht auf das Genre mit dem so gut wie alles in der zeitgenössischen Populärmusik einst seinen Anfang nahm rückbesinnt – denn den Pfad der reinen, blauen Lehre hat er letztlich nie verlassen, war doch selbst das allererste ZZ TOP Album von 1971 tiefst verwurzelt nicht nur im Rio Grande seines Heimatstaates sondern auch im Blues. Die Gleichung „classic blues“ und Gibbons ist jedenfalls eine, bei der nichts schiefgehen kann, eine  sichere Bank. Der afro-kubanisch inspirierte Vorgänger „Perfectamundo“ war zwar weitaus experimenteller als es „Big Bad Blues“ ist, hinterließ beim Hörer jedoch einen sehr gemischten Eindruck. Ganz anders der zweite Solostreich des Texaners, bei dem Gibbons vollends in seinem Element ist.
Credit Bild:  ©   Blaine Clausen    Universal Music   Concord Music Group 
Bei der Songauswahl folgte Gibbons nach eigenen Angabe der Prämisse “Something old, something new, something borrowed, something blue,” und vereint in den 11 Songs der Platte sowohl Covers von Genre-Klassikern als auch Neukompositionen – darunter auch eine von seiner Gattin Gilligan Gibbons geschriebene Nummer, der Opener “Missin´Yo Kissin´”:

 Track list (alle Songs von  Billy Gibbons außer wenn anders anggeben /in Klammern):
1)Missin’ Yo’ Kissin’ (Gilligan Gibbons)
2)My Baby She Rocks
3)Second Line
4)Standing Around Crying (Muddy Waters)
5)Let The Left Hand Know…
6)Bring It To Jerome (Jerome Green)
7)That’s What She Said
8)Mo’ Slower Blues
9)Hollywood 151
10)Rollin’ and Tumblin’ (McKinleyMuddy Waters)
11)Crackin’ Up (Ellas McDaniel(Bo Diddley))

Interessant ist, dass sich die neuen Tracks vollkommen nahtlos neben den wohlbekannten Klassikern einordnen; das Album wirkt aus einem Guss, die Grenzen zwischen den Legacy-Liedern wie etwa dem oft gecoverten „Rollin´And Tumblin“ von Muddy Waters, das eine Neudeutung nah an den typisch-rockigen ZZ TOP-Interpretation des 12 Takte-Schemas
erhält und einem neuen Song wie dem dirty Shuffle von „My Baby She Rocks“ verschwimmen. 
Credit Bild:  ©   Andrew Stuart   Universal Music   Concord Music Group 
Begleitet von Kollegen wie Ex-Guns N´ Roses Member Matt Sorum und Greg Morrow  an den Drums, Mike Flanigin an den Keys, Joe Hardy am Fender Bass , Elwood Francis an Harmonika und Gitarre sowie James Harman an der Harp zieht Gibbons die Noten von gaaaaaanz tief unten – einem Ort, der in der oft steril-modernistischen Variation des big city Blues gänzlich unbekannt scheint. Wie bei den Aufnahmen der 50er swingt auch hier die Rhythm Section locker und gleichzeitig präzise wie ein Uhrwerk, Gibbons grollende Vocals proklamieren was „all night long“ so alles passieren kann, das Mississippi Saxophone bläst in bester Tradition eines Little Walter und aus diesem dichten Klangteppich schälen sich die Licks des Reverend in bekannter Lässigkeit.
„The Big Bad Blues“ klingt beinahe wie eine lange verschollene Chess Records LP– nur mit mehr dreckiger Distortion im Gitarrensound.
Dies macht Gibbons zweite Soloplatte zur bislang besten Veröffentlichung des Genres in diesem Jahr. Ein Herzensprojekt und ein leidenschaftliches Album; ja der blaue Hghway er führt von Dallas direkt nach Chicago.
Credit Bild:  ©   Blaine Clausen    Universal Music   Concord Music Group