Dass man
den „Genter Altar“ – eines der bekanntesten Werke der Kunstgeschichte, das im
15. Jahrhundert die Welt der klassischen Malerei geradezu revolutionierte - im heurigen Van Eyck-Jahr in seiner
restaurierten Form bewundern kann, grenzt eigentlich an ein Wunder.
Dies liegt
allerdings weniger am hohen Alter dieses Kunstwerks, dem der Zahn der Zeit etwas
weniger zugesetzt hat als so manch anderer Ikone sondern an seiner geradezu abenteuerlichen
Geschichte. Diese liest sich ganz ohne Übertreibung wie ein Krimi:
Der Genter
Altar wurde einmal knapp Raub der Flammen, immer wieder verkauft, versteckt, in
einzelne Teile zerlegt und Ende des Zweiten Weltkriegs beinahe in einem
Bergwerkstollen in Altaussee auf Anordnung Hitlers gesprengt. Mutige Bergleute bewahrten es vor der Zerstörung und
die „Monuments Men“ der US Army sorgten dafür, dass dieses unschätzbar
wertvolle Kulturerbe bewahrt wird. Seither wird der Genter Altar immer wieder restauriert,
der bislang letzte Schritt in der aufwendigen Präservation wurde im Jahr 2012 gestartet
und das Ergebnis kann man nun in der Kathedrale Sankt Bavo bewundern.
Der Genter
Altar als ein Hauptwerk im Oeuvre Van Eycks ist natürlich auch ein Hauptdarsteller
im neuesten Band der Reihe „Meisterwerke im Detail“ (Verlag Bernd Detsch), die
sich ganz dem altniederländischen Maler widmet. Dessen innovativer Einsatz der
Öltechnik, seine Neuerfindung des Bildraumes und eine bis dahin ungekannte
naturalistische und ins Kleinste reichende Detailgenauigkeit revolutionierten die
gültigen Gesetze der Malerei im Spätmittelalter und läuteten eine neue Ära
ein.
Nun könnte
man annehmen, dass das Thema „Van Eyck“ ohnehin schon sehr gut erforscht ist, und die Geheimnisse dieses ungebrochen
populären Künstlers, der manchen Kunsthistorikern als „König der Malerei“ gilt,
schon längst gelüftet wurden. Doch gerade die Restaurationsbemühungen der
letzten Jahre förderten teils Erstaunliches zu Tage. Und da der Bildband „ Van
Eyck - Meisterwerke im Detail“ sehr aktuell ist, kann man auch jüngste Enthüllungen,
die jahrhundertlang Verborgenes offenbaren, begutachten
Von der Totalen
hin zum Close Up also.
Nicht alles
was so in den Fokus gerückt wird, ist eine kunsthistorische Sensations-Entdeckung,
doch wer sich näher mit diesen faszinierenden Bildern auseinandersetzt, entdeckt
ein weit verzweigtes Netz aus kulturgeschichtlichen Trivias, das von religiösen
Bezügen hin zu Vergil-Zitaten reicht.