Tief im
Südwesten Islands inmitten einer archaischen Landschaft kann man Zeuge eines
beeindruckenden Naturschauspiels werden: Denn dort liegt der sogenannte Strokkur,
ein mächtiger Geysir der seine Urgewalt ca. alle 6-10 Minuten präsentiert und mit
irrsinnigem Druck eine Wasserfontäne gen Himmel schießt. Doch Strokkur ist
nicht nur ein Begriff der für Touristen und Geologen interessant ist, sondern
in Zukunft auch für alle Gitarristen – ist dieser Geysir doch auch Namenspatron
für ein Effekt-Pedal aus dem Hause der First Class-Boutique-Schmiede KMA Audio Machines.
Wieso das stylishe Pedal so heißt ? Nun, aktiviert man den Fußschalter dieses
Geräts erübrigt sich diese Frage fast schon, kommt es doch ohne Übertreibung zu
einer regelrechten Ton-Eruption, die eine ganze Reihe Sounds der britischen
Rockgeschichte an die Erdoberfläche befördert.
Der KMA Strokkur
basiert auf einem der Kult-Effektgeräte
schlechthin: dem mit äußerst charakteristisch klingenden Germanium-Transistoren
ausgestatteten Dallas Rangemaster, der in den 60s von der in London ansässigen Firma
Dallas Musical Ltd. gefertigt wurde.
Mit der
Hilfe dieser Erfindung konnte man seinerzeit eher „dunkel“ klingende (bzw. eher
im bassigen Bereich eingestellte) Amps in eine höhenreiche Sättigung pushen. Diesen
Klang reproduziert das „Strokkur“ mit einer beachtlichen Detailgenauigkeit. Bemerkenswert
ist, dass dieses Pedal mitnichten aus dem Mutterland des Treble Boosters kommt
sondern in Berlin handgefertigt wird.
Und hier
sind wir wieder bei der eingangs erwähnten Island-Analogie: Ähnlich wie dieses
Land ein Ort voller Mythen ist, so zählt auch der Treble Booster zu den
sagenumwobenen „Unicorn“-Effekten: ein Sound aus einer vergangenen Zeit und ein
Gerät, das heute nur mehr von einer überschaubaren Anzahl von Firmen gemacht
wird. Nur scheinbar wurde dieser Booster von modernen Verzerrern obsolet gemacht.
Zwar ist er längst nicht so populär wie klassische grüne Overdrive-Effekte oder
diverse Fuzzes - doch der Connaisseur weiß: ein Old School-Treble Booster
in seinen diversesten Inkarnationen und Fertigungsarten gehörte in der Hochzeit
des britischen Rocks vom Blues-Boom bis zum Glam Rock fast schon zur Grundausstattung
der Guitar Heroes: Rory Gallagher setzte ihn ebenso ein wie Marc Bolan oder
Ritchie Blackmore. Tony Iommis Signature Sound entstand mit einem solchen Gerät
und auch beim frühen (Proto-)Metal Sound von Judas Priest spielte der
eigenwillige Booster eine nicht unerhebliche Rolle. Ob Eric Clapton bei den legendären
Sessions zum „Beano“-Album wirklich einen Treble Booster zwischen seinen Bluesbreaker und seine Les
Paul schaltete wird bis heute diskutiert. Faktum ist , dass ein solcher Boost dem charakteristischen Bluesrock-Ton von der
Insel alles andere als abträglich ist.
Ein weiterer prominenter Nutzer des urtümlichen Geräts ist auch Queen-Gitarrist Brian May, bei ihm wurde er gar
ein integraler Bestandteil seines majestätischen Sounds.
KMA-Mastermind
Enrico Preuss studierte all diese ikonischen Sounds offenbar sehr genau.
Denn auch
ohne langes Einstellen der Knöpfe lassen sich all diese klassisch-knarzigen
Sounds völlig mühelos nachstellen – und noch mehr. Denn bei einer schlichten Neuauflage
des bekannten Klassikers bleibt es beim Strokkur nicht. Neben
Designunterschieden (das Original war eine gar nicht mal so kleine Box, die man
auf den Verstärker stellt, der „Strokkur“ ist demgegenüber überaus kompakt und Pedalboard-freundlich)
wurde vor allem die Klangregelung umfangreich erweitert.
War der Ur-Rangemaster
insofern limitiert, als dass eben nur den namensgebenden Höhen-Kick bot, so hat
man beim Strokkur die Möglichkeit eines Full-Range Boosts (eine Modifikation, die
etwa auch Tony Iommi einst einsetzte.) EQ-Knöpfe für Bass und Treble ermöglichen
überdies eine perfekte Anpassung an das eigene Rig.
Das Teil
von KMA ist insgesamt bedingungslos klassisch im Sound, verfügt jedoch trotzdem
über alle Annehmlichkeiten moderner Stompboxes. Ein 9 V-Anschluss
ist ebenso selbstverständlich, wie verhältnismäßig relativ geringe Nebengeräusche und eine problemlose
Kombinierbarkeit mit anderen Pedalen und Drive Boxen.
Bedenken
sollte man noch, dass der Strokkur genau wie seine Ahnen kein Effekt für
„Leisetreter“ ist. Auch diese neuzeitliche Reinterpretation kommt ohne
Volume-Regler aus und verfügt nur über einen Boost-Knopf der die Zerrintensität
regelt. Ein ohnehin schon lauter Gitarrenamp bekommt da noch einen
beträchtlichen dB-Boost.
Aber gerade
diese überpräsente und nicht zu subtile Klangbeeinflussung macht natürlich auch
den speziellen Reiz und das Spielgefühl eines waschechten Treble Boosters aus.
Hier geht
es zu keinem Zeitpunkt um den smoothen Zerrgrad oder die Gain-Reserven neuzeitlicher
Overdrives und Distortions. Die körnige (Germanium-)Charakteristik dieses
Pedals sorgt für einen rauen, rüden Klang, der jedoch nie so wollig-matschig
wie manche Fuzzes wird.
Stellt sich
also noch die Frage, ob dieses Pedal abseits
von klassischem Blues oder Bombast Rock-Sounds seien Berechtigung hat. Ich
würde sagen: auf jeden Fall. Der Strokkur ist zwar beileibe kein 08/15-Effekt und sicher
nicht für jedermann gedacht.
Auch ein
Schweizer Armeemesser unter den
Verzerrern ist der Strokkur natürlich nicht. Doch gerade die wirklich
sinnvollen Ergänzungen der alten Schaltung sorgen dafür, dass der dreckig, räudige Grundsound in vielen Genres einsetzbar wird.
So man denn möchte, dass die eigene Gitarre selbst durch den dichtesten
Mix schneidet, wie ein heißes Messer durch Butter. Diese ausdrucksstarke Klangfärbung
macht den Strokkur zu einer durchwegs geglückten (Neu-) Interpretation
eines Klassikers, der das tonale Spektrum um einige Facetten anreichert.
Hier ein
paar Soundbeispiele:
Bespiel 1:
Ein
Treble Booster ergänzt die klassische Kombination aus Singlecut mit Humbuckern und
Plexi perfekt und sorgt für einen Breitwand-Sound wie frisch aus dem Empire.
Alle Spuren wurden mit dem Strokkur in unterschiedlichen Einstellungen
eingespielt .
Am
Schluss( ab 1:09) gibt es dann noch bluesige Licks über einen Vox gespielt,
zunächst noch ohne Pedal, dann wird unüberhörbar der Strokkur aktiviert und die
Harmonics fliegen nur so aus dem Amp.
Beispiel 2:
Blues-
Rock von der grünen Insel. Eine Strat In einen crunchy Vox - ein Setup, das schon bei Rory Gallagher gut
funktionierte: In den ersten Sekunden hört ihr den puren Amp-Sound, dann kommt sehr deutlich der Strokkur ins Spiel.