Freitag, 15. Februar 2019

GROUPIES AND OTHER ELECTRIC LADIES


© ACC Art Books  Baron Wolman
Im großen Rock N´ Roll-Theater zählen sie ähnlich wie der dunkle, geheimnisvolle Gitarrist, der löwenmähnige, extrovertierte Frontman oder der Svengali-artige Manager zu den wiederkehrenden Arche- und Prototypen: die Groupies. Jene Mädels, die es ich in den Kopf gesetzt haben, ihren Idolen näher zu kommen, als die normalen Adoranten – sehr viel näher.
Ein Klischee, klar, aber gleichzeitig auch ein unauslöschlicher Teil der Rock-Mythologie.
Jahrzehnte vor jeglichen  Reflexionen der #metoo-Ära und Gender-Debatten lebten Groupies wie Miss Pamela und ihre GTO (Girls Together Outrageously) oder die Plaster Casters (die Gipsabdrücke von den Gemächten der Rockstars nahmen) ihre ganz persönliche Interpretation von der freien Liebe und der sexuellen Revolution und wurden im Zuge dessen selbst bis zu einem gewissen Grad berühmt.
Kritiker des Phänomens warnten nicht nur vorm damit einhergehen Sittenverfall sondern sahen naturgemäß immer schon das "Exploitation"-Potential im Vordergrund, für sie war eindeutig, dass die teils sehr jungen Mädels ihre Tugendhaftigkeit am Altar dekadenter Rockgötter opferten.

Während fraglose manche der Girls nur die schnelle Nummer im Backstage-Bereich suchten, sahen sich viele mehr im Sinne der griechischen Mythologie als Musen. Wie drückt ees Kate Hudson als prototypisches Groupie in Cameron Crowes „Almost Famous“ aus ? Sie inspirieren die Musiker -  sei es im Sinne eines libidinösen Funkens zur Entfachung der Kreativität oder schlicht als #Fashion-Inspo :-) Ihr spezieller Style beeinflusste seinerzeit selbst so manch gestandenen Rocker, der daraufhin Kleidungsstücke einer Kurzzeit-Flamme in die eigene gender-flexible Bühnengarderobe einbaute.

Im Jahr 1969 wurde dieses Groupie-Phänomen - das zwar schon lange vor den Swingin´ Sixties existierte, in dieser Zeit jedoch erstmals die publicity-trächtige Prominenz für die Girls nach sich zog - auch durch einen Artikel in der „Super Duper“-Ausgabe des Rolling Stone, damals noch das Sprachrohr der Counterculture, bekannt. Ein aus heutiger Sicht extrem langer und ausführlicher Artikel der mehr oder weniger bekannte Groupies portraitierte und diese auch in  Interviews zu Wort kommen ließ: Ein Inside-Report einer abgeschlossenen Szene, in dem man völlig unverblümt von intimen Begegnung mit Musik-Ikonen lesen konnte. Das passte natürlich perfekt in den damaligen Zeitgeist
Die dazugehörigen Bilder schoss die Fotografie-Legende Baron Wolman - der immer schon ein spezielles Gespür für eine Inszenierung mit dezidierter Mode-Ästhetik hatte und nicht umsonst zu den  wichtigsten  Vertretern der Rock N´Roll-Photography zählt.

Im neuen, bei ACC Art Publishing erschienenen Bildband „Groupies and Other Electric Ladies“ kann man nun den "uncut" Originalartikel und die komplette Fotostrecke erleben: ein kleiner Trip  in das mittlerweile längst untergegange Rock N´Roll-Babylon.
Das Buch wird zum Zeitdokument mit einem noch heute lesenswerten Essay über die kultigen Groupies und tollen Fotos wie aus einem französischen Film - zusammen mit den Büchern von Miss Pamela Des Barres sicherlich das Standardwerk zum Thema Groupies.