Sonntag, 19. Juni 2016

GISELE BÜNDCHEN

 
Credit Coverbild: © Mark Seelen, Taschen Verlag
TASCHEN
Gisele Bündchen
Hardcover, Schweizer Bindung, 536 Seiten
€ 59,99
 
Als die Ära der Supermodels - jener Modeikonen der späten Achtziger und frühen Neunziger,  die erst ab einer gewissen Summe morgens aufstanden, sich für George Michael im „Freedom ! ´90“-Musikvideo rekelten und auch abseits des Fashion-Zirkels eine solche Popularität erreicht hatten, dass die Nennung ihrer Vornamen bereits genügte - zu Ende ging, schafften es nur noch zwei Laufstegschönheiten sich auch im Mainstream langfristig zu etablieren und in diesem Zuge selbst zu Marken wie zuvor Linda, Claudia, Naomi, Cindy und Christy  zu werden: Die eine, die Britin Kate Moss, prägte mit ihrem androgynen Skinny-Look den düsteren Nineties Heroin Chic maßgeblich mit. Die andere stellte in vielerlei Hinsicht die genaue Gegenthese zu ihrer englischen Kollegin dar: die Brasilianerin Gisele Bündchen verkörperte einen Typ Frau, der mit einer sportiv-trainierten Sexiness die Köpfe verdrehte.

Hot, Hotter, Gisele: Bündchen für Mert & Marcus
Credit Bild: © Mert Alas & Marcus Piggott / Art Partner licensing
Bis heute ist die Bündchen ein topgebuchtes Model, das es noch immer schafft Gesicht der prestigeträchtigsten und lukrativsten Kampagnen zu werden - Stichwort Chanel.
Der brasilianischen Schönheit mit den markanten Gesichtszügen ist nun ein Prachtband aus dem Taschen Verlag gewidmet, ihre Einnahmen aus dieser stylishen Publikation lässt die engagierte Philanthropin Bündchen karitativen Zwecken zukommen.
Allein schon das Cover dieses coffe table-books mit der nackten Gisele und dem mehrfarbigen Schutzumschlag ist ästhetisch ungemein gelungen. Der Band ist eine umfassende Retrospektive auf ihre außergewöhnliche Karriere geworden und stellt gleichzeitig ein Best Of der Modefotografie der letzten Jahre dar. Denn Gisele wurde regelmäßig  für die renommiertesten Modezeitschriften und größten Lables fotografiert - und das vom  „Who Is Who“ der internationalen Szene: Steven Meisel (der auch ein Vorwort verfasste), Terry Richardson, David Sims, Mert & Marcus, Inez & Vinoodh, Jürgen Teller, David LaChapelle, Rankin, Mario Testino, Ellen von Unwerth, Mark Seelen......


Bündchen in einem unpublished shot von Juergen Teller für eine Sonya Rykiel-Kampagne
Credit Bild: © Juergen Teller
Spricht man von Fotografen und ihren Models fällt häufig das Klischee vom Spiel mit der Kamera. Dass dies jedoch nicht lediglich eine Phrase ist, wird beim Durchblättern der 536 hochglänzenden Seiten dieses Bandes deutlich: Bündchen hat dieses gewisse Etwas, das sie tatsächlich von den meisten ihrer Kolleginnen abhebt - das „Girl from Horizontina“ ist nämlich nicht nur unglaublich fotogen sondern strahlt darüber hinaus einen irrsinnigen Sex-Appeal aus.
Was zudem auffällt, ist die Wandlungsfähigkeit der Bündchen. Sie passt bemerkenswerterweise zu jedem Stil und das ohne zur sprichwörtlichen weißen, eigenschaftslosen Leinwand zu werden. Vielmehr gelingt es ihr in unterschiedlichen Settings völlig glaubhaft, überzeugend und nie deplatziert zu wirken - ganz gleich ob sie unschuldig in die Kamera lächelt  oder aber ihr laszive Blicke zuwirft; ob sie bodenständigen Sexappeal als Cowgirl in einer Dolce & Gabbana Kampagne ausstrahlt oder sich als lasziver Vamp in Strümpfen räkelt; ob als „dirty bride“ für Ellen von Unwerth oder in distanziert-artsy Shoots.  

Das Model mit einem der ausdrucksstärksten Gesichter der Branche
Credit Bild: © Paulo Vainer
Die überaus gelungene Auswahl der Fotos in diesem Bildband - eine bemerkenswerte Aufnahme folgt hier auf die nächste  - spiegelt diese Vielseitigkeit gekonnt wider. Überdies gibt es einige bis dato „unpublished shots“ zu sehen: Für Nude - Aufnahmen von Mario Sorrenti zeigt sich die Bündchen hier etwa besonders freizügig.
 So ist dieser Bildband nicht nur in  ästhetischer Hinsicht gelungen, er macht auch nachvollziehbar wieso die Bündchen eigentlich so einen enormen Erfolg haben konnte und verdeutlicht zudem weshalb sie so viele Jahre nach ihrem Start im Fashion-Business noch immer dermaßen gefragt ist.