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Credit Bild: ©Jim McCrary Getty Images
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Fast
könnte man meinen, dass angesichts der zahllosen prestigeträchtigen Bildbände, die
in den letzten Jahren auf den Markt gekommen sind mittlerweile die gesamte
jüngere Musikgeschichte eingehend beleuchtet wurde und mit einem oder mehreren Büchern
bedacht wurde. Dennoch gibt es sie noch: die „weißen Flecken“ auf der coffee
table-Landkarte und die bislang noch nicht retrospektivisch erschlossenen Kapitel
der Rock-Historie: Der jüngst erschienene Band „Tribute: Cocker Power“ (Insight
Editions) ist so ein Fall. Anders als es der Titel zunächst vermuten lässt hat
man es hier jedoch nicht mit einer karriereumfassenden Rückschau auf das Leben
des 2014 verstorbenen Sängers zu tun Vielmehr widmet sich die Autorin/Fotografin
Linda Wolf einem ganz speziellen Kapitel im Oeuvre des Mannes aus Sheffield:
der nur knapp ein Jahr andauernden „Mad Dogs And Englishmen“-Periode von 1970. In
den Achtzigern hatte Joe Cocker mit Hits „Up Were we Belong“ oder „You Can
Leave Your Hat On“ sicher die größeren Mainstream-Erfolge, doch diese Frühphase
nimmt im Herzen vieler Fans einen besonderen Platz ein.
Vor genau
50 Jahren brachen Cocker und seine Mitmusiker
(unter ihnen Rita Cooidge, Jim Gordon, Jim Keltner, Carl Radle, Bobby Keys und Chris
Stainton) zu einer 2-Monatigen Tour auf aus der ein Konzertfilm und ein
Livealbum hervorgingen. Die Mad
Dogs waren eine Gruppe die ganz dem Zeitgeist entsprechend keine Genre
-Barrieren kannte. Stets unter der Führung des genialischen „Master Of Space
And Time“ Leon Russell, der als “Space Captain“ seine Crew vom Rock zum Jazz
und Soul und wieder zurück manövrierte. Lange sollte es die Mad Dogs zwar nicht
geben, doch in dieser kurzen Zeit waren sie fraglos einer der besten Bands. Die damals
20-Jährige Linda Wolf war die offizielle Tourfotografin und hautnah mit dabei. Ihre
treffsichere Beschreibung der damaligen Zeit im O-Ton: "It was a two-month
traveling hippie circus that left hotel managers tearing their hair out,
concert promoters screaming about a dog on stage, girls dancing naked on the
rooftops of a New York city hotel, and forty-three people, including three kids
and a five-person film crew, traveling together on a private jet that had
COCKER POWER painted on it’s side. It was pure art and one of the greatest
rock-and-roll tours of all time."
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Credit Bild: © Linda Wolf Insight Editions
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In “Tribute” kann man
diese Zeit nun zumindest ein Stück weit nacherleben. Wolf ist stets nah dran an
der Band, ihre Bilder wechseln zwischen Aufnahmen die fast schon als „candid
shots“ bezeichnet werden können und ikonischen
Schnappschüssen onstage. Dabei ist sie eine Meisterin darin, Atmosphären
einzufangen. Man spürt die damals vorherrschende Kameraderie innerhalb der
Band, ebenso merkbar ist das Knistern in den Schatten des Fillmores. Beeindruckend
auch ihre Aufnahmen vom jungen Publikum, in dem jeder Konzertbesucher einen
ganz eigenen Style hat, ein starker Kontrast zum heutigen, oft geradezu
uniformiert auftretenden Live-Publikum. Wer Cocker-Fan ist, wird von alldem nicht genug bekommen können.
Nach gut 200 Seiten
des insgesamt 336-seitigen Buchs gibt es dann einen Zeitsprung ins Jahr 2015 zum Lockn’ Festival bei dem mit
zahlreichen kontemporären Granden der Roots-Szene wie Chris Robinson, Warren
Haynes, Doyle Bramhall II und dem Ehepaar Tedeshi-Trucks sowie Members der Mad
Dogs-Band wie Leon Russell oder Chris Stainton ein Tribute-Konzert für Joe
Cocker abgehalten wurde. Die Bilder dieses
Gigs illustrieren die nachwirkende Bedeutung von Cockers und Russells
Musik, haben aber auch teilweise etwas
wehmütiges, - „time waits for no one“ - jedoch gelingt es der Autorin dadurch
einen sehr schlüssigen Bogen von der fernen Vergangenheit des Jahres 1970 zur
jüngeren Vergangenheit zu spannen: Zum
50. Anniversary der Mad Dogs And Englishmen schließt sich mit diesem „Tribute“-Buch jedenfalls
auch ein Kreis. |
Credit Bild: © Insight Editions |