Montag, 17. August 2020

DIE GESCHICHTE HINTER DER ROCKOPER „TOMMY“

© Hannibal Verlag

Das Leben hat es alles andere als gut gemeint mit dem kleinen Tommy – blind, stumm und taub geboren ist er scheinbar zu einem Leben als Außenseiter verdammt. Bis er seine besondere Begabung und letztlich seine Bestimmung entdeckt. Denn trotz seiner schweren Beeinträchtigungen ist er ein absoluter Meister an der Pinball-Maschine , niemand spielt so virtuos mit dem Flipperautoamten wie er. Ähnlich wie die jungen Rockstars der Sixties wird er dank seiner speziellen Fähigkeiten aus der Anonymität gerissen und ins Scheinwerferlicht einer dekadenten Welt der Versuchungen und der Exzesse geworfen - eine Welt, die jedoch auch bald ihre Schattenseiten zeigt…

Diese so seltsame wie düstere Geschichte bildet das Zentrum des Konzeptalbums „Tommy“ von The Who, veröffentlicht 1969 – einem denkwürdigen Jahr, in dem ja nicht gerade wenige Klassikeralben erschienen und im Monatstakt eine „Landmark-LP“ nach der anderen die Charts stürmte. Auch „Tommy“ zählt zum allgemein anerkannten Kanon der „großen Weke“ dieser Zeit. Retrospektiv mag es schlechter gealtert sein als andere Alben der „Woodstock“-Ära, die musikhistorische Bedeutung als Pionierleistung  in der Konzeptualisierung der Rockmusik sowie die interessante Entstehungsgeschichte sind jedoch unbestritten. Um die Entwicklung des „Tommy“-Phänomens vom progressiven Album bis hin zur kultigen Verfilmung ( die vor allem aufgrund der denkwürdigen Auftritte von Tina Turner als „Acid Queen“, Eric Clapton als Priester und Elton John als der „Pinball Wizard“ im Gedächtnis bleibt)  geht es auch im monothematischen Band „Tommy - Stil, Zeitgeist, Musik und Vermächtnis der legendären Rock-Oper (erschienen im Hannibal Verlag).

Der reichhaltig illustrierte Band dokumentiert die Geschichte dieser ersten Rockoper der Musikgeschichte bis ins kleinste Detail und beleuchtet deren Genesis vor dem Hintergrund der Sixties-Umbrüche. Mit seiner inhärenten Progressivität traf „Tommy“ den Zeitgeist der Spätsechziger und wies den Weg zu den Progressive Seventies: das Theatralische in der Rockmusik hatte zwar schon zuvor immer stärker an Bedeutung gewonnen, die ganz großen Konzeptalben sollten sich jedoch erst im darauffolgenden Jahrzehnt etablieren. "Tommy" bleibt als eines der ersten Werke seiner Art bis  heute faszinierend - wie innovativ dieses vollständig ausgereifte Experiment von Daltrey, Townshend, Entwistle und Moon war unterstreicht die "Tommy-Chronik" zudem nochmals eindrucksvoll.