Credit Bild: ©Anne-Marie Forker earMusic
Anders als bei der nach wie vor gegen die Überalterung der Audience kämpfenden Klassik-Szene erfreut sich die breitenwirksame Verflechtung von E- und U- Musik in Form des Crossovers von Pop/Rock und Klassik ungebremster Beliebtheit. Und das sowohl beim Publikum, das diese Amalgamationen regelmäßig in lichte Charts-Höhen katapultiert als auch bei den Künstlern selbst. Denn obwohl dieser Trend der Genre-Verflechtung nicht eben neu ist, wagen sich regelmäßig Bands in diesen Bereich vor, trotz der bei solchen Experimenten gegebenen, beträchtlichen Fallhöhe, denn allzu oft kommt es zu einem Abdriften ins tiefe Tal des Kitschs oder des über-orchestrierten Chaos.
Die
Progressive Rocker Marillion zeigen mit ihrem heute veröffentlichten
Live-Mitschnitt wie man es richtig macht und legen quasi ein Best Practice-Beispiel
vor. 2019
wagten sich die britischen Musiker ins Reich der klassischen Instrumente und
spielten zusammen mit dem Streichquartett „In Praise of Folly”, sowie Horn und
Querflöte Neuinterpretationen ihrer Songs für das Album “With Friends From The
Orchestra” ein. Das nun erschienene, darauf aufbauende “With Friends
At St David's“ wurde bei der anschließenden Tour aufgenommen und zeigt einen
Gig in Cardiff, bei dem die Verquickung der Genres sehr gut gelungen ist. Das
mag zum einen an der Beschaffenheit des Ausgangsmaterials liegen - viele
Marillion-Stücke weisen mit ihrer melodischen, dennoch komplexen Struktur einen
ausgeprägten Hang dzum Bombast und zur großen Geste auf – ein
Umstand, der durch die klassische Orchestrierung noch verstärkt wird. Dass dies
gerade bei den balladesken Stücken gut funktioniert verwundert nicht.
Doch auch bei härter rockenden Nummern fügen die klassischen Instrumente interessante Akzente hinzu – Highlight hierbei: der Led Zeppelin-Tribute, „Zeperated Out“, bei dem die „Kashmir“-artigen Streicher-Riffs zum integralen Bestandteil der Komposition werden. Die Band selbst ist von diesem Experiment - zurecht – begeistert, Sänger Steve Hogarth meint zur Tour und zum Album: “Das war vielleicht unsere Lieblings-Tour bisher. Sie bot uns die Gelegenheit, von Zeit zu Zeit innezuhalten und uns darin zu verlieren, wie sechs “klassische” Musiker die wundervollen Arrangements unseres Produzenten Mike zum Leben erwecken. Das hat wirklich eine andere emotionale Ebene und oft auch eine spielerische Freude an unserer Musik erzeugt.”
“With Friends At St David's“ zeigt gerade in der Blu ray-Variante – die neben dem atmosphärischen Konzertfilm noch eine für Fans interessante Dokumentation enthält – wie gut Prog Rock und klassischen Motive harmonieren können.