Donnerstag, 15. April 2021

VOLKER HINZ – HELLO. AGAIN

© Volker Hinz, Hartmann Books 2021

Der Fotograf darf nicht langweilen. Langweilige Bilder gibt es genug.“ Dieses Zitat des  deutschen Fotografen Volker Hinz kommt einem Credo gleich, dem sich der weitgereiste Bildjournalist zeitlebens verschrieben hatte. Denn egal ob er internationale Stars vor seiner Hasselblad hatte oder scheinbar alltägliche Impressionen seiner Roadtrips festhielt – langweilig waren seine aufwendigen Aufnahmen zu keinem Zeitpunkt. Der 2019 verstorbene Hinz zählte zu den ganz großen Persönlichkeiten der deutschen Fotografenszene, dessen Karriere genau ins goldene Magazin-Zeitalter fiel. Nach Anfängen bei der Bonner Sven Simon Agentur wechselte er 1974 zum Stern,  für den er in den darauffolgenden Jahrzehnten unzählige  Foto- und Reisereportagen und Prominenten-Portraits realisierte. Es war die Zeit der großen Bildstrecken. Nach amerikanischem Vorbild lieferten auch deutschsprachige Medien qualitativ hochwertige Lang-Reportagen mit ausladenden Bildstrecken, die für die Leser ein Tor zu oft unerreichbaren Welten darstellten. Gerade der Stern hatte in dieser Ära eine Exklusiv-Story nach der anderen. Die entsprechenden Budgets und die Zeit um Langfeatures überhaupt umzusetzen gab es damals noch und  Fotografen konnten ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Paradebeispiel hierfür sind die beeindruckenden Aufnahmen Hinz'. Beruf: Fotograf mag die Job Description gewesen sein, doch neben dem journalistischen Handwerk fiel immer auch seine ausgeprägt künstlerische Komponente auf.

Über Hinz wird gesagt, dass man ihn nie ohne seine Kamera antraf – was durchaus plausibel erscheint  – anders wären die zu gleichen Teilen spontan und durchkomponiert wirkenden Aufnahmen, die im neu erschienen Bildband „Hello. Again“ (Hartmann Books) präsentiert werden, wohl nicht möglich gewesen. In einer Zeit in der nationale und internationale Stars noch die Aura des Unnahbaren umgab, war Hinz teilweise hautnah dabei - was mitunter im wörtlichen Sinne zu verstehen ist: Franz Beckenbauer und Pelé  „full frontal“ in der Dusche nach dem Spiel; die steirische Eiche Arnold Schwarzenegger im "Conan"-Modus beim "pumping iron" im Gym Anfang der 80er; Modezar Karl Lagerfeld im Auge des Sturms des Modezirkus; Beat-Kultautor William S. Burroughs - mit Flinte! - auf seiner Veranda; den Schneider von Nashville Nudie Cohen in seinem extravaganten Gefährt;  "Mutti" Angela Merkel und ihre fast schon ikonische Raute; Helmut Schmitt und der Rauch seiner - what else ? - Mentholzigarette;  Newton'sche Laszivitäten im Nachtclub;  eine unbekannte Sonnenanbeterin auf der Haube eines Autos in Key West.... 

© Volker Hinz, Hartmann Books 2021

© Volker Hinz, Hartmann Books 2021

© Volker Hinz, Hartmann Books 2021
Alle Snapshots haben eins gemeinsam : sie funktionieren als journalistisches Portrait ebenso wie als Foto-Kunstwerk. Nicht von ungefähr sagte man ihnen nach, dass sie „hinzig“ waren - so stark war die Handschrift des Volker Hinz.

"Hello.Again" zeigt in retrospektivischer Manier einen  passionierten Geschichtenerzähler, der mit seiner Kamera nicht nur geniale Promi-Bilder schoss sondern - ein sehr moderner Ansatz, wenn man sich die aktuelle "school of photography" vergegenwärtigt- auch im Alltäglichen, vermeintlich Banalen, etwas Besonderes entdeckte. 
Gleichzeitig erzählt dieser gelungene Bildband  aber auch von einer untergegangenen Presse- und Medienlandschaft - und verdeutlicht wie selten die echten Scoops und auch Fotoreporter vom Format eines Volker Hinz geworden sind.

Volker Hinz – Hello Again
Einleitung von Henriette Väth-Hinz, Texte von David Burnett, Ulrich Rüter und Nina Venus
Hardcover, Leinen mit Prägung und eingeklebtem Bild, 24 x 26,5 cm
192 Seiten,232 Abbildungen, ISBN 978-3-96070-062-3
Hartmann Books