Samstag, 16. September 2017

Die Stradivari des Rock und Blues

Clapton, Page, Beck, Kossoff, Taylor, Gibbons, Moore, Slash und in jüngerer Vergangenheit Bonamassa ---- die Liste jener Heroen der elektrisch verstärkten Populärmusik, die mit einer Les Paul-Gitarre in Sunburst-Lackierung in Händen Geschichte schrieben ist lang und eindrucksvoll.
Der spezielle Sound des Instruments aus Mahagoni, Ahorn, Palisander und zwei Humbucker-Pickups ist in seiner dominanten Massivität und gleichzeitig filigraner Schönheit schlichtweg legendär.
Heute erzielen historische Exemplare der Les Paul aus der frühen Hochzeit des amerikanischen Gitarrenbaus unglaublich-unleistbare, ja astronomische Summen - 250.000 Dollar sind da keine Seltenheit, selbst wenn  der Zustand der Sechsaitigen zu Wünschen übrig lässt.
In jener Kategorie, der in der Welt der E-Musik die Stradivari angehört, findet man in der U-Musik die Les Paul.
Credit Coverbild: © Backbeat Books  Hal Leonard
Dabei war jenem Gitarrentypus -  eigentlich das  Signaturemodell für den amerikanischen Jazzer Lester "Paul" Polfus -  nach seiner Veröffentlichung zunächst gar kein so großer Erfolg beschieden. 1961 wurde die klassische "Lester" sogar aus dem Programm genommen. Es bedurfte der nächsten Generation von Musikern wie etwa Mr. Slowhand um während des britischen Bluesbooms die Les Paul wieder populär zu machen.
Man sieht, die Geschichte der Les Paul ist eine Geschichte voller Missverständnisse ;-) ....zumindest aber eine sehr wechselvolle.
Und zwei äußerst lesenswerte Bücher aus dem Hause Hal Leonard bzw. Backbeat und Centerstream widmen sich der Historie dieses Klassikers und nähern sich der mythenumrankten Signifikanz der Lester und insbesondere ihrer ursprünglich von 1958 -1960 gebauten Inkarnation in Sunburst - und das auf sehr unterschiedliche Weise.
Tony Bacons programmatisch "Sunburst" betiteltes Buch erzählt
"How The Gibson Les Paul Became A Legendary Guitar".
Auf gut 144 Seiten macht Bacon - seines Zeichen einer der bekanntesten Autoren von Instrumenten-zentrierten Fachbüchern - die Entstehungsgeschichte der Les Paul (kurz LP) nachvollziehbar. Der Leser erhält einen so fundierten wie detaillierten Kompaktüberblick über die unterschiedlichen Variationen der Sunburst Les Paul bis zur Gegenwart und zeitgenössischen Reissues. Zudem legt Bacon seinen Folkus auf die wichtigsten und prominentesten Sunburst-Player, die man in sehr sehenswerten historischen, teils ikonischen Fotos sieht.
Credit Coverbild: © Centerstream Backbeat Books Hal Leonard
Auch Vic DaPra ist eine absolute Koryphäe auf dem Gebiet der Les Paul...es gibt wenige Leute, die ein profunderes, geradezu wissenschaftliches Knowledge über die minutiösesten Details der altehrwürdigen Les Paul haben--selbst mit Hersteller Gibson arbeitet er zusammen.
Sein jüngstes Buch "Burst Believers III" ist eine bibliophile Huldigung an die als "Burst" bekannten Modelle aus den Jahren 1958-1960 - denen insbesondere aufgrund wegweisender Sixties und Seventies-Aufnahmen die mit ihnen eingespielt wurden - geradezu sagenumwobene Klangeigenschaften zugeschrieben werden.
Das Hauptthema Da Pras sind aber nicht nur die Bursts selbst, sondern auch die titelgebenden Believer- also die Jünger die Teil des
erlauchten und exklusiven Zirkels jener sind, die eine oder gar mehrere dieser Grals-Gitarren ihr Eigen nennen.
Der wertige Hardcover-Band ist purer "Guitar Porn". Die High Quality- Bilder reproduzieren die Details dieser geschichsträchtigen Instrumente perfekt.
Während sich Bacons Buch sowohl den Vintage-Schätzchen als auch den zeitgenössichen Interpretationen/Reinkarnationen der "Bursts" widmet regiert bei Da Pra "Old Wood".
Die in "BB III" abgebildeten Gitarren  gehören mitunter sehr prominenten Spielern wie Stevie D von Buckcherry oder auch Kirk Hammett (Metallica) und Brad Whitford (Aerosmith) - letztere verfassten auch je ein Vorwort, in denen sie ihrer Begeisterung Ausdruck verleihen.
Da Pras Buch richtet aich natürlich an die absoluten Hardcore-Freaks - dem nur oberflächlich interessierten Gitarrenfreund wird das alles wohl viel zu speziell sein---zumal hier auch nicht-prominente Privatsammler  gefeatured werden,während bei Bacon der Fokus allein auf den prominentesten Saitenvirtuosen liegt.
Wer jedoch ein richtiger Guitar-Geek ist, für den ist "BB III" ein Bildband, den man immer wieder durchblättern kann um sich an den an Gemälde des Impressionismus gemahnenden Farbverläufen der "faded burts" aus der Mitte des letzten Jahrhunderts zu erfreuen.
Für die heimische  Gitarren-Bibliothek sind jedenfalls beide Bücher lohnende Ergänzungen, da sie sich mitunter unterschiedlichen Teilaspekten dieses Kult-Instruments widmen und mit den hochwertigen Fotos und den liebevollen Details gute Chronien  eines Kult-Phänomens sind.