Freitag, 14. Juli 2023

ENNIO MORRICONE - DER MAESTRO

Ennio Morricone Conducts
Credit Bild: © Plaion Pictures
Kein anderer zeitgenössischer Komponist vermochte es so gekonnt Emotionen zu vertonen, wie Ennio Morricone. In seinem ungewöhnlichen Signature-Sound verschmolz er in progressiver Weise sowohl Elemente aus der E-Musik als auch der U-Musik. Typische Orchesterinstrumente trafen auf moderne elektrische Instrumente, die in der Klassik sonst überhaupt keine Rolle spielten. Selbst Geräusche und Laute konnten bei ihm zur Musik werden. Morricone prägte nachhaltig wie der historische amerikanische Western klang, setzte in Sachen Suspense, Dramatik bis Melancholie neue Maßstäbe in Sachen "Scoring" und hob Filmmusik so auf ein neues Level.  

In der bei den 78. Filmfestspielen von Venedig im Jahr 2021 erstmals vorgestellten und nun auf Blu ray veröffentlichten Doku mit dem passenden Titel „Der Maestro" wird nun der Lebensweg dieses Genies nachgezeichnet. Regie führte dabei kein klassischer Dokumentarfilmer sondern Giuseppe Tornatore, einer der prominentesten Gegenwarts-Filmemacher Italiens. Morricone und ihn verband eine fast vierzigjährige innige Freundschaft und Arbeitsbeziehung ( "Cinema Paradiso", oder "Der Zauber von Malèna"). 

156 epische Minuten nimmt sich Tornatore Zeit, die unterschiedlichen Stationen in der langen Karriere Morricone zu beleuchten und den legendären Komponisten, der kurz nach Fertigstellung verstarb, in  Interviews auf sein Lebenswerk zurückblicken. Dabei ist die Gestaltungsweise  recht zurückgenommen, gelegentlich werden einige interessante Einstellungen eingewoben, großteils folgt dieser Film jedoch den Konventionen der High Profile-Doku im Talking Heads-Format. Dies könnten jedoch nicht prominenter sein: Clint Eastwood, Quentin Tarantino, Dario Argento, Kris Kristofferson, James Hetfield,  Hans Zimmer, Bernardo Bertolucci  Bruce Springsteen.... 

Ihnen allen ist die Faszination für den Maestro gemein. Hier wird erneut deutlich wie sehr Morricone Genre-Grenzen überwand. Während andere Dokumentationen oft etwa distanziert wirken, merkt man hier die persönliche Note Tornatores und sein Näheverhältnis zum Maestro. Wo sonst würde man derart detaillierte Einblicke in die  Wohnung Morricones bekommen oder den Komponisten beim Stretching in einer Arbeitspause sehen? 

Dass die Italowestern nicht das  Zentrum und Details dieser ikonischen Aufnahmen nicht den bestimmenden Hauptteil dieser Dokumentation darstellen hätte Morricone, der sich nie auf diese Soundtracks reduzieren lassen wollte, sicher gefallen - mag mitunter jedoch nicht deren historischer Bedeutung gerecht werden. Viele Fakten wird der Fan schon kennen, doch dass Kunststück Tornatores offenbart sich in den Details, den kleinen persönlichen Einblicken in Leben und Personality des Künstlers und der Beleuchtung weniger bekannter Filmmusik-Arbeiten oder Zusammenarbeiten (Chet Baker!). So ist dieses ruhige, teils intime Portrait nicht einfach nur eine Retrospektive sondern eine liebevolle Hommage auf den Ausnahme-Komponisten. 

Ennio Morricone Blu ray Cover Der Maestro
Credit Coverbild: © Plaion Pictures