Credit Coverbild: © Diogenes Verlag
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Da wären
zum einen jene Celebrity-Instrumente, die von den Heroen der Populärmusik selbst gespielt
wurden und klarerweise zu den gesuchtesten Reliquien des Rock zählen.
Dann gibt
es noch Gitarren, die aufgrund einer sehr limitierten Stückzahl und wegen ihrer
speziellen Klangeigenschaften zu den begehrtesten Sammlerobjekten zählen:
Fünfziger Fender Stratocasters und Sunburst Gibson Les Pauls fallen
beispielsweise in diese Kategorie. Und dann gibt es noch eine dritte
Kategorie: die Nessies unter den Instrumenten, jene Phantome der
Gitarrenbaukunst, deren Aufenthaltsort unklar ist (siehe etwa Eric Claptons
legendäre Beano-Burst) oder von denen man nicht einmal weiß, ob sie überhaupt
existieren(!) Die Gibson „Moderne“ fällt unter letztere Kategorie und ist auch
eine der Hauptdarstellerinnen in einem neuen Kriminalroman aus dem Diogenes
Verlag.
Von all
den teils ungewöhnlichen Designs der goldenen Ära des Gitarrenbaus war die
Moderne wohl die radikalste: ein geradezu surrealistisch anmutendes Experiment,
das noch futuristischer war als die V-förmige Flying V oder die kantige
Explorer: die Dalí-Variante einer E-Gitarre. Existierte sie überhaupt abseits eines
Prototyps und wenn ja, wer besitzt sie? Eine
fiktive Antwort auf diese Frage um den Verbleib der Moderne ist auch der
Ausgangspunkt in „Vintage“, dem äußerst lesenswerten
Rock N´ Roll-Krimi des belgischen Autors Grégoire Hervier.
Hervier
legt mit diesem Buch einen der ungewöhnlichsten Romane der letzten Jahre vor, der
mit seinem erfrischend originellen Plot weniger klassischer Krimi denn Ode an
den Rock N´ Roll ist. Die Hauptfigur Thomas Dupré ist ein wenig erfolgreicher
Musiker und Journalist, der sich mit einem
Job in einem kleinen Gitarrenladen über Wasser hält. Sein etwas eintöniger Alltag
wird allerdings je durchbrochen, als sein Boss ihn mit einem Spezialauftrag
betraut. Beinahe
geht es Thomas wie Philip Marlowe, auch wenn sich keine blonde Femme Fatale in
den antiquierten Musikalienladen verirrt….Vielmehr muss er eine Gitarre zu einem
reichen Lord nach Schottland bringen. Doch was als einfache Transaktion beginnt,
entpuppt sich rasch als Vorspiel für einen noch größeren Auftrag, den der
betuchte adelige Gitarren-Connoisseur für den jungen Mann hat. Thomas soll sich
auf die Suche nach einer verschwundenem Moderne begeben…….
Der
lockere Stil in dem Hervier seinen Protagonisten auf popkulturelle
Schnitzeljagd nach der Phantomgitarre schickt gemahnt an old school-Krimis der schwarzen
Serie. Die Sätze sind aufs knappste reduziert, zu keinem Zeitpunkt vermutet man, dass man es mit einem europäischen Autor zu tun hat. Hervier ist eher in der
alten amerikanischen hard boiled- Tradition verhaftet.
Die mysteriöse
Sechssaitige wird bei Hervier zum hitchock´schen MacGuffin für eine Reise durch
die Populärkultur an sich. Kaum eine Seite kommt ohne Exkurse über die Rock N´
Roll Geschichte aus – stellenweise wird
das permanente Namedropping etwas viel, doch merkt man als Leser stets die glühende
Begeisterung Herviers für die Thematik.
Ähnlich
musik-affin sollte allerdings auch der potentielle Leser von „Vintage“ sein um alle Querverweise zu verstehen und so das Buch vollständig zu
genießen
Gitarren-Aficionados
jedoch bekommen mit „Vintage“ einen der ungewöhnlichsten Romane der letzten Jahre, mit einer angenehm aus der Zeit gefallenen Story: Eine echte Entdeckung abseits vom inflationären 08/15-Krimi-Einheitsbrei.
Grégoire Hervier-Vintage
Hardcover Leinen
400 Seiten
ISBN:978-3-257-07002-6
€ (D) 24.00 / sFr 32.00* / € (A) 24.70
Hardcover Leinen
400 Seiten
ISBN:978-3-257-07002-6
€ (D) 24.00 / sFr 32.00* / € (A) 24.70