Donnerstag, 23. Juli 2020

DEPECHE MODE – SPIRITS IN THE FOREST

Credit Bild: © Sony
Erinnert sich noch jemand  an Live-Konzerte ? Diesen wundersamen, in der aktuellen Lage jedoch undenkbaren Events wohnt ja stets ein eigentümlicher Charakter der Ekstase und der feierlichen Selbstvergessenheit inne. Der kontrollierte Kontrollverlust in der Crowd. Es soll sogar schon bei Schlager-Shows zu euphorischen Entrückungszuständen gekommen sein, als wären die Fans beim Isle Of Wight-Festival. Also so wurde es mir zumindest aus verlässlicher Quelle überliefert. Doch darum soll es hier nicht gehen, sondern um jene Livebands die nicht „nur“ ein spektakuläres Feuerwerk auf der Bühne abfackeln, sondern die Shows gestalten, die „mehr“ sind und eine Symbiose mit dem Publikum schaffen, die sich in einem kollektiven Erlebnis sondergleichen manifestiert.

Die Stones zählen auf alle Fälle dazu, wer die gut geübten „Wooh“-Chöre beim Finale von „Brown Sugar“ kennt, weiß wovon ich rede. Auch Metallica oder Rammstein fallen bspw. in diese Kategorie, genauso wie Depeche Mode. Deren Musik ist ja zunächst nicht gerade prädestiniert für die ganz große Party, melancholisch und schwer die Lyrics, nicht unbedingt  eingängig und tanzbar die Songs abseits der Mainstream-Hits.
Und dennoch – nicht erst in jenem Moment, wenn das endlose Meer aus Armen im Rhythmus zu „Enjoy The Silence“ unter der Anleitung von Chefdirigent Dave Gahann hin und her wogt, weiß man: das hier ist nicht bloß ein Gig, für so manchen Fan hat das geradezu messe-artigen Charakter.
Credit Bild: © Sony
 Ein Umstand den auch der neu erschienene Film „Spirits In The Forest“, directed by niemand Geringerem als Anton Corbijn, unterstreicht. Dieser ist keine herkömmliche Band-Biographie im Stile „The Rise And Fall Of The Self Destructive Dave Gahan“ sondern eine Mischung aus Konzertfilm (festgehalten wurden die finalen Abende der „Spirits“ -World Tour auf der Waldbühne in Berlin) und Doku über die härtesten der harten Depeche -Fans.
6 glühende Anhänger britischer Synthie-Schwermut stehen im Fokus der Kameras und erzählen was die Musik der Band für sie bedeutet und wie sie sie teils durch schwere Zeiten begleitete. Die Musiker selbst kommen hier nicht zu Wort, es ist ein Film über die Fanbase für die Fanbase. Bei der stieß dieses Projekt ironischerweise nicht durchwegs auf Gegenliebe, das Echo bei der Kinopremiere dieses Streifens fiel mitunter durchwachsen aus.
Dabei: Ganz neu ist dieses Konzept nicht, schon 1989 stellten Gahan & Co ihre Anhänge in der Konzertdoku „101“ in den Mittelpunkt. Die Corbin´sche Variante geht jedoch noch einen Schritt weiter, das Ergebnis wirkt  stellenweise sonderbar und auch nicht frei von Kitsch - und hat in seiner abendfüllenden Spieldauer zudem deutliche Längen.
Diese Längen treten in der 4 Disc Deluxe Edition von „Spirits In The Forest“ jedoch eher in den Hintergrund– denn neben der Doku gibt es hier dankenswerterweise auch den vollständigen Konzertfilm des Waldbühnen-Gastspiels als Blu Ray-Mitschnitt (sowie als Audiodokument als Doppel CD). Die visuell eindrucksvolle Gestaltung mit ihren betörenden Bildern und der ganzen Theatralik der Bühnenshow sowie der gute 5.1, Sound können dann vollends überzeugen- am Schluss wird das mit den großen Hits gespickte „Spirits“-Package dann doch wieder etwas für alle Fans.